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Mängel bei Gesundheitsversorgung älterer Türkeipendlerinnen und -pendler

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Mängel bei Gesundheitsversorgung älterer Türkeipendlerinnen und -pendler

Auswertung von Bielefelder Forschenden mit der AOK Rheinland/Hamburg

Ältere türkeistämmige Versicherte weisen häufiger Unregelmäßigkeiten in der medizinischen und medikamentösen Versorgung auf als nicht-türkeistämmige. Das zeigt eine gemeinsame Auswertung der Fakultät für Gesundheitswissenschaften der Universität Bielefeld und der AOK Rheinland/Hamburg. Analysiert wurden Versichertendaten der Krankenkasse. Ein Fazit der Studie: Unzureichende Versorgung während längerer Türkeiaufenthalte könnte die Ursache für die Unregelmäßigkeiten sein.

Die Fakultät für Gesundheitswissenschaften der Universität Bielefeld hat gemeinsam mit der AOK Rheinland/Hamburg Versichertendaten aus den Jahren 2012 bis 2018 ausgewertet. Im Fokus stand die medizinische und medikamentöse Versorgung von älteren türkeistämmigen Menschen, die regelmäßig für mehrere Monate in die Türkei fahren.

Die sogenannten Pendelmigrantinnen und -migranten besuchen beispielsweise Familienmitglieder oder Freunde. So wichtig Pendelmigration für diese Menschen ist, so birgt sie laut den Autorinnen und Autoren der Studie das Risiko unregelmäßiger Versorgung bei chronischer Erkrankung. Beispielsweise gehen den Betroffenen Medikamente aus, die sie aufgrund fehlender Informationen oder fehlendem Versorgungszugang in der Türkei nicht weiter erhalten können.

Die Versichertendaten zeigen: Türkeistämmige Versicherte mit Diabetes mellitus oder Asthma bronchiale haben tatsächlich ab dem Rentenalter häufiger Zeiträume ohne Ärztinnen- und Ärztekontakt und Medikamentenverordnung. Pendelmigration ist eine mögliche Erklärung.

„Patientinnen und Patienten wissen oft nicht ausreichend über ihre Erkrankungen und die notwendigen Medikamente Bescheid“, sagt der Gesundheitswissenschaftler Professor Dr. med. Oliver Razum von der Universität Bielefeld, der die Studie leitete. „Die Hausärztinnen und Hausärzte befürchten Regressforderungen, wenn sie stabil eingestellten Patientinnen und Patienten für den Türkeiaufenthalt größere Packungen verschreiben.“ Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler empfehlen die Entwicklung von Kriterien, nach denen längerfristige Verordnungen durch die Hausärztinnen und Hausärzte möglich sind. Niedrigschwellige Informationsvermittlung zu erstattungsfähigen Versorgungsangeboten in der Türkei bilden neben der Aufklärung der Patientinnen und Patienten eine weitere Handlungsempfehlung.

„Die Erkenntnisse der Analyse zeigen, dass es großen Informationsbedarf gibt, damit Pendelmigration nicht zu gesundheitlichen Risiken und zu einer schlechteren medizinischen Versorgung führt“, sagt Frauke Repschläger, Beratungsapothekerin der AOK Rheinland/Hamburg. „Die regelmäßige Überprüfung von Gesundheitswerten und die richtige Medikation von chronisch erkrankten Menschen dienen auch dem Erhalt der Lebensqualität. Damit die medizinische Versorgung bei längeren Abwesenheiten vom Wohnort gesichert ist, müssen die Patientinnen und Patienten im Gespräch von ihren behandelnden Ärztinnen und Ärzten umfassend aufgeklärt und auf Risiken hingewiesen werden, die durch ausfallende Arztbesuche oder eine unzureichende Medikation entstehen“, betont Repschläger. „Wichtig ist dabei, dass die Botschaft bei den Patientinnen und Patienten ankommt und sie bei der Versorgung nicht alleine gelassen werden.“

Verglichen wurden die Daten von 30.560 türkeistämmigen Versicherten und 502.167 nicht türkeistämmigen Versicherten im Alter von 60 Jahren oder älter, die zwischen 2012 und 2018 dauerhaft bei der AOK Rheinland/Hamburg versichert waren. Geschlecht und Alter wurden dabei berücksichtigt. Kern war die Analyse der Versichertendaten in Hinblick auf die medizinische und medikamentöse Versorgung bei Diabetes mellitus, Asthma bronchiale, koronarer Herzkrankheit und arterieller Hypertone. Dazu wurde untersucht, ob bei Versicherten Quartale ohne ärztliche oder medikamentöse Versorgung, mit medikamentöser Überversorgung vorab und Aus- und späterer Neueinschreibung in Disease-Management-Programm (DMP) auftreten. So ließen sich Versorgungslücken erfassen, die unter anderem bei längeren Auslandsaufenthalten auftreten können.

Originalveröffentlichung:

Alex Stern, Nurcan Akbulut, Simone Schönfeld, Hürrem Tezcan-Güntekin, Ilknur Özer-Erdogdu, Meryem Aslan, Oliver Razum: Die Gesundheitsversorgung älterer türkeistämmiger Pendelmigrant*innen: qualitative Interviewstudie. Zeitschrift für Allgemeinmedizin, https://link.springer.com/article/10.1007/s44266-023-00096-2, erschienen am 9. August 2023.

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