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WAZ: Kommentar: Zum Gipfel im Kanzleramt: Ein U-Ausschuss ist nicht mehr nötig - Von Ulrich Reitz

Essen (ots)

Wenn die beiden großen Parteien einer Meinung sind,
dann wird es meistens teuer oder die Meinungsvielfalt soll
eingeschränkt werden. Und eigentlich müsste man sofort aufschreien,
wenn sich SPD und Union einig sind, die parlamentarische Untersuchung
eines problematischen Vorgangs zu unterlassen. In diesem Fall, dem
der so genannten BND-Affäre, spricht aber die Vernunft dafür, keinen
Untersuchungsausschuss einzurichten. Weshalb?
Erstens: Das allermeiste ist veröffentlicht. Dabei war der BND
sogar sehr behilflich. Zwei deutsche Agenten verhinderten, dass US-
Bomber zivile Ziele wie Schulen oder Krankenhäuser bombardierten. Sie
meldeten irakische Truppen-Bewegungen und lieferten Daten über die
Infrastruktur der irakischen Verteidigung. Pikant: Joschka Fischer,
der kürzlich behauptete, den Vorgang nicht zu kennen, ließ die
Agenten 2003 von Bagdad nach Amman einfliegen, um sich
höchstpersönlich vortragen zu lassen.
Zweitens: Sehr viel wird darüber diskutiert, ob deutsche
Rechtsnormen im Antiterror-Kampf verletzt werden dürfen. Einigkeit
herrscht, dass Deutsche nicht foltern dürfen. Strittig ist, ob sie
von auf diese Weise erlangten Informationen profitieren sollten. Im
Schatten der Aufmerksamkeit blieben die Menschen, um die es geht;
etwa der Islamist Zammar, der Ende 2002 in Damaskus befragt wurde.
Zammar hatte enge Kontakte zu der Hamburger Zelle, die den Angriff
vom 11. September 2001 vorbereitete. In Afghanistan ausgebildet,
kämpfte er in Bosnien. Er heiratete eine Deutsche, von der er sich,
kaum hatte er die deutsche Staatsbürgerschaft, auch wieder scheiden
ließ, um eine Marokkanerin zu ehelichen und sich fortan, wie die FAZ
berichtet, „in Parallelwelten” aufzuhalten. Der BND hielt seine
Informationen für wichtig, um Anschläge zu verhindern. Wie man mit
solchen Menschen umgeht, muss die Politik entscheiden, einen U-
Ausschuss braucht man dafür nicht.
Drittens: Geheimdienste sind geheim. In diesem Metier ist die
Informations-Beschaffung das eine; der gegenseitige Handel damit die
andere Seite. Wer nichts zu handeln hat, bekommt auch nichts. Wer
nichts bekommt, dessen Land lebt deshalb, gerade in Krisenzeiten,
gewiss nicht sicherer. Sicherlich haben Terroristen die Fussball-WM
im Visier, und wer weiß schon, was aus dem Iran-Konflikt noch wird.
Nötig ist jedenfalls ein starker, kein schwacher BND.
Viertens: Wer glaubte, das Versprechen, am Irak-Krieg nicht
mitzutun, bedeute, damit gar nichts zu tun zu haben, ist angesichts
der Fakten nun um eine Erfahrung reicher. In der Tat: Deutschland
schickte keine Bundeswehr. Darum hatten die Amerikaner auch nicht
gebeten. Die damalige Regierung hat durchaus verantwortlich
gehandelt. Nur hielt sie es seinerzeit für klüger, dies weitgehend zu
verschweigen und öffentlich einen ganz anderen Eindruck zu erwecken.
Daher die Aufregung.

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