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Bundesagentur wegen Schleichwerbung gerügt

Berlin (ots)

Die Bundesagentur für Arbeit (BA) wurde vom
deutschen Rat für Public Relations wegen kontinuierlicher 
Schleichwerbung in öffentlich-rechtlichen Sendern gerügt.
Nach den Recherchen des NDR-Medienmagazins ZAPP, dokumentiert in 
der Zeitschrift MESSAGE 3/2006, S. 43-47, hat die Bundesagentur für 
Arbeit (BA) Fernsehbeiträge bei den öffentlich-rechtlichen Sendern 
ZDF, RBB und MDR inhaltlich und finanziell unterstützt. Dabei 
handelte es sich um die Sendungen "Jobjournal" (MDR), "Arbeitsmarkt 
aktuell" (rbb) und "Volle Kanne Susanne" (ZDF). Dafür wurden von der 
BA in den Jahren 2004 und 2005 rund 350.000 Euro aufgewandt, was der 
Leiter der Öffentlichkeitsarbeit der BA John-Philip Hammersen in 
einem, nach Angaben der Zeitschrift "MESSAGE" schriftlich 
autorisierten Interview bestätigte.
Die Bundesregierung hat auf eine Kleine Anfrage zur "Finanzierung 
von Fernsehbeiträgen durch staatliche Behörden" (Bundestagsdrucksache
16/1553) vorgegeben, dass es sich hierbei um zulässige 
Produktionskostenzuschüsse gehandelt habe.
Das Urteil
Der PR-Rat erachtet die Zahlungen der BA als nicht transparente, 
gekaufte Themenplacements, die unter das Verdikt der Schleichwerbung 
fallen. Hätte es sich wie seitens der Bundesregierung behauptet um 
Produktionskosten-zuschüsse ohne thematische Absprachen mit den 
Sendern gehandelt, wären sie nach Auffassung des Rats ebenfalls zu 
beanstanden gewesen, weil sie für den Zuschauer nicht erkennbar 
gemacht, sondern verdeckt vorge-nommen wurden.
Schleichwerbung stellt eine unzulässige Form der 
Zuschauerbeeinflussung dar. Sie ist nicht nur durch die 
Rundfunkstaatsverträge verboten. Auch der PR-Code de Lisbonne (Art. 
4) und eine Verhaltensrichtlinie des DRPR zu Schleichwerbung und 
Product Placement gebieten offene und leicht als solche erkennbare 
Werbemaßnahmen. Der DRPR spricht daher gegen die BA wegen der nicht 
transparenten Platzierungen von Themen in Programmen verschiedener 
öffentlich-rechtlicher Fernsehsender eine offizielle Rüge aus.
Die Urteilsbegründung
Für Produktionskostenzuschüsse haben die Regeln des Sponsoring zu 
gelten: Sie müssen für Zuschauer transparent sein. Insofern haben die
Sender und der BA gegen die Haltung verstoßen, die die 
Bundesregierung selbst in ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage 
vorgab: "Bei der Durchführung dieser Öffentlichkeitsarbeit sind die 
vom Bundesverfassungsgericht hierzu entwickelten Grundsätze zu 
beachten." Diese Grundsätze betreffen, was in der Antwort der 
Bundesregierung nicht ausgeführt wurde, auch die erkennbare Trennung 
von Werbung und Programm.
Die BA selbst verweist in ihrer Antwort an den PR-Rat vom 3.11.06 
auf ihre gesetzliche Verpflichtung, im Rahmen ihrer Zuständigkeit die
Bevölkerung über deren Rechte und Möglichkeiten in 
allgemeinverständlicher Weise zu informieren. Ihre ausweichende 
Argumentation bringt auf den Punkt, was alle öffentlich-rechtlichen 
und alle gemeinnützigen Institutionen zugunsten ihrer 
Themenplatzierungen aussagen: Es geschähe im Interesse der 
Bevölkerung oder einzelner Bevölkerungsgruppen.
Hierzu ist anzumerken, dass auch die Offenlegung solcher 
Transaktionen im Interesse der Bevölkerung liegt. Kein gesetzlicher 
Auftrag zur Informierung von Bevölkerungen entbindet vom Einsatz 
redlicher Mittel. Eine durch nicht ersichtliche 
Finanzierungskonstruktionen erschlichene Botschaft ist auf unredliche
Weise zustande gekommen.
Nach Ansicht des Rates kommt dem Verstoß der BA gegen das 
Schleichwerbeverbot sogar eine besondere Schwere zu, da zwei 
staatliche Institutionen ohne erkennbares Unrechtsbewusstsein gegen 
das Gebot der Staatsferne des Fernsehens verstoßen haben - die eine 
aktiv und die andere befürwortend.
Ein besonderes Augenmerk richtete der PR-Rat dazu auf die Frage 
nach dem Einfluss der BA auf die redaktionelle Umsetzung der 
erwünschten Themen. Die Antwort der BA kam nicht von der Leitung PR 
und Öffentlichkeits-arbeit, sondern von ihrer Stabsstelle 
Datenschutz/ Justitiariat: "In welcher Form, mit welchem Inhalt und 
zu welchem Zeitpunkt die BA ihrer Informationsverpflichtung 
nachkommt, obliegt ihrem Gestaltungsspielraum." Die dazu genutzten 
sogenannten "Medienkooperationen" werden nach Auskunft der 
Stabsstelle "nicht im Rahmen von Public Relations, sondern als 
Informationsinstrument genutzt, um die Kunden der BA über relevante 
Themen rund um den Arbeitsmarkt zu unterrichten."
Aber Medienkooperationen verlieren nicht dadurch ihren Charakter 
von PR-Aktivitäten, dass sie nicht als Aufträge einer PR-Abteilung 
sondern durch andere Stäbe geschehen, zumal, wenn sie "in einem 
redaktionell gestalteten Umfeld bestimmte Zielgruppen anzusprechen 
oder besondere Kommunikationsziele zu erreichen" haben. Der PR-Rat 
lässt es nicht zu, PR so beliebig zu definieren, dass gewisse 
Informationsinstrumente einfach davon ausgeschlossen werden.
Der BA-PR-Leiter Hammersen war gegenüber der Zeitschrift "MESSAGE"
auskunftsbereiter. In dem von ihm schriftlich autorisierten Interview
erklärte er: "Wir geben Themenvorschläge, doch die Umsetzung ist 
wirklich in der Hand der Redaktion. Theoretisch könnten wir die 
Beiträge hier auch abnehmen, aber ich bin der Einzige im Haus mit 
Fernseherfahrung. Von daher würde eine Abnahme durch unsere 
Marketingabteilung nicht viel Sinn machen."
Die Abnahme einer Sendung, also das letzte Wort über die Inhalte, 
durch die staatliche Behörde scheiterte folglich nur an der 
Inkompetenz der Marketingabteilung der BA bzw. An den fehlenden 
Kapazitäten des PR-Chefs und nicht an der Unzulässigkeit des 
Vorgehens. Für den PR-Rat ergibt sich daraus die Folgerung: Der 
Sender darf die gewünschten Themen zwar frei umsetzen, doch das 
letzte Wort über die Sendung hat im Zweifelsfall die Behörde. Sieht 
man es kritisch aus gesellschaftspolitischer Perspektive, wurde 
mittels der Themenplatzierungen heimlich Staatsfernsehen betrieben.
Der Deutsche Rat für Public Relations wird getragen von der 
Deutschen Gesellschaft für Public Relations (DPRG), der Gesellschaft 
der Public Relations Agenturen (GPRA) und dem Bundesverband deutscher
Pressesprecher (BdP). Er hat kommunikatives Fehlverhalten gegenüber 
Öffentlichkeiten zu ahnden und ist darin eine dem Deutschen Presserat
und dem Deutschen Werberat vergleichbare Institution der freiwilligen
Selbstkontrolle. Wie die anderen Räte spricht er öffentliche Rügen 
und Mahnungen aus, erläßt Verhaltensrichtlinien und nimmt zu 
kommunikativen Fehlentwicklungen in der Öffentlichkeit Stellung. 
Grundlage seiner Beurteilung über Vorgänge der Finanzkommunikation 
sind die Vorschriften des Wertpapierhandelsgesetzes und die Kriterien
der PR-Ratsrichtlinie zur ordnungsmäßigen Ad-hoc-Publizität, die im 
November 2003 vorgestellt und 2005 den Rechtsänderungen entsprechend 
aktualisiert wurde.
Für weitere Informationen:
Matthias Rosenthal 
Vorsitzender der Beschwerdekammer III 
DRPR-Geschäftsstelle, Tel. (0228) 620 92 897 oder 0170 - 433 88 04

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