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Kahlschlagminister Sander legt bei der Abholzung von Auwäldern an der Elbe selbst Hand an

Berlin/Bleckede (ots)

Im niedersächsischen Elbeabschnitt
veranlasst ausgerechnet Umweltminister Hans-Heinrich Sander (FDP) die
Rodung und Abholzung von Auwäldern in der Kernzone des dortigen 
UNESCO-Biosphärenreservats und nennt es Hochwasserschutz - Deutsche 
Umwelthilfe und BUND Lüchow-Dannenberg protestieren: "Sander bekämpft
künftige Hochwasserfluten mit der Axt"
29. November 2006: Die vom niedersächsischen Umweltminister 
betriebene systematische Abholzung ufernaher Weiden und Pappeln in 
der Kernzone des UNESCO-Biosphärenreservats Flusslandschaft Elbe 
erreichte am heutigen Mittwoch ihren bisherigen Höhepunkt. Um sein 
außergewöhnliches Amtsverständnis öffentlich zu dokumentieren, wollte
Hans-Heinrich Sander, der einzige FDP-Umweltminister in Deutschland, 
unweit Bleckede "selbst mit anpacken." Die Deutsche Umwelthilfe e. V.
(DUH) und der BUND Lüchow-Dannenberg protestierten vor Ort gegen die 
"rechtlich unzulässige und erwiesenermaßen sinnlose 
Kahlschlagaktion". Die Umweltschützer verlangten "einen nachhaltigen 
Hochwasserschutz, der sich vorrangig auf die Schaffung neuer 
Überflutungsflächen stützt".
Sander ging eigenhändig gegen das Ökotop vor, nachdem eine 
entsprechende Aufforderung der ihm unterstellten unteren 
Wasserbehörde im Landkreis Lüchow-Dannenberg an rund 300 Eigentümer, 
elbnahe Grundstücke von so genanntem Auengehölz zu befreien,  
praktisch ohne Resonanz geblieben war. Betroffen von dem als 
Hochwasserschutzmaßnahme titulierten Brachial-Eingriff des 
FDP-Ministers sind insgesamt etwa 25 Kilometer Elbufer, entlang der 
die Weichholzaue weitgehend verschwinden soll. Die Verwaltung im 
Biosphärenreservat will nach Informationen der Umweltschützer 
anschließend Ziegen und Schafe zur "Bekämpfung" nachwachsender 
Weichhölzer einsetzen.
Der Umweltminister setzt sich mit seinem Kahlschlag-Aktionismus 
über den dem Biosphärenreservat von EU und UNESCO verliehenen 
Schutzstatus hinweg und verzichtet  auf vorgeschriebene 
Verträglichkeitsprüfungen gemäß der Fauna-Flora-Habitat (FHH)- und 
der Vogelschutzrichtlinie. Deswegen und weil Sander es versäumt habe,
naturschutzrechtliche Befreiungen oder Ausnahmegenehmigungen zu 
beantragen, prüft die DUH nun eine Anzeige zur Einleitung eines 
Ordnungswidrigkeitenverfahrens oder strafrechtliche Schritte gegen 
den Minister. Sanders Vorgehen stehe in eklatantem Widerspruch zum 
geltenden Naturschutzrecht für die Kernzone C des 
Biosphärenreservats, erklärte die Leiterin Verbraucherschutz und 
Recht der DUH, Cornelia Ziehm: "Die Vorschriften des Umwelt- und 
Naturschutzrechts sind auch dazu da, dass ein Umweltminister Sander 
sie beachtet. Die heutige Aktion zeugt von einem bedenklichen 
Rechts-und Amtsverständnis dieses Mannes".
Für den BUND vor Ort erweise sich die so genannte 
Hochwasserpolitik in Niedersachsen mehr und mehr als "Stück aus dem 
Tollhaus", so Eckart Krüger von der BUND Kreisgruppe 
Lüchow-Dannenberg: "Hans-Heinrich Sander dokumentiert fast täglich, 
welchen Irrungen und Wirrungen ein Land anheim fällt, wenn es einer 
marktliberalen FDP die Natur überlässt. Das sollte sich in 
Deutschland nie wiederholen", erklärte er.
DUH und BUND werfen Sander vor, aus den dramatischen 
Hochwasserereignissen der vergangenen Jahre an der Elbe und ihren 
Nebenflüssen vollkommen falsche Schlüsse zu ziehen. "Statt die 
überfällige Wende hin zu einem nachhaltigen Hochwasserschutz 
einzuleiten, ergeht sich Sander in ahnungslosem Populismus und 
bekämpft künftige Fluten mit der Axt", sagte Frank Neuschulz, Leiter 
Naturschutz bei der DUH. Nicht die fehlenden Überflutungsflächen, 
flaschenhalsähnliche Engstellen zwischen den Deichen oder die 
unterentwickelte Abstimmung zwischen den Anrainerländern, gerieten 
ins Visier des Ministers, sondern Büsche und Bäume am Elbufer.
Zudem erweise sich der Minister als weitgehend resistent gegenüber
Fakten. Denn nach wie vor stützten Behörden und Umweltministerium ihr
Vorgehen auf ein eigens zu diesem Zweck erstelltes Gutachten des 
Ingenieurbüro Schwerin (ibs) aus dem Jahr 2004, dem seinerzeit 
umgehend ein Ministererlass gefolgt war. Das zentrale Ergebnis der 
ibs-Untersuchung, wonach Weichholzbestände im Hochwasserfall einen 
Wasseranstieg von bis zu 50 Zentimeter hervorrufen, hatten jedoch 
Wissenschaftler des Instituts für Wasser- und Gewässerentwicklung der
Universität Karlsruhe auf Veranlassung der DUH überprüft und bereits 
im vergangenen Frühjahr für "nicht haltbar" erklärt. Sie warfen ibs 
"massive Ungenauigkeiten" vor, weil das den Ergebnissen zugrunde 
liegende "eindimensionale Strömungsmodell" eine solide 
Beurteilungsgrundlage gar nicht zulasse. Dazu hätte ein 
zweidimensionales Modell geschaffen werden müssen, das dann gezielte 
Eingriffe an wenigen, möglicherweise vorhandenen so genannten 
"hydraulischen Flaschenhälsen" entlang der Elbe ermöglicht hätte. 
Neuschulz: "Sander wollte keine Fachdiskussion, er wollte holzen." 
Niedersachsen exponiere sich so einmal mehr als Bremser im 
Naturschutz und der bundesweit einzige Umweltminister der FDP beweise
eindrucksvoll, welcher Stellenwert der Ökologie in seiner Partei 
zukomme. Derzeit praktiziere kein anderes Bundesland an der Elbe eine
vergleichbare Vorgehensweise.
Als seien Rodungen und Abholzungen an der Elbe nicht schlimm 
genug, plane nun ausgerechnet die Verwaltung des Biosphärenreservates
Niedersächsische Elbtalaue ausweislich einer aktuellen Projektskizze 
in einem langjährig angelegten Versuch, Ziegen und Schafe als mobile 
und nachhaltig wirkende Einsatztruppe einzusetzen, die den 
Weichholzauen durch "gezielten Viehverbiss" endgültig den Garaus 
machen sollen. Dadurch werde ein europaweit geschützter Lebensraum 
ausgerechnet durch eine Behörde in Frage gestellt, deren vornehmste 
Aufgabe der Schutz und die künftige Entwicklung eben dieses 
Lebensraums sein sollte. Auwälder finden sich heute an der unteren 
Mittelelbe zumeist nur noch als schmale Streifen parallel zum 
Flussverlauf, sie gehören jedoch zu den "hot spots" des 
Artenreichtums und sind Heimat für viele bestandsgefährdete Arten, 
darunter Elbe-Biber, Flussuferläufer, Beutelmeise und Pirol.

Pressekontakt:

Für Rückfragen:
Dr. Cornelia Ziehm, Leiterin Verbraucherschutz und Recht, DUH,
Hackescher Markt 4, 10178 Berlin; Tel.: 030 258986-18, Fax: 030
258986-19, Mobil: 0160 5337376, E-Mail: ziehm@duh.de

Dr. Gerd Rosenkranz, Leiter Politik, DUH, Hackescher Markt 4, 10178
Berlin; Tel.: 030 258986-0, Fax: 030 258986-19, Mobil: 0171 5660577,
E-Mail: rosenkranz@duh.de

Eckart Krüger, BUND Kreisgruppe Lüchow-Dannenberg, Tel.: 05845 98 89
98, Mobil: 0170 3556090

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