All Stories
Follow
Subscribe to Börsen-Zeitung

Börsen-Zeitung

Arbeitsaufträge, Kommentar von Stefan Reccius zum Biden-Besuch

Frankfurt (ots)

Die Dramaturgie von Joe Bidens Europa-Reise hatte es in sich - und rein atmosphärisch hat sie ihren Zweck, den von seinem Vorgänger Donald Trump verursachten Riss im transatlantischen Verhältnis zu kitten, erfüllt. Als Aperitif gab es einen Affront gegen Gastgeber Boris Johnson, indem der US-Präsident im Brexit-Streit über Nordirland ungefragt Partei für die Staatengemeinschaft ergriff. Der Hauptgang war - zumindest nach außen hin - eine einzige Charmeoffensive für seine europäischen Gastgeber. Und als Dessert gönnte Biden sich am Mittwoch ein mit großer Spannung erwartetes Treffen mit Russlands Präsident Wladimir Putin, den er im Frühjahr als "Killer" bezeichnet und in der Gipfelerklärung mit der EU tags zuvor in die Pflicht genommen hatte, "das sich wiederholende Muster negativen Verhaltens und schädlicher Aktivitäten" zu beenden.

Die Reise von Cornwall über Brüssel nach Genf hat die hohen Erwartungen der Wirtschaft eingelöst, einerseits. Die Übereinkunft, für fünf Jahre auf Milliardenzölle im epischen Streit über Subventionen in der Flugzeugindustrie zu verzichten, ist eine große Erleichterung für Unternehmen auf beiden Seiten des Atlantiks, die sich positiv in ihren Bilanzen niederschlagen wird und deshalb zu Recht viel Applaus bekommen hat. Ein Durchbruch aber ist es nicht, denn der Konflikt ist damit nicht in der Sache gelöst. Eine bevorstehende Rückkehr der Strafzölle wäre dagegen ein fatales Signal gewesen. Insofern haben sich Brüssel und Washington Zeit erkauft - und noch viel Arbeit vor sich.

Das gilt für eine Vielzahl wichtiger Themen. Subventionsstreit, Stahl- und Aluminiumzölle, Halbleiter-Lieferketten und Technologie-Standards, Impfstoffe, Klimapolitik, leichteres Reisen nach der Pandemie, der Umgang mit Russland und China: Es wimmelt in den Verlautbarungen vom Gipfel nur so von neu eingerichteten Arbeitsgruppen und Expertenforen. Bei etlichen Baustellen geht es jetzt ans Eingemachte. So lässt sich Biden bislang nicht auf einen gemeinsamen Klimazoll auf den CO2-Gehalt von Importen festnageln, wie ihn die EU-Kommission gerade beschlossen hat. Das aber ist essenziell, führt das Vorhaben ansonsten doch geradewegs in neue Handelskonflikte und weg von der Idee eines Klimaclubs.

Spitzenverbände aus Finanzen und Wirtschaft scheinen jedenfalls gewillt, die Arbeitsaufträge anzugehen: Am Mittwoch lancierte ein Quartett um den Bankenverband BdB die Transatlantic Business Initiative - eine Plattform, um "offen über Differenzen zu sprechen und konstruktive Lösungen zu finden".

Pressekontakt:

Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069-2732-0
www.boersen-zeitung.de

Original content of: Börsen-Zeitung, transmitted by news aktuell

More stories: Börsen-Zeitung
More stories: Börsen-Zeitung
  • 15.06.2021 – 19:30

    Drahtseilakt, Kommentar von Heidi Rohde zu Lufthansa

    Frankfurt (ots) - Die Lufthansa nutzt die Gunst der Stunde, um die Fesseln des staatlichen Rettungsregimes zu lockern. Für die bereits kurz nach der Hauptversammlung avisierte Kapitalerhöhung ist mit der Eindämmung der Pandemie und der absehbaren deutlichen Erholung der Flugnachfrage im Sommer der Boden bereitet. Zudem flankiert der Konzern die geplante Mittelaufnahme mit mittelfristigen Ertragszielen, die an das ...

  • 14.06.2021 – 19:45

    Eldorado, Kommentar von Christoph Ruhkamp zu Börsengängen

    Frankfurt (ots) - Der offene Geldhahn der Notenbanken und die billionenschweren Konjunkturprogramme schlagen am Kapitalmarkt voll durch. 2021 ist bisher das beste Jahr aller Zeiten für Börsengänge in Deutschland. Auf dem bisherigen Allzeithoch im ersten Halbjahr 2018 brachten IPOs in Deutschland 7,3 Mrd. Euro ein. Wenn nicht der Börsengang des Online-Modehändlers About You, der am heutigen Dienstag den Preis ...

  • 11.06.2021 – 20:25

    Schief gewickelt, Marktkommentar von Alex Wehnert

    Frankfurt (ots) - Beim Börsenhype um Windeln.de haben aktivistische Kleinanleger inzwischen jeglichen Vorwand, es handle sich um eine fundamental zu rechtfertigende Rally, fallen gelassen. Zu Beginn der Kurskapriolen hatte noch die in deutschsprachigen Subforen der Plattform Reddit verbreitete Behauptung ge­standen, die Aufhebung der Ein-Kind-Politik in China helle die Geschäftsaussichten des Unternehmens massiv auf. ...