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Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel zu Rechtsextremismus in Bayern: Heidenau ist leider nur Facette der braunen Gefahr von Christine Schröpf

Regensburg (ots)

Die verachtenswerten Taten der Neonazis im sächsischen Heidenau, die mutmaßliche Brandstiftung von Rechtsradikalen in Neustadt an der Waldnaab: Sie werfen zwei Schlaglichter auf die braune Gefahr, die an diesen Orten besonders erschreckend und abstoßend zu Tage tritt. In den Hintergrund rückt dabei das engmaschige Flechtwerk des rechten Mobs, das im Alltag in vielen kleinen, vermeintlich "harmlosen" Situationen sichtbar wird. Momentaufnahmen, die sich auch in Bayern zu einem düsteren Puzzle fügen, das das Bild vom weltoffenen Freistaat seit Jahren nachhaltig befleckt. Viel wird dieser Tage von Politikern über neue sichere Herkunftsländer auf dem Balkan diskutiert, um vermeintlichem Asylmissbrauch einen Riegel vorzuschieben. Der größte Missstand aber ist ein anderer: Unerträglicherweise sind der Freistaat und die anderen Bundesländer nicht für alle Flüchtlinge ein sicheres Ankunftsziel. Doch darüber wird kaum gesprochen. Die latente rechte Gefahr jenseits der verstörenden Gewalttaten ist nicht zu unterschätzen. Sie bedroht Flüchtlinge und jeden Andersdenkenden: Der Oberpfälzer SPD-Mann Franz Schindler, der sich seit Jahren gegen Rechtsradikalismus engagiert, war auf einer Liste des NSU-Terrortrios zu finden. Neonazis pflasterten einmal die Einfahrt zu seinem Haus mit Flugblättern. Das Signal: Wir wissen, wo du wohnst. Uwe Mundlos vom NSU-Terrortrio tanzte in den 1990er Jahren bei einem Neonazi-Grillfest in einer Kiesgrube bei Straubing, bevor er in den Untergrund abtauchte und zu morden begann. Er war damals sogar kurz von der Polizei verhört worden, doch gab er an, von den antisemitischen Liedern, die bei dem Fest gegrölt wurden, nichts gehört zu haben. Es gibt unzählige, hässliche Spuren, die Neonazis hinterlassen. Die Rechtsradikalen treten dreist und manipulativ an sozialen Brennpunkten auf, um mit platten Botschaften zu verführen. Das einzig Gute: An vielen Orten geht ihre simple Gleichung nicht auf. Wer in Deutschland am sozialen Rand lebt und Not aus dem eigenen, täglichen Erleben kennt, kann oft besonders feinfühlig nachempfinden, wie es sein mag, alles verloren zu haben und vor einer ungewissen Zukunft zu stehen. Es gibt auch die Verbitterten, die empfänglich sind. Ihnen aber muss die Politik helfen. Von Neonazis werden sie nur für eigene Zwecke benutzt. So oder so alarmiert es, wenn Neonazis wie Haifische etwa um Asylbewerberheime kreisen. Der Münchner Rechtsradikale Karl-Heinz Statzberger - vor zehn Jahren verurteilt, weil er an Planungen eines Bombenanschlags auf das Jüdische Kulturzentrum in München beteiligt war - tauchte in diesem Juli bei einer Veranstaltung in Schwandorf auf. Wie unverfroren er agiert, hatte er schon 2013 beim Prozessauftakt gegen das NSU-Terrortrio bewiesen, als er sich neben Betroffene der Terrortaten in die Warteschlange vor dem Gerichtsgebäude einreihte. Die Staatsgewalt schreckt den braunen Mob kaum. Bestes Beispiel ist eine Großrazzia gegen bayerische Rechtsradikale im Sommer 2013. Zur Pressekonferenz wenige Stunden später im Innenministerium mit Ressortchef Joachim Herrmann verschafften sich pünktlich zwei Neonazis mit Journalistenausweisen Zutritt und gaben freche Statements ab - ein klarer Versuch, den Rechtsstaat zu verhöhnen. Die Menschenverachtung und Dreistigkeit des rechten Mobs verstört. Was alle Demokraten auf die Barrikaden treiben muss, sind die Folgen. Flüchtlinge, die Fürchterliches erlebt haben, werden bedroht. Wie ernst die Lage ist, zeigt sich an vielen Beispielen. In Regensburger Unterkünften sind - aus Vorsicht - die Fenster zur Straße mit Folie verstärkt, falls ein Neonazi Pflastersteine werfen sollte. Das zwingt die Politik in die Verantwortung. Das bayerische Kabinett trifft sich am 2. September wegen der Asylprobleme zu einer Sondersitzung. Tags darauf lädt Ministerpräsident Horst Seehofer kommunale Spitzenverbände, Wohlfahrtsorganisationen und Kirchen zum Asylgipfel. Der rechte Terror und wie ihm alle gesellschaftlichen Kräfte konsequent entgegentreten können, muss dabei ganz oben auf der Tagesordnung stehen.

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