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Atomkraftwerk Brunsbüttel: Mängelliste soll "Staatsgeheimnis" bleiben

Berlin (ots)

Kieler Sozialministerin Trauernicht verweigert nach
Vattenfall-Klage sofortige Herausgabe der Schwachstellenliste - 
Deutsche Umwelthilfe nennt Entscheidung "Affront gegen 
Informationsinteresse der Bevölkerung und gegen geltendes EU-Recht"
Berlin, 8. Dezember 2006: Mit ihrem gestern veröffentlichten 
Beschluss, die Entscheidung über die Herausgabe der so genannten 
Brunsbüttel-Mängelliste den Gerichten zu überlassen, spielt die 
schleswig-holsteinische Sozialministerin Gitta Trauernicht (SPD) der 
fortgesetzten Informationsblockade des Vattenfall-Konzerns in die 
Hände. Nach der Entscheidung gegen die sofortige Herausgabe der Liste
mit hunderten "offenen Punkten", die sich vor mehr als fünf Jahren im
Rahmen einer Sicherheitsüberprüfung des Siedewasserreaktors an der 
Elbe ergeben hatten, befürchtet die Deutsche Umwelthilfe e. V. (DUH) 
jetzt ein jahrelanges Verfahren vor den Verwaltungsgerichten.
"Die Entscheidung für die endlose Fortführung der 
Geheimniskrämerei ist ein offener Affront gegen die Bevölkerung, die 
endlich wissen will, welche Schwachstellen in Brunsbüttel seit fünf 
Jahren bekannt sind, aber nie abgestellt wurden. Und sie ist ein 
Affront gegen geltendes EU-Recht, das geschaffen wurde, um in genau 
solchen Fällen zeitnah Transparenz zu schaffen",  sagte 
DUH-Bundesgeschäftsführer Rainer Baake. Die 
EU-Umweltinformationsrichtlinie, auf deren Grundlage die DUH die 
Herausgabe der Liste verlangt hatte, "wird völlig entwertet, wenn 
zwischen Antragstellung und Entscheidung Jahre vergehen". Besonders 
verwerflich sei, dass Vattenfall nun bereits zum zweiten Mal die 
bekannten Mängel des Brunsbüttel-Reaktors gegen das 
Informationsbegehren von Umweltschützern abschirme und die Kieler 
Ministerin dennoch auf die Möglichkeit, die Herausgabe der Liste für 
sofort vollziehbar zu erklären, verzichtet.
Trauernicht hatte Anfang November grundsätzlich entschieden, dass 
die DUH die Schwachstellenliste erhalten soll und dabei die 
Argumentation der Umweltschützer in vollem Umfang bestätigt. 
Insbesondere hatte die Ministerin die Behauptung des Energiekonzerns 
zurückgewiesen, durch die Herausgabe könnten Betriebsgeheimnisse 
verletzt werden. Sie hat nun allerdings der Forderung der DUH, auf 
die inzwischen erfolgte Klage des Vattenfall-Konzerns die sofortige 
Vollziehung ihres Bescheids anzuordnen, widersprochen.
"Warum Frau Trauernicht nicht bei ihrer noch Anfang November 
überzeugend vorgebrachten Argumentation bleibt, ist nicht 
nachvollziehbar. Die Kehrtwende gibt deshalb Anlass zu Spekulationen.
Die Ministerin widerspricht zunächst dem Konzern und lässt es ein 
paar Wochen später zu, dass die Informationsblockade weitergeht. 
Leidtragende ist die Öffentlichkeit, die sich weiter fragt, warum aus
einer angeblich harmlosen Schwachstellenliste seit Monaten ein 
Staatsgeheimnis gemacht wird", erklärte Cornelia Ziehm, die Leiterin 
Verbraucherschutz und Recht der DUH.
Die DUH erinnerte daran, dass Vattenfall den wegen 
außergewöhnlicher Sicherheitsmängel umstrittenen Altreaktor 
Brunsbüttel über die im Atomkonsens vereinbarte Laufzeit hinaus 
betreiben will. Einen entsprechenden Antrag hat der Konzern für das 
kommende Jahr angekündigt. "Es verdichtet sich die Vermutung, dass 
die Bevölkerung vor der Entscheidung über eine Laufzeitverlängerung 
nichts über zusätzliche Schwachstellen erfahren soll, die bisher 
nicht öffentlich diskutiert wurden", sagte Ziehm.
Besonders ärgerlich sei im Zusammenhang mit der Entscheidung, dass
das Kieler Ministerium in seiner gestrigen Pressemitteilung 
fehlerhafte Aussagen über eine angeblich fehlende Rechtsgrundlage für
das Informationsbegehren der DUH verbreite. So ist die Behauptung, 
das OVG Schleswig habe über die Frage der Rechtmäßigkeit des 
Informationsbegehrens "noch nicht entschieden", nachweislich falsch. 
Das OVG hat am 4. April 2006 genau im Sinne der DUH entschieden. Und 
das Kieler Sozialministerium hatte auf diese Entscheidung in seinem 
eigenen Beschluss zur Übergabe der Mängelliste an die DUH noch Anfang
November selbst ausdrücklich Bezug genommen. "Die Tatsache, dass das 
Ministerium am 7. Dezember nicht mehr weiß, was es am 2. November 
noch zur Grundlage seiner Entscheidung gemacht hat, irritiert schon 
ein wenig", bemerkte Ziehm.

Pressekontakt:

Rainer Baake, Bundesgeschäftsführer, Hackescher Markt 4, 10178
Berlin; Mobil: 0151/55016943, E-Mail: baake@duh.de

Dr. Cornelia Ziehm, Leiterin Verbraucherschutz und Recht, Hackescher
Markt 4, 10178 Berlin; Mobil: 0160/5337376, E-Mail: ziehm@duh.de

Dr. Gerd Rosenkranz, Leiter Politik und Öffentlichkeitsarbeit,
Hackescher Markt 4, 10178 Berlin; Tel.: 030 258986-0, Fax: 030
258986-19, Mobil: 0171/5660577, E-Mail: rosenkranz@duh.de

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