Der Tagesspiegel

Der Tagesspiegel: Anwälte: Handwerkliche Qualität der Gesetze wird immer schlechter

12.12.2006 – 13:19

Berlin (ots)

Berlin - Der Deutsche Anwaltsverein hat der
Koalition zunehmende Nachlässigkeit bei der Gesetzgebung vorgeworfen.
"Die handwerkliche Qualität ist ganz klar schlechter geworden", sagte
Vorstandsmitglied Ulrich Schellenberg dem Berliner "Tagesspiegel" 
(Mittwochsausgabe). Neue Gesetze müssten dringend sorgfältiger 
formuliert werden.
Das Eingreifen des Bundespräsidenten beim 
Verbraucherinformationsgesetz und der Koalitionsrückzieher beim 
Rauchverbot seien symptomatisch, meinte Schellenberg, der auch 
Vorsitzender des Berliner Anwaltvereins ist. In den 70er und 80er 
Jahren sei die Gesetzgebung "handwerklich deutlich besser gewesen". 
Seit der Wiedervereinigung benötige man aber immer mehr 
Änderungsgesetze, ständig seien Korrekturen einzuarbeiten. Für die 
handwerklichen Fehler müsse die Justiz geradestehen, sagte 
Schellenberg und nannte als Beispiel die Hartz-IV-Gesetze. Allein in 
Berlin hätten die Sozialgerichte hier monatlich über rund 1000 Klagen
zu befinden. An den Finanzgerichten, beim Steuerrecht, habe man sich 
an ständige Nachbesserungen "schon gewöhnt".
Für die Schludrigkeit bei den Gesetzen sieht Schellenberg zwei 
Gründe: Zum einen werde "an vielen Baustellen gleichzeitig 
gearbeitet"; Neuerungen müssten daher ständig miteinander verzahnt 
werden. Zum andern herrsche bei der Gesetzgebung inzwischen 
"unglaublicher Zeitdruck". Oft ziehe sich die politische Diskussion 
so lange hin, dass es bei der Umsetzung dann ganz schnell gehen 
müsse. "Die Abgeordneten haben wenige Tage, um die Entwürfe zu 
lesen", sagt Schellenberg, "oft winken sie sie nur noch durch". Und 
Expertenanhörungen - laut Schellenberg zur Behebung handwerklicher 
Fehler enorm wichtig - fänden wegen des Zeitdrucks oft gar nicht mehr
statt.
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