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Medizinische Versorgung Indigener in Brasilien: "Alle vier Stunden droht ein Mensch zu sterben"

Das staatliche Gesundheitssystem für die Versorgung der indigenen Völker Brasiliens steht offenbar vor dem Aus. Menschenrechtler sind wegen der drohenden Katastrophe in größter Sorge. In einigen Gesundheitsbezirken fehlen schon jetzt die Mittel für die medizinische Grundversorgung, für manche Leistungen ist bereits seit Oktober 2018 kein Geld mehr geflossen. Aufgrund der Entfernung zu öffentlichen medizinischen Einrichtungen sind indigene Gemeinschaften besonders auf das bisherige System angewiesen. Nach der FUNAI droht mit der SESAI nun eine zweite wichtige Säule der Indigenenpolitik Brasiliens zerschlagen zu werden.

Die Brasilianische Regierung plant drastische Einschnitte in die medizinische Versorgung indigener Völker. Menschenrechtler sind wegen der drohenden Katastrophe in größter Sorge. Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) fordert die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte Michelle Bachelet auf, sofort bei der Regierung Bolsonaro zu intervenieren.

Das staatliche Gesundheitssystem für die Versorgung der indigenen Völker Brasiliens steht offenbar vor dem Aus. Die Menschenrechtsorganisation der Katholischen Bischofskonferenz Brasiliens CIMI (Conselho Indigenista Missionário) schlägt in einer Verlautbarung vom 22. März 2019 Alarm. Indigene Delegierte sowie Vertreter des Sonderbüros für indigene Gesundheit SESAI (Secretaria Especial de Saúde Indígena) berichteten vor wenigen Tagen in Brasilia, dass die Bundesregierung bereits seit Januar keine Gelder mehr an SESAI und andere Gesundheitszentren überweise.

Den Berichten zufolge fehlt in einigen der 34 Gesundheitsbezirke schon jetzt das Geld für die medizinische Grundversorgung und Arztbesuche bei indigenen Gemeinschaften. Für manche Leistungen sei laut CIMI bereits seit Oktober 2018 kein Geld mehr geflossen. "Bis Ende 2018 waren im Rahmen des Programmes Mais Médicos mehr als 8.000 kubanische Ärzte im Land tätig. Seit sie abgezogen wurden, fehlt gerade in armen und abgelegenen Gebieten medizinisches Fachpersonal", kritisiert Yvonne Bangert, GfbV-Referentin für indigene Völker.

Der neuernannte Gesundheitsminister Luiz Henrique Mandetta ist offener Kritiker indigener Rechte im Land. Ebenfalls am 20. März an kündigte er maßgebliche Änderungen innerhalb des Ministeriums an. Laut CIMI, einer Partnerorganisation der GfbV, sind das deutliche Anzeichen für ein baldiges Ende der SESAI. Das Ministerium bezeichnet die Einschnitte als Umstrukturierung der Gesundheitsleistungen für Indigene. Vorgeblich soll damit sichergestellt werden, dass sie optimierte Leistungen erhalten. Angeblich hätten SESAI und externe Gesundheitsdienstleister zudem Ressourcen missbraucht.

CIMI warnt vor unkalkulierbaren Gefahren für die Indigenen. Aufgrund der Entfernung zwischen indigenen Gemeinschaften und öffentlichen medizinischen Einrichtungen sei es unverantwortlich, Mittelflüsse kurzfristig einzustellen. Eine Alternative zum derzeitigen Gesundheitssystem gibt es laut SESAI nicht. Wenn die Arbeit aufgrund der Kürzungen zum Erliegen käme, wären Chaos und Todesfälle unvermeidbar: "Alle vier Stunden droht ein Mensch zu sterben", heißt es von der SESAI.

Nach der FUNAI droht mit der SESAI nun eine zweite wichtige Säule der Indigenenpolitik Brasiliens zerschlagen zu werden. Grundrechten und Versorgungsstrukturen, die Indigene über Jahrzehnte erkämpft haben, entzieht die Regierung ohne Rücksicht auf zivile Opfer die Grundlage. Die GfbV unterstützt ausdrücklich die Apelle indigener Organisationen und ihrer Unterstützer an internationale Akteure, der Lage indigener Völker in Brasilien nicht tatenlos zuzuschauen.

Yvonne Bangert erreichen Sie unter y.bangert@gfbv.de oder 0551 49906 14.

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