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Ärzte und Psychologen bei amnesty international: Bleiberecht für traumatisierte Flüchtlinge gefordert

Bonn (ots)

Arbeitskreis Medizin-Psychologie-Pflege von amnesty international
fordert angemessene Würdigung ärztlicher und psychologischer
Gutachten / Traumatisierten Flüchtlingen droht trotz medizinischer
Fachgutachten die Abschiebung / Kritik an polizeiärztlichen
Zweitgutachten in Berlin / Bundesweite Tagung in Bonn
Bei amnesty international engagierte Mediziner, Psychologen und
Pflegekräfte kritisieren die zunehmende Härte im Umgang mit
traumatisierten Kriegsflüchtlingen durch deutsche Sozial- und
Ausländerbehörden. "Gutachten behandelnder Ärzte und Psychologen
sowie von Spezialisten der Behandlungszentren für Folteropfer werden
von den Behörden mit fachlich nicht haltbaren Begründungen immer
öfter in Frage gestellt", ist der Allgemeinmediziner Johannes
Bastian, Sprecher des ai-Arbeitskreises Medizin-Psychologie-Pflege,
besorgt. amnesty international fordert ein Bleiberecht für alle
Flüchtlinge, denen schwere Traumatisierungen bescheinigt wurden und
die in Deutschland in Behandlung sind.
In Berlin hat der Innensenat angeordnet, alle entsprechenden
Gutachten über bosnische Kriegsflüchtlinge vom polizeiärztlichen
Dienst überprüfen zu lassen. Hierzu werden rund 800 traumatisierte
Flüchtlinge mit Angststörungen zwangsweise von Polizeiärzten zum
zweiten Mal untersucht. Dabei werden ihnen in der Regel nicht einmal
professionelle Dolmetscher zur Verfügung gestellt. Die
polizeiärztlichen Gutachten leugnen zumeist in sehr wenigen Sätzen
eine Traumatisierung. Dafür attestieren sie den Flüchtlingen fast
immer die Reisefähigkeit, was ihre Abschiebung ermöglicht. Sämtliche
vom Berliner Verwaltungsgericht in Auftrag gegebenen Drittgutachten
widersprachen der polizeiärztlichen Version und bestätigten die
fachärztliche Erstdiagnose.
Ebenso wie die Berliner Ärztekammer, der Berufsverband der
Deutschen Psychologinnen und Psychologen (BDP), der Deutsche Ärztetag
und die Behandlungszentren für Flüchtlinge und Folteropfer
verurteilen die Mediziner von amnesty international die
polizeiärztlichen Schnellgutachten als inakzeptabel. "Es kann nicht
sein, dass fachärztliche Gutachten pauschal in Frage gestellt werden,
um politisch umstrittene Abschiebungen durchzusetzen", sagt Bastian.
Stattdessen fordert er die Behörden auf, die Atteste von Fachärzten
und Psychologen im Rahmen ausländer- und aufenthaltsrechtlicher
Entscheidungen angemessen zu würdigen und zu berücksichtigen.
"Sollte es begründete Einzelfälle geben, in denen die Überprüfung
eines Gutachtens unerlässlich scheint, muss der Zweitgutachter über
jeden Vorwurf mangelnder Unabhängigkeit erhaben sein und über eine
fachliche Qualifikation für die Begutachtung von Traumatisierten
verfügen", fordert die Psychologin Birgit Möller, ebenfalls
Sprecherin des ai-Arbeitskreises. Deshalb fordert amnesty
international unter anderem eine Unabhängigkeit der Gutachter von
staatlichen Stellen.
Unabdingbare Voraussetzungen für eine professionelle Arbeit mit
traumatisierten Flüchtlingen sind neben der Kenntnis der
Folgesymptome schwerer Traumatisierung auch kulturspezifische
Kenntnisse sowie die Bereitstellung von qualifizierten Dolmetschern.
Retraumatisierende Faktoren müssen nach Ansicht der ai-Ärzte
unbedingt vermieden werden. "Wenn ein Flüchtling dazu gezwungen wird,
traumatisierende Erlebnisse zu schildern, steht das seinem
Heilungsprozess im Wege", konstatiert Birgit Möller. Wichtig für die
therapeutische Arbeit ist nach den Erfahrungen aller Ärzte und
Psychologen, die in diesem Bereich arbeiten, ein gesichertes
Aufenthaltsrecht. "Wer permanent Angst vor Abschiebung haben muss,
dessen Trauma kann vom besten Psychologen nicht behandelt werden",
begründet Möller die Forderung nach Bleiberecht für Flüchtlinge,
denen schwere Traumatisierungen bescheinigt wurden.
Zudem ist es überaus fraglich, ob Abgeschobene beispielsweise in
Bosnien-Herzegowina die erforderliche medizinische und psychologische
Betreuung erhalten können. Zudem droht ihnen dort unter Umständen
erneute Verfolgung.
Terminhinweis: Am kommenden Wochenende (20./21. Mai 2000) wird in
Bonn die 45. Tagung des Arbeitskreises Medizin-Psychologie-Pflege von
amnesty international stattfinden. Dort wird auch die Arbeit zu
traumatisierten Flüchtlingen auf der Tagesordnung stehen.
Wenn Sie Nachfragen oder Interviewwünsche haben, wenden Sie sich
bitte an:
amnesty international       + 49 - (0)228 - 98373-36 / - 0
- Pressestelle -            + 49 - (0)228 - 630036
53108 Bonn                  E-Mail:  presse@amnesty.de
                            Internet: www.amnesty.de

Original content of: Amnesty International, transmitted by news aktuell

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