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Fünfter EU-Syrien-Gipfel (29.-30.3.): Verhandlungen ohne Rücksicht auf Minderheiten

Fünfter EU-Syrien-Gipfel (29.-30.3.):

  • Verhandlungen müssen Belange ethnischer und religiöser Minderheiten berücksichtigen
  • Bedeutende Minderheitensprachen sollten auf der Konferenz zugelassen werden
  • Ausschluss der aramäischen Sprache zugunsten der türkischen stößt bei christlichen Minderheiten auf großes Unverständnis

Zum Auftakt der fünften Brüsseler Konferenz der Europäische Union und der Vereinten Nationen zur „Unterstützung der Zukunft Syriens und der Region“ fordert die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) die Organisatoren auf, die Interessen der zahlreichen ethnischen und religiösen Minderheiten des Landes zu berücksichtigen. In bisherigen Gesprächen und Verhandlungen seien die Belange der kurdischen, assyro-aramäischen, christlichen, drusischen, yezidischen und weiterer Minderheiten deutlich zu kurz gekommen: „Die EU, die UN und andere internationale Institutionen dürfen nicht nur die Interessen einiger mächtiger Staaten berücksichtigen. Bevölkerungsgruppen ohne staatliche oder staatsähnliche Strukturen haben ebenso legitime Anliegen. Ohne Vertretungen bei EU oder UN fällt es diesen Gruppen viel schwerer, bei Gesprächen und Verhandlungen Gehör zu finden. Darauf muss die Konferenzleitung Rücksicht nehmen“, fordert Dr. Kamal Sido, Nahostexperte der GfbV.

Bereits die Einladung zu der zweitägigen Konferenz lasse allerdings vermuten, dass nicht alle Betroffenen gleichbehandelt werden sollten. „Direkt in der Einladung wird den Teilnehmenden erklärt, die Arbeitssprachen der Konferenz seien Englisch, Arabisch und Türkisch. Das Englische ist eine internationale Sprache, in der UN sehr üblich. Das Arabische ist die Amtssprache Syriens. Was aber ist mit dem Türkischen?“, wundert sich Sido. „Syrien ist ein ethnisch und religiös vielfältiges Land mit zahlreichen Sprachen und Kulturen. Kurdisch und Aramäisch als Arbeitssprachen zuzulassen, wäre naheliegender und angemessener gewesen. Denn gerade diese Sprachen werden seit jeher von der syrischen Diktatur diskriminiert.“ Nun litten die kurdische Volksgruppe und die aramäisch-sprachigen Christen zusätzlich unter der pro-türkischen syrischen Opposition. Für viele, die seit zehn Jahren verfolgt oder diskriminiert werden, komme der Ausschluss der kurdischen und der aramäischen Sprache einer Fortsetzung der Verfolgung gleich.

„Das Kurdische ist die Muttersprache der zweitgrößten Ethnie des Landes, die von allen syrischen Regierungen verboten, verfolgt oder benachteiligt worden ist“, erinnert Sido. „Das Aramäische ist eine der ältesten Verkehrssprachen des Landes und des gesamten Orients. Als die Muttersprache Jesu bildet das Aramäische ein zentrales Identitätsmerkmal für alle christlichen Gemeinschaften der Region.“ Diese Sprache zugunsten der türkischen von der Konferenz auszuschließen stoße bei den christlichen Minderheiten auf großes Unverständnis.

Um ihrer Forderung nach gleicher Behandlung mehr Nachdruck zu verleihen, haben 23 syrische Organisationen und zivilgesellschaftliche Initiativen einen offenen Brief in aramäischer Sprache an die Organisatoren der Brüsseler Konferenz gerichtet. „Darin kritisieren sie, dass das Erdogan-Regime mithilfe seiner syrisch-islamistischen Söldner das kulturelle Erbe der aramäisch-christlichen Bevölkerung in Syrien vernichten wolle, nachdem die aramäisch-sprachige Minderheit auf dem Gebiet der heutigen Türkei bereits nahezu vollständig ausgerottet wurde“, berichtet Sido.

Sie erreichen Dr. Kamal Sido unter k.sido@gfbv.de oder 0173/6733980.

Gesellschaft für bedrohte Völker
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