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Deutsche Umwelthilfe warnt Regierung vor neuen Steuermilliarden für die Autoindustrie

Berlin (ots)

Geplante Reform der Dienstwagenbesteuerung würde
vor allem Fahrzeuge mit hohen CO2-Emissionen begünstigen - 
Automobilbranche rechnet mit "signifikanter Absatzsteigerung" von bis
zu 15 Prozent gerade bei großen Dienstwagen - Jährliche 
Steuerersparnisse von über 4.000 Euro für Protzkarossen - DUH fordert
Begrenzung der Abzugsfähigkeit von Dienstwagen auf klimaverträgliche 
Motorisierungen und stellt Eckpunkte einer ökologischen Reform der 
Dienstwagenbesteuerung vor
Die Bundesregierung bereitet nach Informationen der Deutschen 
Umwelthilfe e. V. (DUH) ein neues milliardenschweres Förderprogramm 
zur Ankurbelung des Verkaufs von Dienst- und Firmenwagen vor. Sie 
will damit ein im schwarz-gelben Koalitionsvertrag angekündigtes 
Steuergeschenk für Dienstwagen¬nutzer umsetzen. Wie schon bei der 
Abwrackprämie ist keine Lenkung in Richtung Klimaschutz und 
Luftreinhaltung vorgesehen. Der Steuervorteil soll sich im Gegenteil 
bei kostengünstigen und in aller Regel klimaschonenden Pkw pro Jahr 
auf einige hundert Euro belaufen, aber bei übermotorisierten 
Klimakiller-Pkw auf bis über 4.000 Euro pro Jahr steigen. Die 
Automobilbranche freut sich bereits auf "signifikante 
Absatzsteigerungen" bei großen Dienstwagen von bis zu 15 Prozent.
"Diese Bundesregierung redet sonntags über Klimaschutz und 
bereitet montags das bisher umfangreichste Förderprogramm vor allem 
für die Ladenhüter der bundesdeutschen Automobilindustrie vor - für 
übermotorisierte Luxuslimousinen und Geländewagen", sagte 
DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. "Nach Mövenpick & Co. wollen 
sich die Koalitionsparteien nun offenbar bei den Autoherstellern für 
den warmen Spendenregen zur Bundestagswahl mit Steuergeschenken zu 
Lasten des Klimaschutzes und der Steuerzahler erkenntlich zeigen."
Der Vorwurf einer Umverteilung von unten nach oben sei selten 
begründeter gewesen als bei Umsetzung der auf den ersten Blick so 
harmlosen Änderung der Bemessungsgrundlage der Dienstwagenbesteuerung
vom Bruttolistenpreis auf den Kaufpreis. Und selten sei der 
Ideengeber so eindeutig zu lokalisieren gewesen, erklärte Resch mit 
Blick auf einen Vorschlag des Präsidenten des Verbandes der 
Automobilindustrie (VDA), Matthias Wissmann, der exakt dies vor 
wenigen Wochen öffentlich gefordert hatte. CDU/CSU-Fraktionsvize 
Michael Fuchs und die FDP-Haushaltsex¬pertin Claudia Winterstein 
setzen sich in ihren Fraktionen fast wortgleich für die VDA-Reform 
ein. Das Finanzministerium arbeitet unter Hochdruck an einer 
Regelung, die nach Informationen der DUH bereits dieses Frühjahr in 
den Bundestag eingebracht werden soll.
Nach der offiziellen Statistik des Kraftfahrtbundesamtes werden 
jährlich etwa eine Million Firmenwagen (2008) neu zugelassen. Laut 
einer in der Wirtschaftswoche zitierten internen Berechnung des 
Bundesfinanzministeriums würde dem Staat jährlich eine volle 
Milliarde Euro an Steuereinnahmen entgehen - etwa ein Fünftel des 
derzeitigen Aufkommens aus der Dienstwagenbesteuerung. Die DUH 
fürchtet, dass der tatsächliche Ausfall an Steuereinnahmen sogar noch
deutlich höher liegen könnte, da eine Umstellung der 
Besteuerungsgrundlage auf den Listenpreis zu einer zusätzlichen 
Absenkung der Kaufpreise und Verlagerung von Kosten z. B. auf 
nachträgliche Serviceleistungen führen würde.
Resch warnte die Bundesregierung eindringlich davor, erneut den 
Forderungen der Autolobby nachzugeben und damit "ihr Image als 
Regierung der Lobbyisten zu bestätigen". Dies würde nicht nur 
zusätzliche Milliardenlöcher in die öffentlichen Haushalte reißen, 
sondern auch dem Klima schaden: Einerseits würde die bestehende, 
international beispiellose Privilegierung von 
Spritschlucker-Dienstwagen noch weiter ausgebaut, andererseits der 
ohnehin enge Spielraum der Etats für ökologisch und sozial gerechtere
Investitionen in ein flächendeckendes, attraktives öffentliches 
Verkehrsangebot zusätzlich reduziert. Schließlich würden die 
deutschen Hersteller erneut ermuntert, an ihrer rückwärts gewandten 
Modellpolitik festzuhalten.
Die DUH hat beispielhaft errechnet, wie hoch die zusätzliche 
Jahressubvention von Dienstwagen ausfallen würde, sollten sich die 
deutschen Autobauer mit ihren Vorstellungen durchsetzen. Bei 
nachfolgender Modellberechnung wurde konservativ ein um 20 Prozent 
niedrigerer Kaufpreis gegenüber dem Bruttolistenpreis für einen 
Arbeitnehmer mit einem Steuersatz von 40 Prozent + Entfernung von 
Wohnort zum Arbeitsplatz von 30 Kilometer zugrunde gelegt.
Dienstwagen/Modell   Preis          PS    g CO2/km    Subvention/Jahr
VW Golf TDI 
Blue Motion           21.025 EUR   105    99           384 EUR
BMW 520d             39.950 EUR   194   132           730 EUR
Mercedes S 350 CDI    73.720 EUR   235   199         1.348 EUR
BMW M5               94.700 EUR   507   357         1.733 EUR
Mercedes S 65 AMG    222.768 EUR   612   346         4.056 EUR
Seit Jahren fordern dagegen die Deutsche Umwelthilfe und andere 
Umweltorganisationen, das deutsche "Dienstwagenprivileg", also die 
beispiellose Subvention der Anschaffung von Dienstwagen, auf 
klimaverträgliche Fahrzeuge zu beschränken beziehungsweise wie in 
Großbritannien, Frankreich und anderen EU-Mitgliedsstaaten, hohe 
Strafsteuern für Klimakiller zu verlangen. Die von VDA-Präsident 
Wissmann geforderte Regelung führt zum glatten Gegenteil, nämlich zu 
einem zusätzlichen Steuergeschenk an Dienstwagennutzer, die sich für 
besonders klimaschädliche Fahrzeuge entscheiden.
Der DUH-Bundesgeschäftsführer schlug vor, die 
Dienstwagenbesteuerung insgesamt nach ökologischen Gesichtspunkten zu
reformieren. Dazu müsse ein an Schadstoffklassen, Spritverbrauch und 
Klimagasemissionen orientiertes Steuersystem eingeführt werden. Eine 
steuerliche Abzugsfähigkeit von Dienstwagen für Unternehmen könne es 
in Zeiten des Klimawandels nur für Fahrzeuge geben, die den 
CO2-Zielwert der EU für 2008 in Höhe von 140 Gramm CO2 pro Kilometer 
(g CO2/km) einhalten. Alle neu angeschafften, dienstlich genutzten 
Spritschlucker, die darüber liegen, dürften vom Staat nicht mehr über
die Absetzbarkeit als Betriebsausgaben subventioniert werden. Dies 
sollte sowohl für die Anschaffung wie auch für die laufenden 
Unterhaltskosten gelten. Darüber hinaus fordert die DUH die 
Beibehaltung des Bruttolistenpreises als Berechnungsgrundlage für die
Besteuerung.
"Nachdem einige Landesumweltminister bereits seit Jahren und ab 
diesem Sommer auch Bundeswirtschaftsminister Brüderle mit dem 140 
Gramm-Zielwert der EU klar kommen, ist dies auch dem gemeinen 
Dienstwagennutzer in Deutschland zuzumuten. Wer sich zukünftig gegen 
den Klimaschutz und für übermotorisierte Fahrzeuge entscheidet, darf 
nicht erwarten, dass er hierfür auch noch mit Steuermitteln gefördert
wird", sagte Resch (s. DUH-PM vom 25.2.2010 unter www.duh.de).
Andere europäische Länder sind bereits mit gutem Beispiel 
vorangegangen: Die Niederlande belohnen Arbeitnehmer, die 
spritsparende Dienstwagen unter 110 g CO2/km (Benziner) bzw. 95 g 
CO2/km (Diesel) anschaffen, mit erheblichen Steuergeschenken und 
verlangen im Gegenzug hohe Strafsteuern für Spritschlucker. In 
Großbritannien wird die Dienstwagensteuer anhand des 
Fahrzeug-Listenpreises und auf Basis der CO2-Emissionswerte 
ermittelt. Für Fahrzeuge mit einem Ausstoß von bis zu 135 g CO2/km 
müssen 10 Prozent des Listenpreises als Zulassungssteuer bezahlt 
werden; emittiert das Fahrzeug mehr als 235 g CO2/km, sind es sogar 
35 Prozent. In Frankreich werden für Klimakiller bei der Zulassung 
Strafsteuern von bis zu 7.000 EUR fällig. Auch viele andere EU-Länder
haben CO2-Komponenten in die Pkw- und Dienstwagenbesteuerung 
eingeführt.
Resch forderte Bundesregierung und Bundestag auf, nicht erneut dem
Druck der Autoindustrie nachzugeben. "Eine Dienstwagen-Besteuerung, 
die in Zeiten des sich verstärkenden Klimawandels und der 
Rekordverschuldung der öffentlichen Etats die skandalöse 
Privilegierung schwerer Dienstlimousinen auf die Spitze treibt, ist 
der Bevölkerung nicht vermittelbar. Sie ist einfach nicht zeitgemäß."
Unter folgendem Link steht unser Hintergrundpapier zum Download 
bereit: 
http://www.presseportal.de/go2/duh.de/pressemitteilung

Pressekontakt:

Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer, Hackescher Markt 4, 10178 Berlin
Mobil: 0171 3649170, resch@duh.de

Ulrike Bickel, Stellvertretende Leiterin Verkehrsbereich, Hackescher
Markt 4, 10178 Berlin, Tel.: 030 2400867-72, Mobil: 0151 16225862,
E-Mail: bickel@duh.de

Dr. Gerd Rosenkranz, Leiter Politik und Presse, Hackescher Markt 4,
10178 Berlin, Mobil: 0171 5660577, Tel.: 030 2400867-21,
Fax: 030 2400867-19, E-Mail: rosenkranz@duh.de

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