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Neuer Schalter für programmierten Zelltod identifiziert

TECHNISCHE UNIVERSITÄT MÜNCHEN

PRESSEMITTEILUNG

Erfolgreiche Grundlagenforschung an der TUM für die Bekämpfung von schweren Erkrankungen

Neuer Schalter für programmierten Zelltod identifiziert

  • Wissenschaft lernt von Methoden der Natur
  • Möglicher Nutzen für künftige Therapien gegen Krebs und Alzheimer
  • Gemeinsame Forschung von TUM und Helmholtz Munich

Beim Kampf gegen Erkrankungen ist der sogenannte programmierte Zelltod – auch Apoptose genannt – eine zentrale Schutzfunktion des Körpers. Damit werden Zellen abgebaut, die beschädigt oder gefährlich verändert sind. Krebszellen gelingt es jedoch häufig, diesen Mechanismus außer Kraft zu setzen. Einem Forschungsteam der Technischen Universität München (TUM) ist es nun gelungen, einen neuen molekularen Schalter in diesem Prozess zu identifizieren und seine Funktionsweise aufzuklären.

Die Aktivierung und Deaktivierung der Apoptose ist ein vielversprechendes Forschungsfeld in der biomedizinischen Grundlagenforschung. Das Team um Prof. Franz Hagn von der Professur für Strukturelle Membranbiochemie an der TUM School of Natural Sciences, hat nun einen neuen Schalter entdeckt: „Viele Forschungsteams weltweit befassen sich mit dem spannenden Thema Apoptose und ihrer gezielten Steuerung. Der große Vorteil: Wir haben es hier mit einem hoch effizienten, evolutionär entstandenen Regelmechanismus zu tun. Wir müssen also nicht etwas komplett Neues entwickeln, sondern können uns mit den geeigneten strukturellen Methoden die optimierten Prozesse von der Natur abschauen.“

Zellulärer Mechanismus genau beschrieben

Damit sich gesunde Zellen nicht aus Versehen selbst vernichten, ist das System der Apoptose sehr ausbalanciert. Die Forschenden konnten zeigen, dass das Protein Bcl-xL, eine Apoptose-Bremse, die Überreaktionen verhindert, bei Bedarf von einem VDAC1 genannten anderen Protein außer Kraft gesetzt werden kann. Die Aktivierung dieses essenziellen Proteins in den Mitochondrien, den Kraftwerken der Zelle, erfolgt vor allem durch erhöhten Zellstress, der ein Hinweis auf eine Fehlentwicklung der Zelle sein kann. VDAC1 klappt dann einen Teil seiner Struktur aus, verbindet ihn mit Bcl-xL und deaktiviert damit die Bremse.

Dr. Umut Günsel und Dr. Melina Daniilidis, gemeinsame Erstautoren der Studie im Team von Prof. Hagn am Bayerischen NMR Zentrum, das von TUM und Helmholtz Munich gemeinsam getragen wird, betonen: „Bei unserer Studie haben wir mit hochauflösenden Strukturmethoden wie Kernspinresonanz (NMR), Röntgenkristallographie und Kryo-Elektronenmikroskopie untersucht, wie sich das Protein VDAC1 bei Stressbedingungen verändert. Zusätzlich kombinierten wir diese Daten mit biochemischen funktionalen Experimenten, um zu zeigen, dass VDAC1 tatsächlich an das Bremsprotein Bcl-xL bindet und dadurch Apoptose fördert.“

Medizinische Nutzbarkeit noch offen

Dieser nun verstandene Regelmechanismus eröffnet Möglichkeiten für die Suche nach Wirkstoffen, die das Verhalten von VDAC1 beeinflussen könnten. In der Krebstherapie zum Beispiel könnten künftige Medikamente gezielt die Aktivierung verstärken und damit Krebszellen in den Zelltod treiben. Bei neurodegenerativen Krankheiten wie Alzheimer oder Parkinson wäre es umgekehrt. Dort könnte man versuchen, den ungewollten Tod von Nervenzellen zu blockieren. Und auch bei bestimmten Herzerkrankungen wie einem Ischämie-Reperfusions-Schaden könnte die Deaktivierung von VDAC1 hilfreich sein.

Bis zu einer möglichen klinischen Anwendung dieser neuen Erkenntnisse ist es jedoch noch ein weiter Weg. Die Suche nach entsprechenden Wirkstoffen kann jetzt aber beginnen. Ob sie erfolgreich sein wird, ist völlig offen und wird sich nach weiterführenden Experimenten zeigen.

Publikation:

Melina Daniilidis, Umut Günsel, Robert Janowski, Kai Fredriksson, Georgios Broutzakis, Kira D. Leitl, Dierk Niessing, Christos Gatsogiannis & Franz Hagn: Structural basis of apoptosis induction by the mitochondrial voltage-dependent anion channel, erschienen in Nature Communications, 27.10.2025, https://doi.org/10.1038/s41467-025-65363-1

Weitere Informationen:

Zusatzinformationen für Redaktionen:

Foto zum Download: https://mediatum.ub.tum.de/1835150

Wissenschaftlicher Kontakt:

Prof. Dr. Franz Hagn

Technische Universität München

TUM School of Natural Sciences

Lab of Structural Membrane Biochemistry

Bavarian NMR Center (BNMRZ)

+49 89 289 52624

franz.hagn@tum.de

Kontakt im TUM Corporate Communications Center:

Ulrich Meyer

Pressesprecher

+49 89 289 22779

ulrich.meyer@tum.de

www.tum.de

Die Technische Universität München (TUM) ist mit rund 700 Professuren, 53.000 Studierenden und 12.000 Mitarbeitenden eine der weltweit stärksten Universitäten in Forschung, Lehre und Innovation. Ihr Fächerspektrum umfasst Informatik, Ingenieur-, Natur- und Lebenswissenschaften, Medizin, Mathematik sowie Wirtschafts- und Sozialwissenschaften. Sie handelt als unternehmerische Universität und sieht sich als Tauschplatz des Wissens, offen für die Gesellschaft. An der TUM werden jährlich mehr als 70 Start-ups gegründet, im Hightech-Ökosystem München ist sie eine zentrale Akteurin. Weltweit ist sie mit dem Campus TUM Asia in Singapur sowie Büros in Brüssel, Mumbai, Peking, San Francisco und São Paulo vertreten. An der TUM haben Nobelpreisträger und Erfinderinnen und Erfinder wie Rudolf Diesel, Carl von Linde und Rudolf Mößbauer geforscht. 2006, 2012 und 2019 wurde sie als Exzellenzuniversität ausgezeichnet. In internationalen Rankings wird sie regelmäßig als beste Universität in der Europäischen Union genannt.

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