Besserwisserei statt Lösungen
Pandemie und Klimawandel zeigen die Grenzen des Populismus auf. Beide Krisen lassen sich weder ignorieren noch aus der Welt reden. Die Konsequenzen sind tödlich.
Regensburg (ots)
Zwei Katastrophen, eine Reaktion des US-Präsidenten: nicht mein Problem. Wie schon beim Umgang mit der Corona-Pandemie schiebt Donald Trump die Verantwortung bei den Flächenbränden an der Westküste an die Bundesstaaten ab. Und er tut so, als habe das Weiße Haus nichts mit der Katastrophe zu tun. Die nach einem Wahlkampfwochenende in Nevada halbherzig eingeschobene Stippvisite des Präsidenten in Kalifornien macht das deutlich. Statt Lösungen bietet er den Betroffenen eine seltsam anmutende Mischung aus Schadenfreude und Besserwisserei an. Bei den Bränden historischen Ausmaßes im Westen der USA, die schon vor dem Höhepunkt der Feuersaison ein Gebiet von mehr als 20 000 Quadratkilometer zerstört haben, rät er "die Böden der Wälder zu fegen". Als hätten die abgestorbenen Bäume und Sträucher dort nichts mit Dürre und Hitzewellen in Folge des Klimawandels zu tun. In der Covid-19-Krise profilierte er sich als "Quacksalber-in-Chief", der anregte, Infizierten haushaltsübliche Desinfektionsmittel zu spritzen. Er verhieß, dass das Virus "einfach so" verschwinden werde und spielte seine Tödlichkeit herunter. In beiden Fällen bestreitet der Präsident die fundamentalen Erkenntnisse der Wissenschaft. Diese Ignoranz hat konkrete Konsequenzen. Die Mehrzahl der fast 200 000 Covid-19-Toten in den USA könnte noch leben, Millionen Menschen weiter Arbeit haben und Zehntausende müssten ihr Zuhause nicht in Flammen aufgehen sehen. Den Covid-19-Erreger interessiert es genauso wenig wie den Klimawandel, ob der populistische Präsident im Weißen Haus daran "glaubt". Den Preis zahlen am Ende alle Amerikaner. Egal, wo sie leben. Denn wissenschaftliche Fakten richten sich nicht nach politischen Präferenzen. Wie töricht es war, das Coronavirus als "China-Virus" zu denunzieren und das demokratisch regierte New York bei der ersten Welle der Pandemie alleine zu lassen, erfahren nun die Bürger in Trump zugeneigten Bundesstaaten des Südens und des Mittleren Westens der USA. Der Klimawandel betrifft nicht nur die gesellschaftspolitisch liberale Westküste, sondern auch die Golfküste von Texas und Louisiana, die sich für den nächsten Hurrikan rüstet und den Wechsel-Wählerstaat Florida, den Trump bei der Präsidentschaftswahl am 3. November wieder gewinnen muss. Trumps Umgang mit sowohl mit der Pandemie als auch mit dem Klimawandel liefert eine Lehrstunde über die Grenzen und Gefahren des Populismus. Statt mit einem durchdachten Plan reagiert er mit der Politisierung dieser existenziellen Krisen. Plattitüden wie "es ist, wie es ist" zu dem außer Kontrolle geratenen Erreger oder "wer weiß es schon" zu den Ursachen der Erderwärmung tragen nicht zur Lösung der Probleme bei. Kompetente Führung sieht anders aus. Sie erkennt als Erstes die fundamentalen Fakten der Wissenschaft an, vermittelt diese dann so transparent wie möglich der Öffentlichkeit, mobilisiert alle relevanten Experten, entwickelt einen Plan und versucht, die größtmögliche Zahl an Bürgern dahinter zu vereinen. Trumps demokratischer Kontrahent Joe Biden hat das als Vizepräsident in vergleichbaren Situationen unter Beweis gestellt. Und geht auch als Herausforderer des Präsidenten mit gutem Beispiel voran. Trump riskiert dagegen das Leben seiner eigenen Anhänger auf Kundgebungen ohne Maske und sozialen Abstand. Pandemie und Klimawandel legen das Kernproblem des Populismus offen. Führer wie Trump sind bereit, das langfristige Gemeinwohl auf dem Altar kurzfristiger Interessen zu opfern. Mit potenziell tödlichen Konsequenzen.
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