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Deutsche Umwelthilfe kritisiert rechtswidrige Praktiken bei der Verpackungsentsorgung

Berlin (ots)

Zwei Millionen Tonnen Verpackungen verschwunden -
Industrie erspart sich 700 Millionen Euro Recyclingkosten - 
Verpackungsabfälle werden offenbar in großem Stil kostensparend 
umdeklariert - Unternehmen delegieren Verantwortung für eine 
ordnungsgemäße Entsorgung auf Beratungsunternehmen und 
Systembetreiber - Gezahlte Preise reichen für hochwertige Entsorgung 
nicht aus - Deutsche Umwelthilfe bezweifelt rechtliche Zulässigkeit 
der Praxis und kündigt eigene Kontrollen an
Mit Tricks zu Lasten der Entsorgungsqualität und der Transparenz 
der Stoffströme umgehen Hersteller offenbar in großem Stil klare 
Regelungen der Verpackungsverordnung. Insgesamt sparen die 
Unternehmen durch den "kreativen" Umgang mit den Regelungen der 
Verpackungsverordnung Entsorgungskosten in Höhe von jährlich 
mindestens 700 Millionen Euro. Das erklärte die Deutsche Umwelthilfe 
e. V. (DUH) in Berlin unter Verweis auf ihr vorliegende Unterlagen. 
Die Praxis ist nach Überzeugung der DUH rechtswidrig.
Ausgangspunkt für die massive Kritik der DUH an der ihrer Ansicht 
nach nicht ordnungsgemäßen Verpackungsentsorgung ist eine klaffende 
Lücke zwischen anfallenden und zur Entsorgung angemeldeten 
Verpackungen. Nach Berechnungen der Gesellschaft für 
Verpackungsmarktforschung (GVM) fallen in deutschen Haushalten 
jährlich knapp sechs Millionen Tonnen Verpackungsmüll an. Davon haben
die Unternehmen jedoch im Jahr 2009 nur rund vier Millionen Tonnen 
zur Entsorgung angemeldet. "Wenn ein Drittel des Verpackungsmülls auf
dem Papier gar nicht existiert, liegt der Verdacht des Betrugs nahe. 
Fast zwei Millionen Tonnen an Verpackungsabfällen verschwinden in 
Kanälen, in die sie nicht gehören und vermutlich in der Verbrennung. 
Sie werden damit nicht nach den gesetzlichen Vorgaben stofflich 
recycelt", sagte DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. Der DUH 
lägen schriftliche Angebote von Beratungsunternehmen und auch 
Entsorgern der so genannten dualen Systeme an Produkthersteller vor, 
die wenig Zweifel daran ließen, dass immense Kosteneinsparungen 
dadurch realisiert werden sollten, dass Verpackungsmengen aus der 
haushaltsnahen Wertstoffsammlung "umdeklariert und wegdefiniert" 
werden.
"Wir werden jetzt fragwürdige Verträge und Geschäftspraktiken im 
Bereich der Verpackungsentsorgung näher unter die Lupe nehmen und die
zuständigen Behörden informieren", kündigte Resch an. Für die 
Fehlmengen fehlt die Transparenz über ihre Entsorgung. Die dualen 
Systeme berechnen die gesetzlich vorgeschriebenen Recyclingquoten auf
Basis der bei ihnen lizenzierten Mengen. Was darüber hinaus gehe, 
finde den billigsten Entsorgungsweg. Aufgrund der derzeit niedrigen 
Verbrennungspreise sei dies oft die Müllverbrennung oder die illegale
Deponierung.
Laut Verpackungsverordnung müssen Unternehmen, die Produkte in 
Verpackungen verkaufen, die Verpackungen bei einem der insgesamt neun
Firmen des dualen Systems anmelden. Der Verpackungsabfall aus 
privaten Haushalten muss also grundsätzlich über die Gelbe Tonne bzw.
den Gelben Sack der dualen Systeme entsorgt werden. Daneben sind für 
Verpackungen, die zum Beispiel in Gaststätten, Hotels, Verwaltungen, 
Krankenhäusern oder Schulen anfallen, so genannte Branchenlösungen 
zulässig. Dieser Entsorgungspfad ist deutlich kostengünstiger, weil 
der anfallende Verpackungsmüll in der Regel homogener zusammengesetzt
ist, sorgfältiger getrennt wurde und es vergleichsweise wenige 
Sammelstellen für relativ große Abfallmengen gibt. Die Kosten 
senkende Weg- und Umdeklaration von Haushaltsverpackungen in den 
Sektor der Branchenlösungen läuft über Berater innerhalb und im 
Umfeld der dualen Systeme. Die aktuelle Diskrepanz zwischen den 
erwarteten und tatsächlich gemeldeten Verpackungsmengen von knapp 
zwei Millionen Tonnen pro Jahr legt den Verdacht nahe, dass dabei die
Verpackungsverordnung nicht nur großzügig, sondern klar 
ordnungswidrig ausgelegt wird.
Der DUH liegen eine Reihe von Angeboten und andere Hinweise vor, 
die in diesem Zusammenhang auf rechtlich fragwürdige 
Geschäftspraktiken bei der Verpackungslizenzierung deuten. Unter 
anderem geht es um die intransparente Aufteilung der Lizenzmengen auf
duale Systeme einerseits und Branchenlösungen anderseits. Für die 
Berechnung des Anteils "branchenfähiger Verpackungen" werden meist 
durchschnittliche Annahmen der GVM zu Grunde gelegt. Darüber 
hinausgehende Anteile an Verpackungen können nur dann in 
Branchenlösungen lizenziert werden, wenn sie nachweislich nicht in 
den Haushalten landen. Nur die Herstellerunternehmen selbst haben 
detaillierte Informationen darüber, welcher Anteil ihrer Verpackungen
in privaten Haushalten bzw. bei den so genannten gleichgestellten 
Anfallsstellen landet. Dennoch offerieren einige Berater und 
Systembetreiber ihren Kunden offenbar Pauschalangebote zur Aufteilung
der Verpackungsabfälle auf die verschiedenen Entsorgungssysteme.
So bietet beispielsweise eine Beratungsfirma mit eigener 
Branchenentsorgung potenziellen Kunden die "kostengünstige Erfüllung 
der verpackungsrechtlichen Pflichten [...] durch Optimierung der zur 
Verfügung stehenden Entsorgungsmöglichkeiten [...]" an. Alles zu 
nicht aufgeschlüsselten Pauschalpreisen, die auffällig unter den 
Marktpreisen anderer Wettbewerber liegen. Die Kunden bekommen eine 
jährliche Pauschalbestätigung, dass die erforderlichen Rücknahme- und
Verwertungspflichten insgesamt ordnungsgemäß erfüllt wurden. Die 
Beratungsfirma arbeitet mit einem "Vollmachtsmodell": Sie schließt 
für den Kunden Verträge ab und hinterlegt auch die erforderlichen 
Vollständigkeitserklärungen. Es ist deshalb davon auszugehen, dass 
die Kunden nicht mehr wissen, welche ihrer Verpackungen über welchen 
Weg entsorgt werden und ob die Aufteilung den Verpflichtungen der 
Verpackungsverordnung genügt. Dabei sind nicht nur 
Beratungsunternehmen aktiv, sondern auch duale Systeme selbst. Ein 
der DUH vorliegendes Angebot eines der neun dualen Systeme belegt, 
dass der Anstoß, die Lizenzmengen von den dualen Systemen 
wegzudefinieren, teilweise aus den eigenen Reihen kommt.
"Rund-um-sorglos-Pakete mit der pauschalen Bestätigung einer 
ordnungsgemäßen Entsorgung mögen für die Unternehmen auf den ersten 
Blick reizvoll sein. Dem Hersteller wird schwarz auf weiß 
dokumentiert, dass er angeblich seinen Pflichten bei der 
Verpackungsentsorgung nachkommt. Ob dies in der realen Welt der Fall 
ist interessiert ihn nicht. Doch die Verantwortung hört nicht mit dem
Aushandeln eines günstigen Entsorgungsvertrags auf", mahnt Maria 
Elander, die Leiterin Kreislaufwirtschaft bei der DUH. Die Hersteller
sind im Sinne der Produktverantwortung für die ordnungsgemäße 
Entsorgung ihrer Verpackungen verantwortlich. Sie müssten deshalb in 
jedem Fall in der Lage sein, zu belegen, was faktisch mit ihren 
Verpackungen passiert. Dies sei aber mit einigen derzeitigen 
Vertragskonstellationen nicht möglich.

Pressekontakt:

Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer, Deutsche Umwelthilfe e.V.,
Hackescher Markt 4, 10178 Berlin, Tel.: 030 2400867-0 Mobil.: 0171
3649170, resch@duh.de

Maria Elander, Leiterin Kreislaufwirtschaft, DUH, Hackescher Markt 4,
10178 Berlin, Tel.: 030 2400867-41, Fax: 030 2400867-19,
Mobil: 0160 5337376, elander@duh.de

Gerd Rosenkranz, Leiter Politik & Presse, Deutsche Umwelthilfe e.V.,
Hackescher Markt 4, 10178 Berlin, Tel.: 030 2400867-0, Mobil: 0171
5660577, E-Mail: rosenkranz@duh.de

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