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Börsen-Zeitung: Das Risiko kehrt zurück, Börsenkommentar "Marktplatz" von Dieter Kuckelkorn

Frankfurt (ots)

So haben sich die Marktteilnehmer das Jahresende
sicher nicht vorgestellt. Das Thema Dubai war noch nicht ganz 
überwunden, da versetzten die maroden Staatsfinanzen Griechenlands 
die Anleger in Angst und Schrecken. Hinzu kommt die pessimistischere 
Einschätzung Spaniens durch die Ratingagenturen. Und vielleicht 
werden vor Jahresultimo noch weitere Länder der Euro-Peripherie 
Sorgen bereiten.
Zu einer griechischen Tragödie ist es an den Märkten zwar nicht 
gekommen - vor einigen Monaten noch wäre dies aber unweigerlich 
passiert. Jetzt haben sich die Aktienmärkte hingegen erstaunlich gut 
gehalten, die Anleger behielten nach dem ersten Schrecken die Nerven.
Die Verluste hielten sich in Grenzen, zumal die Märkte in der zweiten
Hälfte der beendeten Börsenwoche das preisgegebene Terrain zumindest 
teilweise wieder gutgemacht haben. Im Wochenverlauf hat der Dax 
lediglich 1% auf 5756 Zähler eingebüßt.
Die relative Robustheit des Marktes ist ein klares Indiz dafür, 
dass die seit dem Frühjahr laufende enorme Rally nicht auf Sand 
gebaut ist. Entgegen den vielfach geäußerten Befürchtungen handelt es
sich - zumindest bei europäischen Dividendentiteln - wohl nicht um 
eine neue Überbewertungsblase. Solche Gebilde haben nämlich die 
unangenehme Eigenschaft, mitunter bereits bei schlechten Nachrichten 
zu platzen, die von geringerer Bedeutung sind als die jüngsten 
Entwicklungen am südlichen Rand der Eurozone.
Allerdings haben die Ereignisse und ihre Rezeption durch die 
Marktakteure aktuell die Aussicht auf eine Jahresend-Rally gründlich 
verhagelt. Einen solchen Endspurt dürfte es auch aller Voraussicht 
nach in der neuen Börsenwoche nicht geben. Am wahrscheinlichsten ist 
für die kommenden Handelstage das Szenario einer Seitwärtsbewegung.
Dies liegt zum einen daran, dass die Reihen der Marktteilnehmer 
mit Blick auf die nahenden Feiertage bereits ausgedünnt sind. Viele 
Akteure können es sich wegen der im Jahresverlauf erzielten Gewinne 
leisten, sich mit risikoreichen Engagements zurückzuhalten. 
Hauptgrund für die zu erwartende Kursflaute ist aber die Tatsache, 
dass sich mit den genannten Ereignissen die Risikoperzeption der 
Anleger verändert hat. Zwar schalten die Investoren noch nicht wieder
auf Krisenstimmung um. Allerdings ist nun für alle klar erkennbar, 
dass die Spätfolgen der Finanzkrise noch lange für Verwerfungen 
sorgen werden. Deren Folgen könnten auch durchaus noch ernster sein 
als das, was sich gegenwärtig beobachten lässt.
Die sinkende Kreditqualität von Unternehmen wie Dubai World oder 
von Staaten wie Griechenland ist ein typisch spätzyklisches Phänomen.
Ab dem kommenden Jahr rechnen beispielsweise die Analysten der WestLB
zwar mit einer beginnenden Erholung der Kreditausfallraten. Sie 
merken jedoch kritisch an, dass zumindest im High-Yield-Segment die 
gegenwärtig eskomptierten Default-Prämien, die die Bondanleger 
verlangen, nicht mehr ausreichend sind. Mit anderen Worten: Zumindest
an einem Teil der Märkte sind die Einschätzungen wohl optimistischer,
als sie es eigentlich sein sollten. Dies sollte zumindest das 
Potenzial für weitere Kursgewinne sehr eng begrenzen.
Möglicherweise geben die jüngsten Ereignisse auch bereits einen 
gewissen Vorgeschmack auf das kommende Jahr. Dieses dürfte nämlich 
nach Einschätzung vieler Ökonomen und Volkswirte für die Märkte recht
schwierig werden.
So ist mit einer nachlassenden Dynamik des globalen 
Wirtschaftswachstums zu rechnen, nachdem die Erholung von der 
Talsohle der Krise zügig verlaufen ist. Viele Experten rechnen damit,
dass die Notenbanken, allen voran die Fed, anstatt mit der 
Normalisierung der Geldpolitik zu beginnen, sich zu weiteren 
konjunkturellen Stützungsmaßnahmen hinreißen lassen. Dies könnte aber
das Vertrauen in US-Anleihen und den Dollar unterminieren. Sollte es 
zu einem Crash am US-Bondmarkt kommen, würde dies unweigerlich auch 
Dividendentitel in Mitleidenschaft ziehen. Da die Aktienmärkte 
konjunkturelle Entwicklungen um einige Monate vorwegnehmen, könnte es
sein, dass die Anleger den Höhepunkt der Kurserholung bereits gesehen
haben.
(Börsen-Zeitung, 12.12.2009)

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