All Stories
Follow
Subscribe to Leibniz-Institut für Bildungsverläufe

Leibniz-Institut für Bildungsverläufe

Interview zum Weltflüchtlingstag am 20.6.: "Integration passiert nicht von allein" - Was das deutsche Bildungssystem jetzt braucht

Interview zum Weltflüchtlingstag am 20.6.: "Integration passiert nicht von allein" - Was das deutsche Bildungssystem jetzt braucht
  • Photo Info
  • Download

Pressemitteilung zum Weltflüchtlingstag am 20. Juni 2025

„Integration passiert nicht von allein“ – Wo stehen wir bei der Integration Geflüchteter in Kita und Schule?

Wie gelingt Integration, wenn Tausende geflüchtete Kinder und Jugendliche auf ein Bildungssystem treffen, das auf deren Ankunft kaum vorbereitet ist? Anlässlich des Weltflüchtlingstags der Vereinten Nationen am 20. Juni sprechen die Bildungsforscherinnen Dr. Jutta von Maurice und Dr. Gisela Will vom Leibniz-Institut für Bildungsverläufe (LIfBi) über Erfolge, Defizite und Lehren aus fast 10 Jahren Forschung dazu – und erklären, warum sich die Erfahrungen aus ihren Erhebungen nicht einfach auf die Situation der geflüchteten Ukrainerinnen und Ukrainer in Deutschland übertragen lassen.

Die Forscherinnen leiten am LIfBi seit 2016 Längsschnittstudien zur Bildungsintegration Geflüchteter in Deutschland. Die Daten von 7 der insgesamt 9 Erhebungen stehen für wissenschaftliche Auswertungen bereits zur Verfügung und bilden eine einzigartige Datenbasis über die Situation von geflüchteten Kindern und Jugendlichen im deutschen Bildungssystem.

„Die Kitas und Schulen haben sich einer Riesenherausforderung gestellt und heute wissen wir, dass sie Enormes geleistet haben“, sagt Dr. Gisela Will. So besuchen 80 Prozent der geflüchteten Kinder aus der Stichprobe der LIfBi-Studien nach rund zweieinhalb Jahren Aufenthalt in Deutschland eine Kindertageseinrichtung – ein hoher Wert, der aber trotzdem unter dem Durchschnitt anderer Kindergruppen liegt. Der Zugang scheitere häufig schlicht daran, dass Eltern keinen Platz für ihr Kind finden. Auch in der Grundschule sei das Bild gemischt: „Wir sehen, dass knapp 7 Prozent der Kinder separate Klassen für Neuzugewanderte besuchen“, so Will. Eine gezielte Sprachförderung im Vorschulalter sei hingegen nur bei rund 30 Prozent erfolgt – zu wenig, wie sie betont.

Dr. Jutta von Maurice verweist auf die andauernden Defizite im Spracherwerb. Die geflüchteten Kinder holen bei den Deutschkenntnissen zwischen den Testzeitpunkten zwar auf, aber sie schließen zu den einheimischen Kindern nicht auf. „Die Sprachförderung ist definitiv der Knackpunkt“, sagt sie und ergänzt: „Die pädagogischen Fachkräfte in Kindergärten und Schulen müssen gezielt unterstützt werden in den Aufgaben, die wir ihnen als Gesellschaft übertragen.“

Auf die Geflüchteten aus der Ukraine sind die Erkenntnisse aus den LIfBi-Studien jedoch nur bedingt übertragbar. Beispielsweise waren die Bildungsbiografien dieser Gruppe durch die Flucht weniger stark unterbrochen. Gleichzeitig sei das Bildungssystem in Deutschland besser vorbereitet gewesen als es Mitte der 2010er Jahre der Fall war.

Die Forscherinnen fordern, Integration nicht dem Zufall zu überlassen. Von Maurice betont: „Die Gesellschaft in Deutschland wird immer heterogener und dies spiegelt sich auch in den Klassenzimmern und Kindertageseinrichtungen wider. Eine bessere Ausstattung der Bildungseinrichtungen mit gut qualifiziertem Personal würde nicht nur geflüchteten, sondern allen Kindern und Jugendlichen in unserem Land zugutekommen.“

Das komplette Interview mit Dr. Jutta von Maurice und Dr. Gisela Will ist hier zu finden und für den Abdruck freigegeben. Das Interview führte Iris Meyer im Juni 2026.

Über die Studien

Die Studien „ReGES – Refugees in the German Educational System“ (abgeschlossen) und „Bildungswege von geflüchteten Kindern und Jugendlichen“ (laufend) wurden bzw. werden bislang vom Bundesministerium für Bildung und Forschung – jetzt Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt – gefördert. Sie begleiten mehr als 4.800 geflüchtete Kinder und Jugendliche und liefern einzigartige Daten zur Integration Geflüchteter in und durch das deutsche Bildungssystem.

Über das Leibniz-Institut für Bildungsverläufe (LIfBi)

Das Leibniz-Institut für Bildungsverläufe (LIfBi) in Bamberg untersucht Bildungsprozesse von der Geburt bis ins hohe Erwachsenenalter. Um die bildungswissenschaftliche Längs­schnittforschung in Deutschland zu fördern, stellt das LIfBi eine grundlegende, überregional und international bedeutsame, forschungsbasierte Infrastruktur für die empirische Bildungsforschung zur Verfügung. Kern des Instituts ist das Nationale Bildungspanel (NEPS), das am LIfBi beheimatet ist und die Expertise eines deutschlandweiten, interdisziplinären Exzellenznetzwerks vereint.

PRESSEKONTAKT:

Dr. Florian Mayer | Iris Meyer
Telefon: +49 951 700 60 400
Mobil: +49 172 911 82 84
E-Mail:  kommunikation@lifbi.de 

www.lifbi.de/Medienbereich

 WEITERFÜHRENDE LINKS:
  • Interview zum Weltflüchtlingstag [ DOC]
  • Interview zum Weltflüchtlingstag [ PDF]
  • Projekt ReGES [ Link]
  • Projekt BildungswegeFlucht [ Link]
Weiteres Material zum Download

Dokument:  Interview Weltflücht~cht von allein.docx
More stories: Leibniz-Institut für Bildungsverläufe
More stories: Leibniz-Institut für Bildungsverläufe