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Gesünderes Licht für Schichtarbeit

Gesünderes Licht für Schichtarbeit
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Künstliches Licht in der Nacht und Mangel an Tageslicht verschlechtern die Gesundheit und das Wohlbefinden von Schichtarbeitern. Ein HM-Forschungsteam entwickelte ein Beleuchtungs- und Automatisierungssystem für gesündere Lichtverhältnisse in der industriellen Produktion.

München, 31. Januar 2022 – Natürliches Tageslicht synchronisiert als Zeitgeber täglich die innere Uhr und beeinflusst unter anderem über das Hormon Melatonin die Schlafqualität. Durch den Einsatz künstlichen Lichts nimmt die Notwendigkeit ab, den natürlichen Schlaf-Wach-Rhythmus einzuhalten. Eine mögliche Folge: Die innere Uhr kommt „aus dem Takt“, was man auch als Chronodisruption bezeichnet. Insbesondere Langzeit-Nachtschichtarbeiter sind vermehrt künstlichen Lichtquellen zu ungünstigen Tageszeiten ausgesetzt und tragen dadurch ein erhöhtes Risiko für Chronodisruption. Die Folgen können unter anderem Störungen der Leistungsfähigkeit, des Stoffwechsels, und des Herz-Kreislauf-Systems sein. Für gesündere Lichtverhältnisse entwarfen die HM-Wissenschaftler Johannes Zauner und Prof. Dr. Herbert Plischke von der Fakultät für angewandte Naturwissenschaften und Mechatronik mit dem Lichtplanungsbüro 3lpi ein Lichtsystem für Schichtarbeiter in der industriellen Produktion.

Berücksichtigung der Effekte nicht-visuellen Lichts am Schichtarbeitsplatz

Neben den Wirkungen des visuell wahrnehmbaren Lichts, hat auch nicht-visuelle Strahlung gesundheitliche Effekte, wie etwa die Steuerung des zirkadianen, das heißt des tageszeitabhängigen Rhythmus und des Schlaf-Wach-Rhythmus. Jene beeinflusst auch die kognitive Leistungsfähigkeit. Verantwortlich für die Aufnahme nicht-visueller Strahlung sind lichtsensible Ganglienzellen in der Retina des Auges, die für blaues Licht empfindliches Melanopsin enthalten. Bei der Entwicklung eines neuen Beleuchtungssystems für Schichtarbeitende integrierte das HM-Team den aktuellen Wissensstand über diese nicht-visuellen Strahlungseffekte: Zunächst erfassten die Forscher die Beleuchtung einer Produktionsstätte in einer etwa 130 Quadratmeter großen Industriehalle auf nicht-visuelle sowie grundlegende, visuelle Aspekte. Dazu gehören die nicht-visuellen Reizstärke in Augenhöhe der Arbeitnehmer (MEDI) sowie die horizontale Beleuchtungsstärke in ihrem Arbeitsbereich, ein Maß für die Arbeitsplatzhelligkeit.

3lpi- und HM-Team entwickeln Leuchte „Drosa“ mit dosierbarem Licht

Auf Basis ihrer Untersuchungen entwickelten die Projektpartner die Zwei-Komponenten-Leuchte „Drosa“, eine Kombination von zwei blendfreien LED-Leuchten mit, in ihrem Winkel verstellbaren, Flügeln. Ein individuell programmiertes Automatisierungssystem steuert bei Drosa die Lichtdosierung und den zeitlichen Ablauf des Strahlungsspektrums während des Tages und der Nacht. Durch die Automation wird das Lichtspektrum, die Bestrahlungsstärke und der Raum- und Einfallswinkel durch die Relation der Komponenten zueinander aufeinander abgestimmt – diese sind alle Einflussfaktoren für die nichtvisuelle Reizstärke. Die Leuchtenflügel können frei in jedem Winkel zwischen Null und 90 Grad verstellt werden.

Weniger Anstrengung beim Arbeiten

Drosa verringert die kognitive Anstrengung beim Arbeiten. Ist der nichtvisuelle Reiz am Morgen hoch, wird die innere Uhr auf den normalen Tagesablauf synchronisiert und Mitarbeiter werden schneller wach und aufmerksam. Das erfolgt durch einen hohen Blauanteil im kalt-weißen Licht der LED-Strahler. Am Abend wird der nichtvisuelle Reiz auf den Mitarbeiter hingegen minimiert, während das Werkstück dagegen heller beleuchtet wird als es bei der Bestandsbeleuchtung der Fall war. Im Ergebnis wird die innere Uhr des Menschen und damit auch seine hormonellen Rhythmen durch Langzeitnachtschicht nur noch minimal verschoben. Das trägt zu einem guten Schlaf nach der Arbeit und einer erhöhten Langzeitgesundheit bei.

Lichtsystem Drosa in vielfältigen Branchen mit Schichtarbeit anwendbar

„Das wichtige Ziel ist es, den zirkadianen Rhythmus von Arbeitnehmern in den Schichten zu stärken und zu stabilisieren und somit der Chronodisruption entgegenzuwirken“, so Zauner und Plischke. Das Prinzip der Leuchte Drosa und des nicht-visuellen Simulationsverfahren könnten aber nicht nur für die Schichtarbeit in der Industrie zur Anwendung kommen, sondern auch bei nächtlicher Büroarbeit, in Pflegeheimen und anderen Arbeitsbereichen, in denen die negativen Folgen von Schichtarbeit für die Nutzer gemildert werden sollen.

Realisiert wurde das Forschungsprojekt der HM im Zeitraum 2018-2021, initiiert von der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft (VBG), in Kooperation mit dem Unternehmen RHI Magnesita und dem Lichtplanungs- und Ingenieurbüro 3lpi lichtplaner + beratende Ingenieure.

Johannes Zauner

Johannes Zauner ist seit 2015 wissenschaftlicher Mitarbeiter der Hochschule München und promoviert seit 2018 in Kooperation mit der LMU in Humanbiologie mit dem Fokus „Licht und Gesundheit“. Darüber hinaus ist er freier Partner des Münchner Lichtplanungs- und Ingenieurbüros 3lpi, Mitglied und Sprecher des technisch-wissenschaftlichen Ausschuss (TWA) der Deutschen Lichttechnischen Gesellschaft (LiTG) für melanopische Lichtwirkungen, sowie Mitglied des Expertenforum Innenbeleuchtung (EFI).

Prof. Dr. Herbert Plischke

Herbert Plischke ist seit 2013 Professor an der Fakultät für Angewandte Naturwissenschaften und Mechatronik der Hochschule München mit dem Fachgebiet „Licht und Gesundheit“ und Medizintechnik, seit 2021 ist er Lehrbeauftragter der HM. Plischke ist außerdem Mitglied im Normungsausschuss DIN FNL 27 „Licht und Gesundheit“, im Ethikbeirat eines Demenzzentrums, Fellow im Netzwerk „Ageing Research“ der Universität Heidelberg sowie im Beirat des Instituts für Qualität in der Pflege (IQP).

Gerne vermitteln wir einen Interviewtermin mit Johannes Zauner und Prof. Dr. Herbert Plischke.

Kontakt: Amanda Shala T 089 1265-1920 oder per Mail.

Publikationen

Zauner, J.; Plischke, H. Designing Light for Night Shift Workers: Application of Nonvisual Lighting Design Principles in an Industrial Production Line. Appl. Sci. 2021, 11, 10896. https://doi.org/10.3390/app112210896

50|200 Years Applying Science
Unter diesem Motto feiert die Hochschule München (HM) ein doppeltes Jubiläum. 50 Jahre, da die HM im Jahr 1971 aus sieben Münchner Ingenieurschulen und höheren Fachschulen als Fachhochschule München (FH) gegründet wurde. 200 Jahre, weil die Baugewerkschule – mit der Feiertagsschule als Vorgängerin – als Vorläuferinstitution der Fakultäten für Architektur, Bauingenieurwesen und Geoinformation vor 200 Jahren ihren regulären Vorlesungsbetrieb aufnahm. Alle Informationen zu Jubiläumsprojekten und -veranstaltungen im Wintersemester 2021/22 sind auf der Jubiläums-Webseite der HM unter hm.edu/jubilaeum zu finden.
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Die  Hochschule München ist mit rund 500 Professorinnen und Professoren, 750 Lehrbeauftragten und rund 18.000 Studierenden eine der größten Hochschulen Deutschlands. In den Bereichen Technik, Wirtschaft, Sozialwissenschaften und Design bietet sie über 85 Bachelor- und Masterstudiengänge an. Exzellent vernetzt am Wirtschaftsstandort München, pflegt sie enge Kontakte zur Berufspraxis und engagiert sich in anwendungsbezogener Lehre und Forschung. Die Hochschule München wurde bei EXIST III, IV und EXIST Potentiale als Gründerhochschule ausgezeichnet. Neben Fachkompetenzen vermittelt sie ihren Studierenden unternehmerisches und nachhaltiges Denken und Handeln. Ausgebildet im interdisziplinären Arbeiten und interkulturellen Denken sind ihre Absolventinnen und Absolventen vorbereitet auf eine digital und international vernetzte Arbeitswelt. In Rankings zählen sie zu den Gefragtesten bei Arbeitgebern in ganz Deutschland.