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Christliche Gemeinschaften im Irak: Bangen um die ungewisse Zukunft

Christliche Gemeinschaften im Irak:

  • Minderheiten sehen ihre wenigen verbleibenden Rechte bedroht
  • Staatliche Sicherheitskräfte haben über weite Teile des Landes keine Kontrolle
  • Islamistische Milizen bereichern sich am Eigentum christlicher Familien

Während in Deutschland und anderen NATO-Ländern über die Folgen der afghanischen Katastrophe und über ein Erstarken des radikalen Islam diskutiert wird, bangen die christlichen Gemeinschaften und andere religiöse Minderheiten im Nahen Osten um ihre Zukunft. Auch die symbolisch wichtigen Besuche des Papstes und des französischen Präsidenten hätten die existenziellen Sorgen der christlichen Gemeinschaften in der nordirakischen Metropole Mossul kaum lindern können, wie der Nahostreferent der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV), Dr. Kamal Sido, heute in Göttingen berichtet: „Christliche und andere ethnische und religiöse Minderheiten wären mit dem Status einer Minderheit in heute mehrheitlich muslimischen Gesellschaften zufrieden, wenn ihre Rechte gesichert wären. Die Minderheiten sowie Frauen aller Ethnien werden aber bereits benachteiligt und sehen ihre wenigen verbliebenen Rechte gefährdet.“

Sowohl radikal-sunnitische als auch radikal-schiitische Milizen bedrohten das Überleben christlicher, yezidischer und anderer Minderheiten im Irak. „In einigen Gegenden von Mossul haben nur die Milizen das Sagen. Die staatlichen Sicherheitskräfte sind nicht Willens oder nicht in der Lage, diese Menschen zu schützen“, so Sido. „Ohne das Gefühl, in ihrer Heimat sicher zu sein, werden die wenigen noch dort lebenden christlichen Gläubigen auf Dauer nicht bleiben.“ In einigen Stadtteilen von Mossul und einigen Regionen der Provinz Ninawa hätten die Milizen die vollständige Kontrolle, auch über Verwaltungsentscheidungen in Bezug auf staatliche und private Grundstücke und Gebäude. Ihre Anführer bereicherten sich am Handel mit staatlichem oder privatem Eigentum, insbesondere den Immobilien, die Angehörigen von Minderheiten gehörten.

„Im Gewerbegebiet von Bab al-Toub in Mossul werden die Immobilienpreise zum Beispiel von Milizen festgelegt. Häuser werden dann über oder unter dem tatsächlichen Wert gehandelt“, berichtet Sido. „In Bartalla, einer christlichen Ortschaft, wird ein Haus einer christlichen Familie, das etwa 100 Millionen Dinar (58.000 Euro) wert ist, für nur 30 oder 40 Millionen Dinar verkauft.“ Diese Geschäfte seien eine wichtige Finanzierungsquelle für die Milizen. Dadurch würden zudem Menschen von außerhalb angesiedelt, durch die sich die ethnische und religiöse Zusammensetzung der ursprünglich christlichen Regionen erheblich verändere.

Die Zahl der Christen im Irak ging nach Kriegsbeginn 2003 deutlich um mehr als 50 Prozent zurück. Mindestens 1.200 Christen wurden seitdem getötet, etwa 700 davon aufgrund ihrer religiösen Zugehörigkeit. In Mossul hat der sogenannte „Islamische Staat“ zehntausende von Häusern christlicher Familien zerstört. Dort und in der benachbarten Ninive-Ebene wurden zudem 20 der 30 Kirchen abgerissen, von denen einige bereits 1500 Jahre alt waren.

Sie erreichen Dr. Kamal Sido unter k.sido@gfbv.de oder 0173/6733980.

Gesellschaft für bedrohte Völker
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D-37010 Göttingen
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