All Stories
Follow
Subscribe to Westdeutsche Allgemeine Zeitung

Westdeutsche Allgemeine Zeitung

WAZ: Ägyptischer Pakt mit dem Teufel. Kommentar von Martin Gehlen

Essen (ots)

Der neue ägyptische Übergangspräsident Mansur tritt in der aufgeheizten Lage in einem Akt verzweifelter Selbstsuggestion die Flucht nach vorne an. Bereits innerhalb der nächsten sieben Monate soll ein von Experten revidiertes Grundgesetz verabschiedet und ein neues Parlament gewählt worden sein, dekretiert er kühn. Im Frühjahr 2014 sollen Präsidentenwahlen folgen, dann wären Militärputsch und Entmachtung Mursis Geschichte, so das Kalkül. Doch im Ägypten von heute werden keine Träume mehr wahr. Und nach dem Auszug der Salafisten gerät die restliche Tahrir-Allianz der zweiten Revolutionäre jetzt mehr und mehr in den Geruch, mit Panzern an die Macht geputschte Wahlverlierer zu sein. Denn ihr Bündnis mit Armee und Polizei könnte sich als Pakt mit dem Teufel erweisen. Die Generäle haben in den letzten zweieinhalb Jahren alle Verbrechen ihrer Truppen unter den Tisch gekehrt, geschweige denn Verantwortliche zur Verantwortung gezogen. Nur zwei Soldaten, die im Oktober 2011 mit gepanzerten Fahrzeugen vor dem Maspero durch eine Christen-Demonstration pflügten, wurden minimal bestraft, ihre Befehlshaber blieben ungeschoren. Ägyptens Sicherheitskräfte haben immer - wie jetzt wieder - nach eigenem Ausnahmerecht agiert. Die Polizei hat unter Mursis Präsidentschaft ihren Dienst verweigert, jetzt fühlen sie sich wieder als Herren im eigenen Haus. Für die politische Übergangsallianz, die sich mit dem Sturz der Muslimbrüder die Rettung der revolutionären Ideale auf ihre Fahnen geschrieben hat, könnte sich dies schon bald als überschwere Hypothek erweisen. Die Opposition ist hoffnungslos zerstritten. Ihr Spitzenpersonal ist genauso mittelmäßig wie das der geschassten Vorgängerführung. Der Neo-Nasserist Hamdeen Sabahi meldet sich gelegentlich mit kruden Vorschlägen zu Wort. Der Ex-Chef der Arabischen Liga, Amr Moussa, strotzt verbal vor Tatendrang und weiß doch nicht, was er tun soll. Und Mohamed ElBaradei, Ägyptens bekanntester Polit-Twitterer, gilt selbst in den Reihen der eigenen Partei als schlechter Organisator mit abgehobenen Attitüden, der die Flügel nicht zusammenhalten kann.

Pressekontakt:

Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 - 804 6519
zentralredaktion@waz.de

Original content of: Westdeutsche Allgemeine Zeitung, transmitted by news aktuell

More stories: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
More stories: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
  • 09.07.2013 – 19:02

    WAZ: Das "letzte Hemd" der Beamten. Kommentar von Theo Schumacher

    Essen (ots) - Nein, das Abendland geht nicht unter. Auch nach dem für heute geplanten Landtagsbeschluss werden Staatsdiener in Nordrhein-Westfalen nicht in kollektiver Armut versinken, selbst wenn manche Aktion diesen Eindruck erweckt. Aus Widerstand gegen rot-grüne Nullrunden hängen nicht schlecht bezahlte und lebenslang abgesicherte Beamte und Richter ihr "letztes ...

  • 09.07.2013 – 19:00

    WAZ: Noch viel zu tun bei der Annington. Kommentar von Ulf Meinke

    Essen (ots) - Ja zum Börsengang, dann ein Nein, nun wieder ein Ja: Ein souveräner Börsengang sieht jedenfalls anders aus. Mit einem bemerkenswerten Zickzack-Kurs hat sich der Bochumer Immobilienriese Deutsche Annington auf den Weg zum Frankfurter Finanzplatz gemacht. Immerhin: Sein Ziel scheint der Konzern nun zu erreichen. Unterwegs musste er allerdings einige ...

  • 09.07.2013 – 05:00

    WAZ: Studie: Lob für deutsche Energiewende aus Brasilien, China und Südafrika

    Essen (ots) - Während in Deutschland eine Diskussion über die negativen Folgen der Energiewende tobt, kommt Lob aus dem Ausland. Wie das Meinungsforschungsinstitut Infratest Dimap im Auftrag der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung ermittelt hat, blicken Entscheidungsträger aus den Schwellenländern Brasilien, China und Südafrika mit anderen Augen auf den Umbau der ...