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Berliner Morgenpost: Eine Kampagne im Schonwaschgang - Leitartikel

Berlin (ots)

Diesen Wahlkampf haben wir nun also auch hinter
uns. Merkel und Steinbrück, zusammen mit Westerwelle noch die 
prägendsten Gestalten der Kampagne 2009 haben sich bis Sonnabend nach
Pittsburgh zum Finanzgipfel verabschiedet. Gemeinsam, geschlossen, 
das ist auch so ein Symbol.
Zeit also für die Bilanz eines Wahlkampfs, der kein 
leidenschaftliches Ringen um die Macht war. Es roch nicht nach 
Schweiß und Ärmelhoch, die Akteure wirkten unterm Strich eher ein 
wenig blass um die Nase, vielleicht sogar gehemmt, auf jeden Fall 
zurückhaltend.
Auch Merkel und ihr Gegenkandidat Steinmeier haben sich ja geschont 
gegenseitig, was einen nicht wirklich wundern muss. Vier Jahre lang 
haben sie vermutlich mehr aktive Zeit miteinander verbracht als mit 
dem eigenen Ehepartner. Sie haben Schröder hinter sich gelassen, den 
Polit-Panzer, haben das Rentenalter heraufgesetzt und die 
Mehrwertsteuer auch gegen viel Gezeter. Wenn man dann noch gemeinsam 
in den Abgrund einer Krise geschaut hat, die zumindest einen 
historischen Moment lang alles wegzureißen drohte, was die Deutschen 
sich aufgebaut hatten nach dem Krieg: In solchen Zeiten geht man sich
nicht an die Kehle, vernünftige Politiker jedenfalls tun das nicht.
Insofern war sie ja auch zur rechten Zeit am rechten Platz, die große
Koalition. Es gab sie schon, man musste sie nicht erst informell 
bilden, in Krisenstäben, wie man das sonst getan hatte in Zeiten sehr
großer Herausforderungen. Man verlor keine Zeit im vergangenen 
Herbst, und wenn Deutschland am Ende so ungeschoren davon kommt nach 
diesem Finanzdebakel, wie es derzeit aussieht, dann wird man das als 
eine der großen politischen Leistungen der Nachkriegsgeschichte 
würdigen können.
Man mag ja oft meckern und zetern und unzufrieden sein mit denen, die
gerade am Ruder sind, aber einen nachhaltigen Anlass zum allgemeinen 
Unmut hat Schwarz-Rot nicht geboten. Es gab Fehler, klar, die macht 
man, wenn man was macht, aber unterm Strich war das alles nicht so 
schlecht.
Was also war anderes zu erwarten als Schonwaschgang, zumal sich ja 
die einzige Oppositionspartei mit realistischer Machtperspektive, die
FDP, ihrerseits sehr schwer tat mit der Abteilung Attacke. Auch die 
Liberalen, und das war vielleicht das entscheidende Manko des 
Wahlkampfs 09, wollen ja gar keine ganz andere Regierung, sondern nur
eine Variante der amtierenden. Auch sie wollen Merkel zur Kanzlerin 
wählen, auch sie wollen Merkel die Richtlinien bestimmen lassen. Wie 
also hätten sie jetzt Sturm laufen sollen gegen ihren Kurs?
Es geht am Sonntag nicht um das große Entweder-Oder. Es geht um 
Nuancen, was gar kein schlechtes Zeichen sein muss.
Denn auch das muss klar sein: Selbst wenn die rechnerische Mehrheit 
bestätigt wird, über die ein Linksbündnis schon heute im Bundestag 
verfügt, hätte eine rot-rot-grüne Regierung keinerlei demokratische 
Legitimation. Eine informelle "Wiedervereinigung" von SPD, Grünen und
Linken im Laufe der Wahlperiode wäre ein, mit Blick auf die deutsche 
Geschichte, ungeheuerlicher Wortbruch, der zumindest die 
Sozialdemokraten auf Jahrzehnte hinaus einen Großteil ihres 
Wählerpotenzials kosten würde.

Pressekontakt:

Berliner Morgenpost
Chef vom Dienst
Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de

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