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Klimaneutralität 2040: Erste soziale Vermieter denken über den Verkauf von Wohnungen nach

81/2025

VNW-Direktor Andreas Breitner: Eine Umfrage unter VNW-Unternehmen ergab, dass Investitionen infolge verschärfter Klimaschutzauflagen erheblich teurer werden und das dafür notwendige Geld nur durch einen Verkauf aufgebracht werden kann.

Kiel. Erste gemeinwohlorientierte Vermieter denken angesichts der Verschärfung gesetzlicher Klimaschutzauflagen über den Verkauf eigener Wohnungen nach.

„Vor allem die mit einem Vorziehen von Klimaneutralität verbundenen höheren Investitionen zwingen erste soziale Vermieter dazu, sich von einigen Wohnungen zu treffen“, sagt Andreas Breitner, Direktor des Verbands norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW). „Da die (bislang bezahlbaren) Mieten üblicherweise die einzige Einnahmequelle für Investitionen sind, benötigen die Unternehmen die einmaligen Verkaufserlöse, um den gesetzlichen Anforderungen Rechnung zu tragen.“

Das ist das Ergebnis einer Umfrage unter den schleswig-holsteinischen VNW-Mitgliedsunternehmen, die in der dritten und vierten Oktoberwoche durchgeführt wurde. „Demnach summiert sich gegenwärtig die Zahl der möglichen Verkäufe auf bis zu 800 Wohnungen“, sagt VNW-Direktor Andreas Breitner. „Das mag angesichts von rund 110.000 Wohnungen, die VNW-Unternehmen im Land besitzen, auf den ersten Blick nach nicht viel klingen. Aber für die betroffenen Mieterinnen und Mieter dürfte sich die Sache anders darstellen.“

Klimaschutzpläne der Landesregierung sind (zu) teuer

Hintergrund der möglichen Verkaufsentscheidungen ist der Plan der schwarz-grünen Landesregierung, nach dem Schleswig-Holstein bereits im Jahr 2040 klimaneutral sein soll. Die Bundesregierung will das Ziel erst im Jahr 2045 erreichen, die Europäische Union sogar erst im Jahr 2050.

„Mit anderen Worten: Wohnungsunternehmen in Schleswig-Holstein müssen spätestens in 15 Jahren ihre Bestände so bewirtschaften, dass in Summe keine klimaschädlichen Treibhausgasemissionen mehr verursacht werden“, so der Verbandsdirektor. „Das bedeutet massive Investitionen, die allein durch Mieterhöhung von bis zu vier Euro pro Quadratmeter Wohnfläche nicht aufgebracht werden können.“

Wohnungsunternehmen müssten bis 2040 sehr hohe Investitionen für die Klimaneutralität erbringen, das könnten bei einem mittelgroßen Unternehmen schnell 300 Millionen Euro sein, so der VNW-Direktor. "Diese sind bislang in Planung für Kapazitäten und Finanzierung möglichst gleichmäßig auf 15 Jahre verteilt, derzeit also 20 Millionen Euro pro Jahr. Davon sind etwa 25 Prozent Eigenkapital (etwa fünf Millionen Euro jährlich), wenn der Cashflow das hergibt, der Rest ist Fremdkapital. Mehr als diesen Anteil geben die Banken nur gegen deutliche Zinsaufschläge dazu. Der Eigenkapitalanteil aus dem Cashflow erfordert fünf Millionen Euro jährlich. Um dieses aufzubringen, gibt es nur zwei Möglichkeiten: Die Mieten erhöhen oder Wohnungsbestände verkaufen. Bei einem Verkauf habe ich die Sorge, dass Unternehmen die Wohnungen erwerben, die sich als Vermieter nicht gemeinwohlorientiert verhalten."

Dem Ergebnis der Umfrage zufolge befinden sich Wohnungsunternehmen, deren Bestände an einem Fern- zw. Nahwärmenetz angeschlossen sind, in einer etwas besseren Situation, zumal VNW-Unternehmen in den vergangenen rund 30 Jahren regelmäßig in die Energieeffizienz ihrer Gebäude investierten „und so nicht bei Null anfangen“, sagt Andreas Breitner.

Höhere Landesförderung unverzichtbar

Die sozialen Vermieter gehen davon aus, dass die Kieler Landesregierung zu ihrer bereits hohen öffentlichen Förderung des Baus bezahlbarer Wohnungen – derzeit werden jährlich rund 400 Millionen Euro zur Verfügung gestellt – weitere umfangreiche Millionenbeträge für die energetische Sanierung von Wohnraum zur Verfügung gestellt werden müssen.

„Die frühere Aussage von Landesumweltminister Tobias Goldschmidt, dass er nicht wisse, woher das zusätzliche Fördergeld kommen solle, wird nicht zu halten sein“, sagt VNW-Direktor Andreas Breitner. „Auch beim Thema Klimaneutralität gilt: ‚Wer bestellt, der muss auch bezahlen‘. Was nicht geht: die Klimaschutzauflagen zu verschärfen, sich anschließend in die Büsche zu schlagen und die Mieterinnen und Mietern die Zeche tragen zu lassen.“

Verkauf von Wohnungen nur der letzte Ausweg

VNW-Unternehmen seien langfristig handelnde Vermieter, sagt VNW-Direktor Andreas Breitner. „Sie haben ihre Bestände in den vergangenen 125 Jahren aufgebaut – ursprünglich mit der Absicht, diese dauerhaft zu behalten und zu bezahlbaren Preisen zu vermieten. Der Verkauf von Wohnungen gehört eigentlich nicht zum Geschäftsmodell sozialer Vermieter. Wenn diese jetzt keinen anderen Ausweg als den Verkauf mehr sehen, um Klimaschutzinvestitionen stemmen zu können, dann sollte das für die politisch Handelnden ein Alarmzeichen sein.“

Am Ende seien Klimaschutz und bezahlbarer Wohnraum zwei Seiten einer Medaille, so Andreas Breitner. „Wenn nun aber die Klimaschutzauflagen massiv verschärft werden, geht das zu Lasten der Bezahlbarkeit von Mieten. Wer in diesem Zusammenhang den Vorwurf erhebt, das eine würde gegen das andere ausgespielt, der beweist zum einen mangelnden ökonomischen Sachverstand und will zum anderen die Auswirkungen verschärften Klimaschutzes verschleiern.“

VNW-Direktor Andreas Breitner weist zudem darauf hin, dass viele Unternehmen erst am Anfang ihrer Kostenbewertungen stehen. „Vieles ist noch unklar, so dass sich die Einschätzungen, inwieweit der Verkauf von Wohnungen notwendig ist, in den kommenden Jahren noch ändern können.“

Der Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW) vertritt in Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein insgesamt 472 Wohnungsgenossenschaften und Wohnungsgesellschaften. In den von ihnen verwalteten 775.000 Wohnungen leben rund zwei Millionen Menschen. Die durchschnittliche Nettokaltmiete pro Quadratmeter liegt bei den VNW-Unternehmen bei 6,74 Euro. Der VNW ist der Verband der Vermieter mit Werten.

V.i.S.P.: Oliver Schirg, Verband Norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW), Referat Kommunikation, Telefon: +49 40 52011 226, Mobil: +49 151 6450 2897, Mail: schirg@vnw.de

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