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Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel von Reinhard Zweigler zur Lage von CDU/CSU

Regensburg (ots)

Heute Mittag wollen sich Angela Merkel und Horst Seehofer zum unionsinternen Gipfel im Kanzleramt treffen. Der Zeitpunkt weckt so einige Assoziationen. Etwa an den Western-Klassiker "High Noon" ("Zwölf Uhr mittags"). Darin muss sich der einstige Town Marshal Will Kane der Rache des Banditen Frank Miller erwehren. Um den Gesetzeshüter wird es in der Stadt immer einsamer. Keiner will ihm zur Seite stehen und sein Leben im Kampf gegen den Bösewicht riskieren. Nun werden im Kanzleramt ganz sicher nicht die Colts rauchen, doch spannend ist der seit Monaten tobende politische Zweikampf zwischen den Spitzen der beiden christlichen Schwesterparteien, zwischen Merkel und Seehofer, allemal. Da wird beinhart gefochten, fintiert und auch schon mal heftig zugestoßen. Die Einheit der Unionsparteien ist, so scheint es derzeit, in der Flüchtlingspolitik bedroht wie noch nie. Hier die unbeugsame CDU-Chefin und Pfarrerstochter aus der Uckermark, die nach dem Motto des Reformators Martin Luther verfährt: "Hier stehe ich, ich kann nicht anders." Dort der ebenso unbeirrbare Oberbayer, dem die Probleme der - inzwischen etwas abebbenden - Flüchtlingsflut tagtäglich auf den Fingern brennen. Merkel und Seehofer stehen sich fast wie Feuer und Wasser gegenüber. Als komme der eine von der anderen Seite der Erdkugel. Eine wirkliche Einigung oder auch nur eine Verständigung in der Flüchtlingspolitik zwischen beiden scheint so weit entfernt wie Europa von Australien. Und dennoch müssen die Vorsitzenden der beiden C-Parteien heute so etwas wie einen Burgfrieden abmachen. Und dies aus mehreren Gründen. Erstens bietet die Union in den derzeitigen Wahlkämpfen in gleich drei Bindestrich-Bundesländern - nämlich Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz sowie Sachsen-Anhalt - ein zerrissenes, jämmerliches Bild. Der Riss - für oder gegen Merkels Kurs - geht quer durch die CDU. Für wen sollen die Wähler eigentlich votieren, wenn sie bei der CDU ihr Kreuz machen wollen? Zweitens verschafft die Uneinigkeit im konservativ-christlichen Lager den Rechtspopulisten der Alternative für Deutschland zusätzlichen Rückenwind. Auch wenn die Bäume von Petry, Höcke, Gauland und Co. vermutlich nicht in den Himmel wachsen werden, als politischer Faktor in der Landespolitik der drei Länder werden sie wohl oder übel künftig eine Rolle spielen. Und damit wird die AfD ihren Einfluss auf Bundesebene vergrößern. Nimmt man heutige Umfragen für bare Münze, so ist selbst der Einzug dieser Partei in den Bundestag im Herbst kommenden Jahres nicht auszuschließen. Die Vorgabe, oder das Vermächtnis von Franz Josef Strauß, dass es rechts von der CSU keine demokratische Partei geben dürfe, ist in der politischen Praxis offenbar nicht einzuhalten. Verantwortlich dafür ist nicht nur Merkels Schwenk in die Mitte oder gar nach links, sondern vielmehr auch Entwicklungen, die außerhalb der Macht einer Kanzlerin stehen. Die Globalisierung etwa, die Internationalisierung von Kriegen wie in Syrien, oder den Informationsaustausch über die digitalen Medien gab es zu Strauß` Zeiten so nicht. Der blutige, langwierige Konflikt in Syrien findet für uns heute nicht etwa nur im Fernsehen statt, wie etwa der Vietnamkrieg vor über 40 Jahren oder der erste Golfkrieg 1991, sondern wird in Gestalt von Tausenden Flüchtlingen hautnah und für jeden spürbar erlebt. Am Ende von "High Noon" triumphierte der gute Marshal . Im Fall von Merkel und Seehofer ist die Sache vertrackter. Es darf weder einen Sieger noch einen Verlierer geben. Es müssen politische vernünftige Lösungen her.

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