Gesellschaft für bedrohte Völker e.V. (GfbV)
33 Jahre nach den Massakern von Višegrad (27.6.): Im Feuer verbrannt, im Fluss verschwunden, bis heute vergessen
Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) erinnert anlässlich des 33. Jahrestages an die grausamen Verbrechen in der ostbosnischen Stadt Višegrad am 27. Juni 1992: „Višegrad steht sinnbildlich für die systematische Entmenschlichung und Vernichtung bosniakischen Lebens durch bosnisch-serbische Einheiten. Diese Gräueltaten sind nicht nur Teil der Vergangenheit – sie werden bis heute geleugnet, verharmlost und unzureichend geahndet“, mahnte Jasna Causevic, GfbV-Referentin für Genozid-Prävention und Schutzverantwortung, heute in Göttingen.
Schätzungen zufolge gab es in Višegrad mindestens 3.000 Opfer, darunter mindestens 600 Frauen und 120 Kinder. Die Verbrechen wurden durch bosnisch-serbische Soldaten und paramilitärische Gruppen wie die „Weißen Adler“ begangen, hauptsächlich im Mai und Juni 1992. Zeugenaussagen berichten von systematischer Vergewaltigung, Folter, lebendigem Verbrennen und massenhaften Tötungen, bei denen die Leichen oft in den Fluss Drina geworfen wurden, um Spuren zu vernichten.
Besonders grausam waren die Massaker vom 14. Juni in der Pionirska-Straße und vom 27. Juni im Ortsteil Bikavac, bei denen insgesamt rund 130 Menschen bei lebendigem Leib verbrannten. Zehra Turjacanin, eine der wenigen Überlebenden, berichtet von Verbrennungen dritten Grades, offenen Wunden und einem Überlebenskampf, der Monate dauerte.
„Der Internationale Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien verurteilte zwar einige der Täter, viele weitere Verantwortliche wurden jedoch nie belangt – einige leben unbehelligt in Serbien im Ruhestand. Noch immer werden Täter in Višegrad glorifiziert, etwa durch Wandgemälde des verurteilten Kriegsverbrechers Ratko Mladić, durch Denkmäler oder durch das Fehlen jeglicher offizieller Gedenkkultur an Orten wie dem Hotel ‚Vilina Vlas‘, das im Krieg als Lager für systematische Vergewaltigungen diente und heute als Wellnesszentrum betrieben wird“, kritisierte Belma Zulčić, Direktorin der GfbV in Bosnien und Herzegowina.
„Nach der historischen Resolution der UN-Generalversammlung im vergangenen Jahr, die den 11. Juli zum Internationalen Tag der Reflexion und des Gedenkens an den Völkermord von Srebrenica erklärte, ist es absolut inakzeptabel, dass sich am Eingang von Višegrad, Kalinovik und anderswo Wandgemälde befinden, die den wegen Völkermordes verurteilten Ratko Mladić verherrlichen“, erklärte der Holocaust- und Genozid-Forscher Prof. Dr. David Pettigrew nach seiner gestrigen Rückkehr aus Kalinovik gegenüber der GfbV. „Das Wandgemälde von Ratko Mladić am Eingang dieser Städte ist eine grausame Provokation, die Verbrechen feiert.“
Die GfbV fordert von der Bundesregierung und den EU-Staaten, den Überlebenden endlich Gerechtigkeit und Anerkennung zu verschaffen. Dazu gehören:
- die Schließung des Hotels „Vilina Vlas“ und dessen Umwandlung in eine nationale Gedenkstätte,
- die Errichtung eines Denkmals für die ermordeten Frauen und Kinder,
- die Kennzeichnung und Umwidmung von Orten der Verbrechen als Stätten des Gedenkens,
- sowie die Entfernung von Wandgemälden, die Kriegsverbrecher verherrlichen – insbesondere das Bild von Ratko Mladić am Ortseingang von Višegrad.
„Diese Maßnahmen sind überfällig. Nur durch konsequentes Erinnern und klare politische Zeichen kann der Opfer gedacht und einer Zukunft entgegengearbeitet werden, in der sich solche Verbrechen nicht wiederholen“, so Causevic.
Sie erreichen Jasna Causevic unter j.causevic@gfbv.de oder 0551/49906-16.
Sie erreichen Belma Zulcic unter gfbv_sa@bih.net.ba oder +38761220883.
Sie erreichen Prof. Dr. David Pettigrew unter depettigrew@gmail.com.
Gesellschaft für bedrohte Völker Postfach 2024 D-37010 Göttingen Tel.: +49 551 499 06-21 Fax: +49 551 580 28 E-Mail: info@gfbv.de www.gfbv.de Menschenrechtsorganisation mit beratendem Status bei den UN und mitwirkendem Status beim Europarat