All Stories
Follow
Subscribe to Universität Konstanz

Universität Konstanz

Ungleich, unfair, unreformiert? Gerechtigkeit im deutschen Rentensystem; PI Nr. 71/2025

Ungleich, unfair, unreformiert? Gerechtigkeit im deutschen Rentensystem; PI Nr. 71/2025
  • Photo Info
  • Download

One document

Ungleich, unfair, unreformiert? Gerechtigkeit im deutschen Rentensystem

Das deutsche Rentensystem steht zunehmend im Zentrum öffentlicher Debatten. Steigende Lebenserwartung, schrumpfende Erwerbsbevölkerung und wachsende soziale Ungleichheiten stellen das Umlageverfahren vor große Herausforderungen. Doch für wie gerecht halten Bürger*innen und Abgeordnete das Rentensystem? Ein Projekt des Exzellenzclusters „The Politics of Inequality“ an der Universität Konstanz ist dieser Frage auf den Grund gegangen.

Die Grundlage des deutschen Rentensystems ist der Generationenvertrag: Jüngere Erwerbstätige finanzieren die Renten der Älteren. Dieses Modell gerät durch die Alterung der Bevölkerung zunehmend unter Druck. Was vielen Menschen dabei nicht bekannt ist: Das deutsche Rentensystem ist so aufgebaut, dass die monatliche Rentenhöhe von Rentner*innen strikt proportional zu den während des Arbeitslebens insgesamt eingezahlten Beträgen ist, das sogenannte „Bismarck-System“.

Aber für wie gerecht halten Bürger*innen und politische Entscheidungsträger*innen dieses System? Mit dieser Frage beschäftigen sich Forschende des Exzellenzclusters „The Politics of Inequality“ an der Universität Konstanz. In der neuesten Ausgabe des frei verfügbaren In_equality magazins stellen die Forschenden ihre Ergebnisse aus dem Projekt „Political Elites and Inequality“ vor.

„Es zeigt sich, dass das von nahezu allen politischen Parteien für unantastbar erklärte Bismarck-Rentensystem weder von Bürger*innen noch von den befragten Landtagsabgeordneten für gerecht gehalten wird“, erklärt Friedrich Breyer, emeritierter Professor für Wirtschafts- und Sozialpolitik. „Zudem können wir anhand verschiedener Experimente aufzeigen, dass sich Parlamentarier*innen häufig schwertun, bestehende Formen ökonomischer Ungleichheit richtig einzuschätzen – ebenso wie die Gesamtgesellschaft in Deutschland“. Diese Befunde sind brisant für den Abgleich zwischen Bevölkerungswillen und politischem Handeln. „Unser Projekt lässt vermuten, dass Fehleinschätzungen des Bevölkerungswillens zu Diskrepanz zwischen den Wünschen der Wähler*innen und Politik führen können“, ergänzt Christian Breunig, Professor für Vergleichende Politikwissenschaft und Forschungsgruppenleiter.

Lesen Sie außerdem im In_equality magazin Nr. 8:

Fragen, Klicken, Agieren: Der Einfluss von Suchmaschinen auf unseren politischen Blick

Politische Informationen sind nur einen Klick entfernt – aber wer sucht tatsächlich danach? Eine Studie zeigt, dass Unterschiede in Bildung, Themenkomplexität und allgemeinem Onlineverhalten beeinflussen, wie Menschen mit politischen Inhalten im Netz interagieren. Suchmaschinen bestimmen, was wir lesen, was wir lernen – und letztlich, wie wir politisch partizipieren.

Ungleichheit und Protest im Schatten der Klimakrise

Klimawandel trifft den Globalen Süden besonders hart, doch Protest bleibt häufig aus. Warum das so ist, untersucht ein interdisziplinäres Forschungsprojekt mit Daten aus 87 Ländern und Fallstudien in Südafrika und Chile. Erste Erkenntnisse deuten auf folgenden Zusammenhang hin: Erst wo Umweltveränderung auf soziale Ungleichheit trifft, wird aus Betroffenheit politische Mobilisierung.

Weitere Themen im Heft:

  • 7 Jahre Forschung. Ein Rück- und Ausblick. Gespräch mit Marius R. Busemeyer, Claudia Diehl und Gabriele Spilker.
  • Ungleichheit im Quartier: Wie Nachbarschaft die Wahrnehmung prägt.
  • Unterschätzte Solidarität. Die öffentliche Unterstützung für globale Gesundheitspolitik ist ausgeprägter als von ihren Kritiker*innen behauptet.
  • Unter Gleichgesinnten. Unser Arbeitsumfeld wird immer homogener – mit Folgen für unsere Weltsicht.
  • Ein langer, steiniger Weg: Politische Ursachen anhaltender ökonomischer Ungleichheit.
  • Wenn der Wohnort entscheidet. Administrative Ungleichbehandlung in Deutschland.
  • Nicht schutzlos ausgeliefert. Die Rolle von Betriebsräten im digitalen Wandel.

Kreislauf politischer Ungleichheit

Im Zentrum der Forschung des Exzellenzclusters „The Politics of Inequality“ steht die Erforschung der politischen Ursachen und Folgen von Ungleichheit, die sich in drei ineinandergreifende Forschungsbereiche gliedert: Wahrnehmung von Ungleichheit (Perceptions), politische Partizipation (Participations) und Entscheidungsfindung (Policies). Dabei interessieren sich die Wissenschaftler*innen für die Wechselwirkungen zwischen der Wahrnehmung ungleich verteilter Ressourcen, der daraus resultierenden politischen Mobilisierung, den politischen Reaktionen und Maßnahmen zum Umgang mit ihnen und deren (langfristigen) Rückwirkungen auf die Verteilung von Ressourcen. Diesen drei Forschungsbereichen ist die achte Ausgabe des In_equality magazins gewidmet. Anlässlich des Endes der ersten Förderphase des Exzellenzclusters bietet es einen Überblick über die Forschung der letzten sieben Jahre am Cluster und wirft einen Blick auf die zweite Förderphase ab 2026.

Faktenübersicht

  • Originalpublikation: 7 Jahre Forschung. Ein Rück- und Ausblick. In_equality magazin Nr. 8. Exzellenzcluster „The Politics of Inequality“, Universität Konstanz.
  • Das In_equality magazin ist das Forschungsmagazin des Clusters. Die Texte sind nach Absprache mit der Redaktion frei zum Nachdruck. Es steht außerdem eine englische Version zur Verfügung: 7 Years of Research. Looking Back and Ahead.
  • Das Projekt „Political Elites and Inequality“ untersucht, wie politische Eliten Informationen über Ungleichheit erhalten, wie sie diese Informationen verarbeiten und wie sie Entscheidungen zu Umverteilungsmaßnahmen treffen.
  • Über die Autor*innen:
    • Christian Breunig ist Professor für Vergleichende Politikwissenschaft und Principal Investigator des Clusterprojekts „Political Elites and Inequality“.
    • Friedrich Breyer ist emeritierter Professor für Volkswirtschaftslehre und Principal Investigator des Clusterprojekts „Political Elites and Inequality“.
    • Wolfgang Gaissmaier ist Professor für Sozialpsychologie und Principal Investigator des Clusterprojekts „Political Elites and Inequality“.
    • Guido Schwerdt ist Professor für Wirtschaftswissenschaften und Principal Investigator des Clusterprojekts „Political Elites and Inequality“.
    • Maj-Britt Sterba ist Postdoktorandin im Clusterprojekt „Political Elites and Inequality“.
  • Methodik: Zentrales Erhebungsinstrument für die empirische Analyse war ein Fragebogen, der ca. 4.000 repräsentativ ausgewählten Bürger*innen online und 535 Abgeordneten aus acht Landtagen in persönlichen Video-Interviews vorgelegt wurde.
  • Der Exzellenzcluster „ The Politics of Inequality” an der Universität Konstanz erforscht aus interdisziplinärer Perspektive die politischen Ursachen und Folgen von Ungleichheit. Die Forschung widmet sich einigen der drängendsten Themen unserer Zeit: Zugang zu und Verteilung von (ökonomischen) Ressourcen, der weltweite Aufstieg von Populist*innen, Klimawandel und ungerecht verteilte Bildungschancen.
Kontakt:
Universität Konstanz
Kommunikation und Marketing
Telefon: + 49 7531 88-3603
E-Mail:  kum@uni-konstanz.de

- uni.kn

More stories: Universität Konstanz
More stories: Universität Konstanz