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Börsen-Zeitung: Voreiliger Optimismus, Börsenkommentar "Marktplatz" von Dieter Kuckelkorn

Frankfurt (ots)

Besser hätte der Wochenausklang nicht sein
können: Passend zum frühlingshaften Sonnenschein, der den 
angeschlagenen Finanzplatz Frankfurt am Freitag in ein mildes Licht 
tauchte, hat sich der Ifo-Geschäftsklimaindex, der als das wichtigste
Stimmungsbarometer der deutschen Wirtschaft gilt, im April deutlich 
verbessert, und zwar stärker als vom Marktkonsens antizipiert. 
Besonders erfreulich ist, dass sich neben den Erwartungen für die 
kommenden Monate auch der Teilindex, der die Einschätzung der 
aktuellen Lage durch die Unternehmen widerspiegelt, verbessert hat.
Der Dax legte am Freitag um 3% auf 4674 Punkte zu. Gegenüber dem 
Tief vom März verbesserte er sich damit etwas mehr als 1000 Punkte 
und baute praktisch seinen Verlust im bisherigen Gesamtjahr ab.
Auf den ersten Blick erhält die überraschend kräftige Erholung des
deutschen Aktienmarktes mit dem Ifo-Index ihre ideologische 
Untermauerung. Die Börse hat gegenüber der Konjunkturentwicklung 
einen Vorlauf von ungefähr einem halben Jahr, insofern - so wird 
argumentiert-verbreiten Aktienmarkt und Ifo-Index die gleiche 
Botschaft. Diese bestehe darin, dass irgendwann im zweiten Halbjahr 
die konjunkturelle Erholung einsetzt.
Diese Sichtweise dürfte allerdings zu optimistisch sein. Schaut 
man sich die Details der Ifo-Umfragen an, so wird deutlich, dass die 
überwiegende Mehrheit der teilnehmenden Unternehmen mit einer 
Verschlechterung ihres Umfelds rechnet. Die Pessimisten übertreffen 
die Optimisten in der Umfrage um immerhin 30 Prozentpunkte. Im April 
beurteilte zudem eine Mehrheit der Unternehmen ihre gegenwärtige 
Situation im Vormonatsvergleich als schlechter. Der Ifo-Index 
befindet sich zudem immer noch auf einem im historischen Vergleich 
sehr niedrigen Stand.
Dies alles lässt höchstens den Schluss zu, dass es in den nächsten
Monaten eine gewisse Stabilisierung der Konjunktur geben könnte - 
freilich auf einem äußerst frostigen Niveau, denn inzwischen gehen 
die meisten Ökonomen davon aus, dass das deutsche 
Bruttoinlandsprodukt 2009 um ungefähr 6% einbrechen wird.
Für den Aktienmarkt heißt dies, dass der Optimismus, der bis vor 
kurzem vorherrschte und auch am Freitag erneut aufblitzte, 
übertrieben ist. Der Markt hat sich zu weit vorgewagt, dadurch ist es
zumindest sehr unwahrscheinlich geworden, dass es weitere 
Kurszuwächse gibt.
So weit das positive Szenario. Es könnte auch noch deutlich schlimmer
kommen. So deutet Einiges darauf hin, dass die Quartalssaison, die 
gerade begonnen hat, wenig erfreulich verlaufen wird. In den USA hat,
wie die Aktienstrategen der WestLB ermittelt haben, mit rund 120 
Unternehmen etwa ein Viertel der Firmen aus dem Standard&Poor's500 
Zahlen bereits vorgelegt. Dabei fielen knapp 30% der Quartalsberichte
schlechter aus als vom Konsens der Analysten erwartet.
Die Zahl der negativen Ergebnisüberraschungen ist, so die WestLB, 
damit fast so hoch ausgefallen wie in den Vorquartalen. Das ist 
insofern bemerkenswert, als doch die Analysten ihre Prognosen in den 
vergangenen Monaten bereits kräftig zurückgeschnitten hatten. Die 
Korrekturen waren aber wohl noch nicht ausreichend. Dies legt den 
Schluss nahe, dass die Phase der zu optimistischen Markterwartungen 
immer noch nicht vorüber ist. Parallel ist auch für Europa zu 
erwarten, dass die Analysten noch eine rosarote Brille tragen.
Über dem Markt hängt neben der Quartalssaison ein weiteres 
Damoklesschwert: Am 4. Mai wird die US-Regierung die Ergebnisse des 
Stress-Tests veröffentlichen, eines Belastungstests in Gestalt von 
Rechenmodellen, mit denen sie die Überlebensfähigkeit der 19 größten 
US-Banken beurteilt hat. US-Finanzminister Timothy Geithner erklärte 
zwar, die Mehrheit der Großbanken sei ausreichend kapitalisiert. 
Allerdings scheinen die Szenarien, die die US-Regierung als Worst 
Case unterstellt, recht optimistisch zu sein. Der Markt könnte also 
zu einer deutlich pessimistischeren Einschätzung kommen. Dies könnte 
einer der Faktoren sein, der die überfällige Korrektur an den 
Aktienmärkten auslöst.
(Börsen-Zeitung, 25.4.2009)

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