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Update: Orcas und Delfine im Marineland Antibes

Update: Orcas und Delfine im Marineland Antibes
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Seit fast neun Monaten befinden sich zwei Orcas sowie zwölf Große Tümmler im geschlossenen Marineland Antibes in Frankreich. Nachdem ihr Umzug in den spanischen Loro Parque aus Tierschutzgründen abgelehnt und auch kein bestehendes Meeresrefugium als geeignet befunden wurde, verblieben die Meeressäuger vorerst im Marineland. Doch seit der Schließung des Parks im Januar 2025 liegt noch immer keine Lösung für die langfristige Unterbringung der Individuen vor.

Neue Video-Aufnahmen zeigen nun die sexuelle Stimulation des Orcas Keijo durch Pflegepersonal und befeuern die Debatte. Dolphinaria-Free Europe, eine NGO-Koalition, der auch WDC angehört, forderte die Regierung zur Aufklärung auf.

Die neuen Video-Aufnahmen in den sozialen Medien zeigen, wie das Pflegepersonal den männlichen Orca Keijo sexuell stimuliert – offiziell, um Inzucht mit seiner Mutter Wikie und Aggressionsverhalten zu verhindern. Zu den bisherigen kritischen Stimmen aus Tierschutz-Kreisen und der Bevölkerung kommt nun auch die Befürchtung hinzu, dass Marineland das profitable Sperma zur künstlichen Befruchtung für die Orca-Zucht an andere Delfinarien verkaufen möchte. Dies wäre aufgrund des Gesetzes von 2021, das nicht nur die Haltung, sondern auch die Zucht von Walen und Delfinen in Frankreich verbietet, nicht gesetzeskonform. WDC richtete im Rahmen seiner Mitgliedschaft bei der Koalition Dolphinaria-Free Europe (DFE) ein Schreiben an die französische Regierung, um den Sachverhalt aufzuklären und bei Verstoß ein Strafverfahren einzuleiten. Außerdem bittet WDC um Unterstützung aus der Bevölkerung, um den Druck auf die zuständige Behörde aufrecht zu erhalten.

"WDC hat im Zusammenschluss mit anderen NGOs in den vergangenen Monaten wiederholt Druck auf die französischen Behörden ausgeübt und eine langfristige Lösung für die Orcas und Großen Tümmler im Marineland Antibes gefordert. Auch wenn die Parkbetreiber weiterhin dazu verpflichtet sind, sich um die Meeressäuger zu kümmern, gilt dies nur als Zwischenlösung. Es müssen jetzt dringend Taten folgen, damit die Individuen endlich eine angemessene Unterbringung fernab der Show-Industrie erhalten. Sollten sich die Spekulationen als wahr erweisen, dass die Parkbetreiber mit dem Sperma von Orca Keijo versuchen, weiter Profit aus der Situation zu schlagen, ist das inakzeptabel und muss sofort unterbunden sowie strafrechtlich verfolgt werden", sagt Tamara Narganes Homfeldt, Meeresbiologin und Koordinatorin des Bereichs Ausstieg aus Delfinarien bei WDC Deutschland

Warum wurde Marineland Antibes geschlossen?

2017 entschloss sich die französische Regierung, Delfinarien gesetzlich zu verbieten und stieß ein Gesetzesvorhaben an, das sich über Jahre hinzog. Seit der endgültigen Verabschiedung dieses Gesetzes im Jahr 2021, das die Haltung von Walen und Delfinen in Frankreich ab 2026 verbietet, steht fest: Frankreich wird bis 2026 Delfinarien-frei sein. Zum damaligen Zeitpunkt wurden noch drei Delfinarien im Land betrieben: Park Astérix, Planète Sauvage und Marineland Antibes. Die Betreiber:innen des Park Astérix entschlossen sich noch im selben Jahr der Gesetzesverabschiedung, die Delfin-Haltung einzustellen, um als reiner Freizeitpark und nicht auf Kosten des Tierwohls zu wachsen. Planète Sauvage hält nach heutigem Stand noch elf Große Tümmler in Betonbecken und hat noch keine offiziellen Pläne für 2026 vorgelegt. Übrig bleibt Marineland Antibes mit seinen circa 4.000 Meerestieren, unter ihnen zwei Orcas und zwölf Große Tümmler.

Marineland hatte bei der Schließung im Januar 2025 angekündigt, mit den französischen Behörden zusammenzuarbeiten, um neue Unterkünfte für die Individuen zu finden. Doch bisher scheiterten alle Versuche: Ein geplanter Transfer der Orcas nach Japan wurde von den Behörden aufgrund deutlich schlechterer Tierschutzstandards abgelehnt – auch wegen Protesten von Organisationen wie Dolphinaria-Free Europe. Ein alternativer Vorschlag, Wikie und Keijo in ein geplantes Schutzgebiet in Kanada zu bringen, scheiterte ebenfalls, da die Anlage noch nicht fertiggestellt ist. Ein Umzug in spanische Einrichtungen wie den Loro Parque in Teneriffa oder den Zoo in Madrid wurde durch die spanische Regierung abgelehnt – was jedoch im Sinne des Tierschutzes zu verstehen ist. Die Becken in den spanischen Einrichtungen sind zu klein, um weitere Individuen aufzunehmen, der Transport sowie die Integration in die bestehenden Gruppen wären mit viel Stress verbunden. Insbesondere der Loro Parque etwa hat überdies eine fragwürdige Vergangenheit: Seit 2021 sind dort vier Orcas gestorben, andere zeigen Anzeichen von Stress. Die Einrichtung ist bekannt für ihre Zuchtprogramme, bei denen auch künstliche Befruchtung eingesetzt wird. Eine Überführung der Meeressäuger aus Frankreich in den Loro Parque wäre somit nicht im Sinne des neuen französischen Gesetzes zur Beendigung der Delfinarien-Industrie.

Wie werden die Orcas und Großen Tümmler aktuell versorgt?

Videos in den sozialen Medien zeigen die Orcas in scheinbar verunreinigtem Wasser. Der geschlossene Park Marineland hatte vorgesehen, sein Pflegepersonal für die Orcas und Delfine nur noch bis zum Transport Mitte April zu beschäftigen. Die Betreiber sind jedoch weiterhin rechtlich dazu verpflichtet, für das Wohlergehen der Orcas und Großen Tümmler zu sorgen. Auch wenn die Besorgnis aus der Bevölkerung willkommen ist und einmal mehr zeigt, dass sich viele Menschen ein Ende für die Gefangenschaftshaltung von Walen und Delfinen wünschen – ist es wichtig Falschmeldungen keinen Raum zu geben. WDC betont deshalb:

  • Die Orcas werden nicht sich selbst überlassen, sie werden weiterhin gefüttert und auch medizinisch betreut.
  • Das Wasser ist nicht mehr so klar, da es keine Shows mehr gibt und das Wasser nicht total sauber für die Zuschauer:innen wirken muss, denn die Orcas und Delfine brauchen kein glasklares Wasser. Vielmehr kommt der geringere Chlorgehalt der Gesundheit der Orcas zugute, denn zu viel Chlor schadet der Haut und den Augen der Meeressäuger. Die Reinigungsanlage ist jedoch nicht komplett ausgeschaltet.

Dennoch muss die französische Regierung jetzt schnellstmöglich handeln und eine langfristige Unterbringung und Versorgung der beiden Orcas und der zwölf Großen Tümmler finden. Unter anderem zeigen Luftaufnahmen, dass die Meeressäuger kaum Beschäftigungsmöglichkeiten haben und in ihren Becken endlos Kreise schwimmen. Eine Unterbringung in einem natürlicheren Lebensraum als den Betonbecken des Marineland Antibes ist unerlässlich.

Wie kann der Ausstieg aus Delfinarien gelingen?

WDC spricht ganz bewusst von einem „Auslaufen lassen“ der Delfinarien-Industrie: Gemeint ist, dass ein abrupter Ausstieg meist nicht möglich ist. Viele Wale und Delfine in Delfinarien wurden in Gefangenschaft geboren und haben nie gelernt, wie sie in freier Natur überleben können. Sie haben keine Familien, in die sie integriert werden könnten. Sie haben nie gelernt lebenden Fisch zu jagen, oder mit den Gezeiten umzugehen. Die traurige Realität der Delfinarien-Industrie ist: Den aktuell gefangen gehaltenen Walen und Delfinen können wir nur bedingt helfen. Doch wir können dafür sorgen, dass es die letzte Generation in Gefangenschaft ist, insbesondere indem Zuchtprogramme und Wildfänge gestoppt werden und wir den Delfinarien-Betreibern deutlich zeigen, dass die Haltung von Wildtieren nicht mehr zeitgemäß ist. Indem Sie keine Delfinarien besuchen und auch Ihr Umfeld über das Leid der gefangenen Wale und Delfine informieren, können Sie einen wichtigen Beitrag dazu leisten.

Whale and Dolphin Conservation (WDC) ist die weltweit führende gemein­nützige Organi­sation, die sich ausschließlich dem Schutz von Walen und Delfinen widmet. Im Rahmen von Kampagnen, politischer Überzeugungsarbeit, Bildung, Beratung, Forschung, Rettungs- und Schutzprojekten sowie Mitmach-Aktionen verteidigt WDC Wale und Delfine gegen die zahlreichen Gefahren, denen sie heute ausgesetzt sind. Das kommt auch dem Klima zugute, da Wale unsere Verbündeten im Kampf gegen den Klimawandel sind und eine wichtige Rolle im Ökosystem Meer spielen. WDC-Expert:innen arbeiten in nationalen, europäischen und internationalen Arbeitsgruppen, sind in allen relevanten internationalen Foren vertreten und haben direkten Einfluss auf maßgebliche Entscheidungen zur Zukunft von Walen und Delfinen. Wir sind Ansprechpartner:innen für Medien, Öffentlichkeit und Entscheidungsträger:innen.

WDC arbeitet als gemeinnützig anerkannte Körperschaft politisch unabhängig und finanziert sich über Spenden und Stiftungsmittel.

Unsere Vision: Eine Welt, in der alle Wale und Delfine in Freiheit und Sicherheit leben.

www.whales.org

Bianca König
Leiterin Kommunikation
WDC Deutschland
Telefon: +49 179 6787 186 oder +49 89 6100 2393

Whale and Dolphin Conservation (WDC)
Implerstraße 55, 81371 München
whales.org