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Westfalen-Blatt: zum G20-Gipfel

Bielefeld (ots)

Fassungslosigkeit, Bestürzung, Schock - diese Worte fallen zwangsläufig nach dem Chaoswochenende von Hamburg. Das G20-Gipfeltreffen ist zu Ende, aber die Aufarbeitung erst am Anfang. Die sieben Lehren aus dem Gipfel: 1.) Die Gewalt. Seit Hamburg steht fest: Derartige kriegsähnliche Zustände mit rechtsfreien Räumen darf es nie wieder geben - bei keiner Veranstaltung in Deutschland. Nach der Silvesternacht von Köln und dem Gipfel von Hamburg muss eine dritte Katastrophe mit rechtsfreier Zone verhindert werden, ganz gleich, um welchen Typus von Tätern - rechts- oder linksradikal, Ausländer oder Nicht-Ausländer - es sich handelt. Nicht nur Spitzenpolitiker, sondern auch Bürger müssen vor dem Mob geschützt werden. Das war in Hamburg zum Teil nicht der Fall. Nichts - gar nichts - rechtfertigt diese Gewaltexzesse. Die Frage lautet: Wie wehrhaft ist der demokratische Rechtsstaat und wie wehrhaft muss er sein, damit so etwas nie wieder passiert? 2.) Linksextreme. Wir haben in Deutschland ein Problem mit linksextremen Gewalttätern und deren organisierter Kriminalität, nicht nur in Hamburg. Viel zu lange, weit vor dem Gipfel, haben Teile der Politik die linksextreme Szene nicht ernst genommen, nicht nur im Schanzenviertel oder der Roten Flora. Zentren gibt es auch außerhalb Hamburgs, beispielsweise in der Rigaer Straße in Berlin. Die Kuschelpolitik mit Linksextremen in Deutschland muss ein Ende haben. 3.) Umgang mit linker Gewalt. Die Brandstifter hinterließen eine Schneise der Verwüstung. Aber Politiker der Linkspartei haben dafür nicht die Kriminellen, sondern die Polizei verantwortlich gemacht. Wenn Linke-Chefin Katja Kipping der Polizei die Schuld an der Gewalt gibt, passt etwas nicht. Auch Politiker der Grünen und Teile der SPD sind offenbar auf dem linken Auge häufig blind. Das muss sich ändern. Gewalt darf nicht verharmlost werden, egal, von wem sie ausgeht. 4.) Olaf Scholz. Hamburgs Bürgermeister hat große Fehler gemacht. Der Vergleich des G20-Gipfels mit dem Hafengeburtstag war peinlich und die Aussage, die Sicherheit der Bürger garantieren zu können, unklug. Hat er die Lage unterschätzt, während seine Dienstbehörde bereits vor dem Gipfel vom größten »Schwarzen Block« aller Zeiten ausging? Scholz hat mit dafür gesorgt, dass die Stadt am Ende eben nicht stolz sein kann, sondern in der Welt blamiert erscheint. Seinen Rücktritt zu fordern und ihm sämtliche Schuld in die Schuhe zu schieben, ist trotzdem nicht richtig. Es bleibt zu beobachten, wie Scholz und seine SPD künftig mit gewaltbereiten Linksradikalen umgehen. 5.) Gipfel. Erstens müssen solche Gipfel stattfinden. Weil es gut ist, wenn sich die Staatsfrauen und -männer unterhalten, um die Welt besser machen zu wollen. Zweitens muss ein Gipfel in einer Großstadt veranstaltet werden können, auch aus logistischen Gründen. Ja, und auch in Hamburg! Wegen der fantastischen Stadt, wegen ihrer Infrastruktur und wegen der Elbphilharmonie. 6.) Die Polizei. Die 20000 Polizisten, die im Einsatz waren, sind zu loben. Ihnen, die sich für Leib und Leben eingesetzt haben, gebührt der Dank und der Respekt. Bei der Polizei gibt es zwar auch »schwarze Schafe«, aber das rechtfertigt nicht die Rücksichtslosigkeit und die Zerstörungswut der Täter. Mit der Kleingruppentaktik der Randalierer war die Polizei überfordert. Ob ein sofortiges knallhartes Eingreifen zu Beginn des Gipfels deeskalierend gewirkt oder alles noch viel schlimmer gemacht hätte, muss geklärt werden. 7.) Was hat der Gipfel bewirkt? Die politischen Wunderdinge sind ausgeblieben. Anders war es auch nicht zu erwarten. Das Treffen hat allerdings einem weiteren Auseinanderdriften der Staaten entgegengewirkt. Das ist ein Erfolg. Denn derart kompliziert waren ein Gipfel und seine Gäste noch nie. Gut ist: Die EU steht zusammen wie zuletzt selten. Angela Merkel ist der Pakt gegen Donald Trump gelungen, ohne dass es zum großen Knall gekommen ist. Für eine Bilanz ist es noch zu früh. In einem Jahr wird man sehen, was der Gipfel wirklich wert war - wenn sich die Staats- und Regierungschefs in Argentinien treffen.

Pressekontakt:

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Chef vom Dienst Nachrichten
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

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