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Westfalen-Blatt: Das Westfalen-Blatt (Bielefeld) zur Finanzkrise

Bielefeld (ots)

Harakiri, also Selbstmord nach dem Vorbild
japanischer Ritter, hat der aus Iowa stammende US-Senator den 
Managern des weltweit größten Versicherungskonzerns AIG 
vorgeschlagen. So böse Worte sind natürlich dem Zorn über das Ausmaß 
der Managementfehler und der Wut über die Dreistigkeit geschuldet, 
mit der den Versagern noch Millionen an Boni nachgeworfen werden.
 Ähnlich erbost, wenn auch nicht ganz so drastisch in der Wortwahl 
wie der republikanische Senator, reagierten US-Präsident Barack Obama
und sein Wirtschaftsminister Timothy Geithner. Man kann ihre Wut 
verstehen. Da hat AIG mit 99,3 Milliarden US-Dollar den größten 
Verlust angehäuft, den je weltweit ein Unternehmen in einem Jahr 
hinnehmen musste. Dass der Konzern überhaupt noch existiert, verdankt
er nur den 180 Milliarden US-Dollar, die der Staat für seine Rettung 
zur Verfügung gestellt hat. Und dann dreht das Management doch 
tatsächlich hinterher dem Steuerzahler eine lange Nase, in dem es den
Versagern 165 Millionen Euro an Boni überweist.
Die Wut ist berechtigt. Zugleich spiegelt sie jedoch die 
Hilfslosigkeit der Politiker. Appelle nutzen nichts bei Managern, die
nach dem Motto agieren: »Ist der Ruf erst ruiniert, rafft sich 
gänzlich ungeniert.« Als Eigner muss sich nämlich der Staat, so 
ärgerlich das im Einzelfall sein mag, wie alle anderen an Gesetze und
geltende Verträge halten. Daraus gibt es nur einen Ausweg: Das 
Unternehmen muss in die Insolvenz.
Diesen Pfad hat sich die Politik größtenteils verbaut. In den USA 
hatten die Wellen, die die Pleite von Lehman Brothers ausgelöst hat, 
einen Schock zur Folge, der weitere große Insolvenzen bisher 
verhindert hat. In Deutschland gilt die Idee, dass eine Bank wie die 
Hypo Real Estate auch aus dem Markt ausscheiden könnte, ebenfalls als
tabu.
Formal hat die Wirtschaftskrise in den meisten Ländern den 
Staatsanteil an der Wirtschaft enorm erhöht. In der Realität fehlt 
jedoch den Vertretern der Bürokratie die Stärke, mit den 
Milliardenzahlungen die Geschäfte in den Banken, Versicherungen und 
anderen Unternehmen, an denen sich Staaten neuerdings beteiligen, zu 
drehen. Da war es schon ein Kraftakt, Gehaltsobergrenzen für 
Vorstände festzulegen.
Ein hoher Staatsanteil macht eben noch keinen starken Staat. Dazu 
würde gehören, dass die Politiker einige der selbst gelegten Fesseln 
wieder lösen. Geithner scheint in den USA dazu bereit. Anders kann 
man seine Äußerung, AIG könnte auch »abgewickelt« werden, nicht 
verstehen. In Deutschland hat sich der Bundesfinanzminister durch die
Einteilung in »systemrelevante« und andere Unternehmen gebunden. Peer
Steinbrück hat wohl nicht damit gerechnet, dass die Milliarden zur 
Aufrechterhaltung der Kreditfähigkeit der Geldwirtschaft in ein Fass 
fallen, das keinen Boden hat. Eine Übertreibung? Nein. Angesichts 
zugesagter Zahlungen, die mit 80 Milliarden Euro jetzt schon mehr als
ein Viertel des letztjährigen Bundeshaushalts ausmachen, und 
»Garantien«, die noch weitaus höher liegen, ist der Vergleich 
durchaus angebracht.

Pressekontakt:

Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

Original content of: Westfalen-Blatt, transmitted by news aktuell

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