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Freie Ärzteschaft: Ein verpflichtendes "Primärarztsystem" ist eine Illusion, keine Problemlösung!

Essen/ Hamburg (ots)

Die Freie Ärzteschaft (FÄ) kritisiert die Pläne der Gesundheitspolitik zur Einführung eines Primärarztsystems als in die falsche Richtung weisend. "Nach Jahrzehnten der Unterfinanzierung der ambulanten Medizin in Deutschland versucht man jetzt, mit einem ungeeigneten Konzept die fortschreitende Misere des Gesundheitswesens abzuwenden", kritisiert Wieland Dietrich, Vorsitzender des Verbandes in Essen.

In den vergangenen Jahrzehnten seien viele Fachgebiete, welche es früher nur in Kliniken gegeben habe, in den "ambulanten Sektor" gewandert. Endokrinologie, Gastroenterologie, Diabetologie, Onkologie, Schmerztherapie, interventionelle Kardiologie, Schlafmedizin, ambulantes Operieren, Strahlentherapie und viele weitere ärztliche Fach- und Spezialgebiete sind heute in Praxen und MVZs vorhanden - allerdings müssen alle diese Leistungen unverändert aus einem gedeckelten ambulanten Budget bezahlt werden. Konstante 16 % der Kassenausgaben für die ambulante Medizin seit Jahrzehnten, während in anderen Bereichen die Kosten explodiert seien, wie für Arzneimittel oder für versicherungsfremde Leistungen, erläutert Dietrich weiter. "So ein ausdifferenziertes und kostengünstiges ambulantes Facharztsystem gibt es in nahezu keinem anderen Land der Welt, ergänzt der FÄ-Vorsitzende. "Wenn die Politik nun auch noch versucht, hier 2 Milliarden Euro im Jahr durch Zugangshürden über die Hausärzte einzusparen, wird das dazu führen, dass die Versorgung schlechter wird - und sich in Anbetracht der bereits bestehenden Unterfinanzierung die Privatmedizin rapide ausdehnen wird", prognostiziert Dietrich.

"Völlig absurd ist obendrein der Plan, eine "Termingarantie" für Facharzttermine einzuführen und das Versprechen, dass Kliniken die Behandlung übernehmen sollten, wenn die Termingarantie nicht eingehalten wird", empört sich Dr. Silke Lüder, Allgemeinärztin und stellvertretende Vorsitzende der FÄ. "In den meisten Kliniken gibt es keine Fachärzte für HNO-Erkrankungen, Dermatologie, Augenheilkunde, Lungenheilkunde, Endokrinologie, Rheumatologie, Nervenheilkunde, um nur ein paar Gebiete zu nennen, bei denen Termine besonders gefragt sind. "Wie sollen die Kliniken dann die Menschen behandeln? Das ist absurd. Bereits jetzt haben die wenigen ambulanten Sprechstunden zum Beispiel in Universitätskliniken Wartezeiten von 6-12 Monaten auf ambulante Termine. Das sind also alles Worthülsen einer Politik, die nicht da ansetzt, wo man wirklich etwas verbessern könnte!" so. Dr. Lüder.

"Die versicherungsfremden Leistungen, die eigentlich der Staat zahlen müsste, betragen inzwischen 60 Milliarden Euro im Jahr. Die gesamte ambulante ärztliche Behandlung kostet 50 Milliarden, die Arzneimittel 55 Milliarden. Wenn der Staat seiner Verantwortung nachkommen würde, hätten die Krankenkassen keine Probleme mehr, und die ambulante Medizin könnte gerettet werden, erläutert Lüder. Es gibt derzeit 55 000 Hausärzte, aber die doppelte Anzahl von Fachärzten in den ambulanten Praxen in Deutschland. "Das Wichtigste wäre, ab sofort allen Praxen ihre erbrachten Leistungen zu 100 Prozent zu bezahlen" so Lüder. Es sei ein Unding, dass teilweise jede vierte Leistung von den Krankenkassen durch "Budgetierung" nicht bezahlt wird.

"Außerdem müsste die Belastung der Praxen mit unausgereiften und unsicheren IT-Lösungen und einer "ePA für alle", welche die Schweigepflicht zerstört, beendet werden. Denn auch das sei für viele älteren Kolleginnen und Kollegen besonders im Hausarztbereich ein wichtiger Grund, ihre Arbeit vor dem offiziellen Rentenalter zu beenden, ergänzt die FÄ-Vizevorsitzende. Wenn die Politik hier die Daumenschrauben mit Sanktionen immer weiter anziehe, werde es bald deutlich mehr als 5000 unbesetzte Hausarztsitze geben.

Über die Freie Ärzteschaft e.V.

Die Freie Ärzteschaft e. V. (FÄ) ist ein Verband, der den Arztberuf als freien Beruf verteidigt. Er wurde 2004 gegründet und vertritt vorwiegend niedergelassene Haus- und Fachärzte sowie verschiedene Ärztenetze. Vorsitzender des Bundesverbandes ist Wieland Dietrich, Dermatologe in Essen. Ziel der FÄ ist eine unabhängige Medizin, bei der Patient und Arzt im Mittelpunkt stehen und die ärztliche Schweigepflicht gewahrt bleibt.

Pressekontakt:

V .i. S. d. P.: Wieland Dietrich, Freie Ärzteschaft e.V.,
Vorsitzender, Gervinusstraße 10, 45144 Essen, Tel.: 0201 68586090,
E-Mail: mail@freie-aerzteschaft.de, www.freie-aerzteschaft.de

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