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Berliner Morgenpost: Das war kein Streik wie jeder andere

Berlin (ots)

Streik - in Berlin ist schon Dreijährigen das recht
komplexe Wort mit den sechs Buchstaben vertraut. Wer sein Kind in 
eine städtische Kita oder einen Schulhort schickt, wird vielleicht 
gehört haben, wie es in schönster "Dingsda"-Sprache definiert, was 
Streik bedeutet: nämlich "Mama kann nicht arbeiten" oder "immer blöde
Notbetreuung".
Damit ist nun hoffentlich Schluss. Senat und Gewerkschaften 
verhandeln wieder und stehen kurz vor einer Einigung. Endlich. Nach 
unfassbar zähen Monaten, in denen ständig gestreikt und kaum 
gesprochen wurde.
Erstaunlich, wie langmütig Berliner Eltern die tagelangen Ausstände 
der Erzieher und Lehrer hingenommen und immer wieder ihren Alltag um 
die gestrichenen Betreuungs- und Unterrichtsstunden herum organisiert
haben. Genervt und gelassen zugleich. Erstaunlich auch, dass 
ausgerechnet eine linke Regierung den Erziehern und Pädagogen so 
lange und beharrlich eine überfällige und moderate Lohnerhöhung 
verweigert hat.
Natürlich, es geht auch um die Bezahlung der Objektschützer, der 
Angestellten in Ordnungs- und Bürgerämtern, der Knöllchenschreiber. 
Aber - Milliardenschulden hin, Sparzwang her - anders als die 
Zulassungsstelle sind Kitas und Schulen jeden Tag wichtig. Da geht 
es, kurz und pathetisch gesagt, um die Zukunft der Kinder und die 
Lebensqualität ihrer Eltern.
Bei allem Verständnis für die Not in Zeiten leerer Kassen - der 
Berliner Senat hat zu lange tatenlos abgewartet. Dabei war seit 
Beginn des Tarifkonflikts klar: Wer Bildung und Chancen der Kinder 
verbessern will, kann dies nicht mit sich unterbezahlt fühlenden, 
schlecht motivierten Angestellten tun. Wer berufstätige Mütter 
fördern will, dem darf nicht gleichgültig sein, wenn Schulhorte und 
Kitas wochenlang geschlossen bleiben. Was haben Körting und Sarrazin 
erwartet? Dass der Streik einfach so zusammenbricht, die Streikenden 
ein Einsehen haben? Dass sich die mehreren Zehntausend betroffenen 
Eltern mit dem Sparsenat solidarisieren?
Nein, man hat nicht den Eindruck, Bildung stünde auf dem rot-roten 
Dringlichkeitszettel ganz oben.
Ein Gutes hatten die ewigen Streikwochen allerdings: Eltern und 
Erzieher lernten sich besser kennen. Die einen wissen nun, dass 
manche Erzieherinnen kaum mehr als eine illegale Putzhilfe verdienen.
Die anderen, dass der Spagat zwischen Job und Kind für berufstätige 
Eltern häufig kaum zu schaffen ist.
Nun ist klar: Es läuft auf einen höheren Sockelbetrag für die unteren
Lohngruppen heraus, um rund drei Prozent mehr Geld. Unabhängig davon,
wie schwer der Finanzsenator unter diesem Mehr zu ächzen hat - es ist
höchste Zeit, den Ausnahmezustand in Berlin zu beenden. Bevor er zum 
Bildungsnotstand wird.

Pressekontakt:

Berliner Morgenpost

Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de

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