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Suchtexperte Ulrich Frischknecht: Verdopplung der Drogentoten seit 2014 ist „trauriges Zeugnis einer falschen Drogenpolitik in Deutschland“

Suchtexperte Ulrich Frischknecht: Verdopplung der Drogentoten seit 2014 ist „trauriges Zeugnis einer falschen Drogenpolitik in Deutschland“
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Suchtexperte Ulrich Frischknecht: Verdopplung der Drogentoten seit 2014 ist „trauriges Zeugnis einer falschen Drogenpolitik in Deutschland“

Zum Drogentoten-Gedenktag am 21. Juli fordert Suchtexperte Prof. Dr. Ulrich Frischknecht von der Katholischen Hochschule Nordrhein-Westfalen (katho) angesichts steigender Zahlen, mehr die Opfer von Suchtmitteln zu schützen als die Suchtmittel-Profiteure. Sponsoringverbote für Suchtmittel-Produzenten, eine bessere Ausstattung der Suchthilfe und gelebte Vorbildfunktion seien in Deutschland notwendig, um die Suchtprobleme und damit die Drogentoten zu verringern.

In den vergangenen zehn Jahren hat sich die Anzahl der Drogentoten in Deutschland von 1.032 auf zuletzt 2.137 mehr als verdoppelt (Quelle: Statista). Die Anzahl der jungen Drogentoten unter 30 Jahren stieg laut Bundesdrogenbeauftragten 2024 im Vergleich zum Vorjahr um 14 Prozent: Anlässlich des Drogentoten-Gedenktags am 21. Juli sind diese Zahlen für Prof. Dr. Ulrich Frischknecht, Suchtexperte der Katholischen Hochschule Nordrhein-Westfalen (katho), das traurige Zeugnis einer falschen, nicht-christlichen sowie antisozialen Drogen- und Sozialpolitik.

Aus seiner Sicht würden mehr die Suchtmittelprofiteure als die Suchtmittelopfer geschützt: „Von Lobbyisten der Suchtmittelindustrie zu Feigenblättern reduzierte drogenpolitische Änderungen prägen die deutsche Drogenpolitik seit Jahrzehnten“, sagt Frischknecht. Das Unvermögen der mächtigen Akteure, die sich für die Interessen der von Sucht Betroffenen einsetzen sollten, sei immens. „Dabei wissen wir schon lange, dass marktwirtschaftliche Förderung von Suchtmittelkonsum ein Brandbeschleuniger für soziale Ungleichheit ist“, mahnt Frischknecht. „Die überwiegend auf Bestrafung ausgelegte Haltung gegenüber Drogenkonsumierenden ist bei Sucht relativ unwirksam – ein Kernsymptom von Sucht ist nämlich der fortgesetzte Konsum trotz negativer Folgen.“

Aktuelle Studie: Führungskräfte der Rückversicherungswirtschaft sind bereit, in Suchtprävention zu investieren

Umso positiver bewertet Frischknecht die Signale, die er in einer aktuellen Befragung unter Führungskräften der finanzstarken Rückversicherungsunternehmen fand, die nämlich auf Nachhaltigkeit sowie auf soziale und politische Stabilität ausgerichtet sind. Gemeinsam mit Wirtschaftsexpert_innen der TH Köln, der TH Mannheim und der Alanus Hochschule für Kunst und Gesellschaft in Alfter untersuchte der Suchtexperte über den Förderkreis Rückversicherung die Bereitschaft der dortigen Führungskräfte, ihre privaten Ressourcen in die Prävention von Drogentodesfällen zu investieren.

Von den befragten Führungskräften waren 80 Prozent bereit, einen Teil ihres persönlichen Bruttogehalts in die Prävention von Drogentoten zu investieren. Noch höher ist die Bereitschaft, den eigenen Konsum zu reduzieren, um damit ein besseres Vorbild zu sein. „Gerade bei der Vorbildfunktion haben wir noch viel aufzuholen – viel zu häufig ist Alkohol im Geschäftsbetrieb etwa zur Belohnung nach Vertragsabschluss ein vermeintlich probates Mittel, um Geschäftsbeziehungen zu stärken“, erklärt Frischknecht. „In Gesellschaften, in denen Vorbilder Drogenkonsum vorleben und damit Profit durch Drogen verkörpern, sind auch die Suchtprobleme größer und die Anzahl der Drogentoten höher“, so der Experte weiter.

Sponsoringverbote und bessere Ausstattung der Suchthilfe notwendig

Seit Jahren fordert Frischknecht eine effektivere Suchtpolitik, beispielsweise in Form von Sponsoringverboten für Suchtmittelproduzenten und durch eine bessere finanzielle Ausstattung der Suchthilfe. Zuletzt konnte er mit Expert_innen der Universität Amsterdam in einer Studie zeigen, dass in der Suchthilfe oft die passenden Aus- und Weiterbildungsbedingungen für mehr Wirksamkeit fehlen: „Hätten unsere Steuerberater_innen so schlechte Weiterbildungs- und Arbeitsbedingungen wie unsere Suchthilfefachkräfte, hätte der Staat sicherlich keine so großen Finanzprobleme – oder andersrum: Wäre die Suchthilfe so gut ausgestattet wie die Steuerschlupfloch-Suchenden, würde unsere Wirtschaft ebenfalls enorm profitieren“, sagt Frischknecht mit Blick auf die vielen Erkrankungen und Frühverrentungen hochqualifizierter Fachkräfte infolge von Suchtmittelkonsum.

Frischknecht sieht mit Blick auf Drogentote Bildungsdefizite, denn zu oft werde in den Diskussionen Akzeptanz mit Resignation verwechselt: „Ich bin sehr dafür, dass wir jedem drogenabhängigen Menschen mit Akzeptanz und Wertschätzung begegnen – aber ich bin entschieden dagegen zu resignieren, nur weil es so anstrengend ist, die Bedingungen zu verändern, unter denen Drogenabhängigkeit entsteht beziehungsweise aufrechterhalten wird oder in den Tod führt.“

Die genannten Publikationen sind aktuell über folgende Links aufrufbar:

https://www.researchgate.net/publication/393697744_Angenommenes_Manuskript_Die_personliche_Investitionsbereitschaft_von_Fuhrungskraften_der_Ruckversicherungswirtschaft_in_die_Pravention_von_Drogentoten_-eine_Pilotstudie_im_Rahmen_einer_ESG-Motivations#fullTextFileContent

https://karger.com/ear/article/doi/10.1159/000546243/927816/Motivational-Interviewing-in-Addiction-Services-An

+++ Bitte beachten Sie die Sperrfrist bis zum 21. Juli 2025 +++

Kontakt für inhaltliche Fragen:

Prof. Dr. Ulrich Frischknecht

Katholische Hochschule Nordrhein-Westfalen

T: 0221 7757-342

u.frischknecht@katho-nrw.de

Pressekontakt:

Katja Brittig

Katholische Hochschule Nordrhein-Westfalen

T: 0221 7757-508

presse@katho-nrw.de

Die Katholische Hochschule Nordrhein-Westfalen (katho) zählt mit 3.800 Studienplätzen zu den bundesweit größten Hochschulen für den Studiengang Soziale Arbeit. Sie ist Deutschlands größte staatlich anerkannte Hochschule in kirchlicher Trägerschaft. Die katho bietet Studierenden sowie Forschenden ein familiäres Umfeld in den Arbeitsgebieten Soziales, Gesundheit und Religionspädagogik. Zurzeit sind rund 5.300 Studierende in etwa 35 Bachelor- und Masterstudiengängen – verteilt über unsere vier Standorte in Aachen, Köln, Münster und Paderborn – eingeschrieben. Die katho ist gefragte Kooperationspartnerin in Pflege und Versorgung, Sucht und Suchtprävention, Gesundheit und Soziale Psychiatrie, Bildung und Diversity, Alter und Behinderung, Inklusion und Teilhabe, Netzwerkforschung in der Sozialen Arbeit sowie pastorale Praxisforschung. Die katho kooperiert mit internationalen Universitäten und Praxiseinrichtungen in 38 Ländern.