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PM Bundesstiftung Aufarbeitung: „Junkerland in Bauernhand?“ – Bundesstiftung Aufarbeitung erinnert an den Beginn der Bodenreform vor 80 Jahren

„Junkerland in Bauernhand?“ – Bundesstiftung Aufarbeitung erinnert an den Beginn der Bodenreform vor 80 Jahren

Berlin, 29. August 2025 – Am 3. September 1945 begann in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) die Bodenreform – eine der einschneidendsten Maßnahmen der unmittelbaren Nachkriegszeit. Unter sowjetischer Regie und mit Unterstützung der KPD wurde jeglicher Landbesitz über 100 Hektar entschädigungslos enteignet. Betroffen waren rund 7.500 landwirtschaftliche Betriebe sowie weitere 4.000 Flächen von tatsächlichen oder vermeintlichen Nazis und Kriegsverbrechern. Insgesamt wurden so etwa 27 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche verstaatlicht und an sogenannte Neubauern -also Flüchtlinge, Vertriebene und vormals Landlose - verteilt.

Diese mit großer Brutalität durchgeführten flächendeckenden Enteignungen waren bereits im Juni 1945 in Moskau beschlossen worden. Deutsche Kommunisten und die KPdSU-Führung stellten damit die Weichen für eine tiefgreifende Umgestaltung des ländlichen Raums in Ostdeutschland. Ziel war – entsprechend dem sowjetischen Vorbild - die Zerschlagung gewachsener ländlicher Strukturen sowie die Ausschaltung einer möglichen Opposition und des Widerstands auf dem Land gegen die Durchsetzung kommunistischer Verhältnisse. All dies wurde mit der Entmachtung der Großgrundbesitzer begründet, die man pauschal verdächtigte, Nazi- und Kriegsverbrecher zu sein.

Für die betroffenen Familien bedeutete dies den Verlust von Heimat und Eigentum. Vielen wurde die Rückkehr in ihre Dörfer verwehrt, sie wurden verhaftet oder vertrieben. Gleichzeitig erhielten etwa 500.000 Neubauern kleine Flächen von durchschnittlich fünf Hektar – ohne Gerät, Vieh und Kapital. Die Bewirtschaftung war vielerorts nicht gesichert, die Ernte in Gefahr. Was als sozial gerechte Umverteilung verkauft wurde, führte in Wirklichkeit zu wirtschaftlicher Zersplitterung und Abhängigkeit vom Staat. Diejenigen, die 1945 Land erhalten hatten, konnten sich nicht lange daran erfreuen: bereits wenige Jahre später wurde ihnen das Land in der Zwangskollektivierung wieder weggenommen und viele gezwungen, in die Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften zu gehen.

Mit der Vertreibung der alten Besitzer und der Zerstörung der bestehenden Strukturen verschwanden zentrale wirtschaftliche, kulturelle und gesellschaftliche Bezugspunkte vieler Dörfer. Die Enteignungen schufen eine neue, politisch kontrollierte Gesellschaftsstruktur, die den neuen Machthabern verpflichtet war und so zugleich den Boden für die spätere (Zwangs-Kollektivierung ab 1952 bereitete.

Bis heute wirken die Brüche nach. Während einige in der Bodenreform den Beginn eines sozialen Aufstiegs sahen, bedeutete sie für andere Enteignung, Stigmatisierung und Vertreibung. Eine Rückgabe des enteigneten Landes erfolgte nach 1990 nicht – die Enteignungen blieben nach dem Einigungsvertrag bestehen.

„Wer heute von Enteignungen redet, um bestehende Probleme zu lösen, sollte sich die Geschichte der Enteignungen in den kommunistischen Diktaturen und deren Folgen genau anschauen“, betont Dr. Anna Kaminsky, Direktorin der Bundesstiftung Aufarbeitung. „Die Maßnahmen von 1945 zeigen, wie Menschen unter dem Vorwand sozialer Gerechtigkeit stigmatisiert und verfolgt wurden. In heutigen Debatten über Enteignungen darf diese Erfahrung nicht ausgeblendet werden.“

Weitere Informationen zum Thema bietet das Dossier „Enteignungen in der Sowjetischen Besatzungszone und in der DDR“

https://www.bundesstiftung-aufarbeitung.de/de/recherche/dossiers/enteignungen-der-sowjetischen-besatzungszone-und-der-ddr/historischer-hintergrund und die Broschüre „So viel Ende war nie. So viel Anfang war nie. Das Kriegsende in persönlichen Erinnerungen“.

Jonathan Harnisch

Pressereferent

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