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Betrugsfilter: Untätigkeit der Minister Tiefensee und Gabriel erfüllt Straftatbestand der "Haushaltsuntreue"

Berlin (ots)

Bilanz nach einem Jahr "Kulanzregelung": Rund
40.000 geschädigte Autohalter noch immer ohne Hilfe - Weniger als 
fünf Prozent der unwirksamen Dieselpartikelfilter der Firmen GAT, 
Bosal und Tenneco ausgetauscht - Fortbestand der KBA-Zulassungen ist 
laut Gutachten der Deutschen Umwelthilfe rechtswidrig und kostet über
13 Millionen Euro an Steuergeldern - DUH will juristisch gegen 
Verantwortliche vorgehen
24. November 2008: Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD)
muss die amtliche Betriebserlaubnis für unwirksame 
Dieselpartikelfilter der Firmen GAT, Tenneco und Bosal "aus 
zwingenden rechtlichen und sachlichen Gründen" auch rückwirkend 
zurücknehmen. Das ist das zentrale Ergebnis eines von der Deutschen 
Umwelthilfe e.V. (DUH) in Auftrag gegebenen Rechtsgutachtens. 
Juristisch ist Tiefensee zum Handeln verpflichtet, weil die 
andauernde Praxis, etwa 40.000 Halter von Diesel-Pkw trotz nicht 
ordnungsgemäß funktionierender Filter steuerlich zu entlasten, gegen 
Recht und Gesetz verstößt. In der Sache muss die Konsequenz aus dem 
Scheitern der vor einem Jahr von Bundesumweltminister Sigmar Gabriel 
(SPD) ausgerufenen so genannten "Kulanzregelung" für einen 
kostenlosen Austausch der Betrugsfilter gezogen werden. "Binnen zwölf
Monaten wurde nicht einmal jeder Zwanzigste der unwirksamen 
Partikelfilter ausgetauscht", erklärte DUH-Bundesgeschäftsführer 
Jürgen Resch.
Am 28. November 2007 hatte Gabriel versucht, das Tohuwabohu um den
von der Deutschen Umwelthilfe e. V. (DUH) aufgedeckten Einbau 
zehntausender unwirksamer Dieselpartikelfilter durch eine freiwillige
Vereinbarung mit der Industrie ("Kulanzregelung") kurzfristig 
aufzulösen. Den ca. 45.000 betroffenen Autohaltern wurde seinerzeit 
zugesagt, der Austausch gegen neue Filter solle "möglichst sofort 
erfolgen". Da wo für einzelne Fahrzeugtypen keine geeigneten Filter 
verfügbar waren, hätten die Hersteller zugesagt, zeitnah im Jahr 2008
entsprechende Systeme bereitzustellen.
In einem vom Berliner Anwalt Dr. Remo Klinger im Auftrag der DUH 
erstellten Rechtsgutachten ("Rechtliche Konsequenzen der Verwendung 
unzureichend wirksamer Partikelminderungssysteme" - Download unter 
www.duh.de) wird nun im Einzelnen dargelegt, warum die fortdauernde 
Weigerung des dem Bundesverkehrsminister unterstellten 
Kraftfahrtbundesamts (KBA), die Betriebserlaubnisse der nicht 
ordnungsgemäß funktionierenden Filter rückwirkend aufzuheben gegen 
geltendes Recht verstößt und sogar strafrechtlich relevant ist.
"Wir erleben im Betrugsfilterskandal seit nunmehr zwei Jahren ein 
eklatantes Staatsversagen", sagte Resch. Zunächst seien seit November
2006 negative Prüfergebnisse der entsprechenden Filtersysteme vom 
Bundesumweltministerium der Öffentlichkeit vorenthalten worden, bis 
die DUH die Veröffentlichung ein Jahr später im November 2007 
gerichtlich durchsetzte. Doch statt in der Folge den über 40.000 
betroffenen Autohaltern zu helfen, handelten Gabriel und Tiefensee 
die erkennbar untaugliche Kulanzregelung aus und ermöglichten so 
ausgerechnet der Firma, die sich die amtliche Zulassung mit der 
Fälschung von Prüfergebnissen erschlichen hatte, ein inzwischen ein 
volles Jahr andauerndes Katz und Maus Spiel mit ihren geprellten 
Kunden. Resch bezog sich insbesondere auf gefälschte Prüfberichte der
Firma GAT Katalysatoren GmbH, auf deren Grundlage das KBA 
ursprünglich die Allgemeine Betriebserlaubnis für die Mehrzahl der 
später eingebauten mangelhaften Filter erteilt hatte.
Endgültig zu einer "Staatsaffäre"  wurde die Angelegenheit nach 
Überzeugung der DUH, weil die Bundesminister Tiefensee und Gabriel 
über alle Details unterrichtet waren und selbst dann nicht aktiv 
wurden, als klar war, dass die Kulanzregelung von den 
Betrugsfilterherstellern "vom ersten Tag ihres Bestehens an"  
hintertrieben wurde. So verspricht GAT seit einem Jahr, binnen 
weniger Wochen neu entwickelte und funktionstüchtige Filter 
ausliefern zu wollen. Doch auch ein Jahr nach Unterzeichnung der 
"Kulanzregelung" ist dieser angebliche neue Partikelfilter nicht 
lieferbar. Laut Auskunft des KBA wurde bis heute seitens GAT noch 
nicht einmal ein Antrag auf Zulassung gestellt.
Nach Recherchen der DUH wurden bis heute kaum fünf Prozent der 
mangelhaften Dieselpartikelfilter ausgetauscht. Etwa 40.000 Pkw 
fahren seit über einem Jahr mit funktionsuntüchtigen Partikelfiltern 
herum, werden dafür vom Staat mit 330 EUR Steuererleichterung 
alimentiert und verschärfen das Feinstaubproblem vor allem in den 
Ballungszentren. Schuld an diesem Skandal sind allerdings nach 
Überzeugung der DUH nicht die betroffenen Autohalter, von denen 
tausende vergeblich versucht haben, in ihren Werkstätten den in der 
Kulanzregelung versprochenen kostenfreien Austausch vornehmen zu 
lassen. Die Hauptschuld trage vielmehr der Betrugsfilterhersteller 
GAT, der Autohalter und Werkstätten mit immer neuen Nebelkerzen 
versuche, vom Filtertausch abzuhalten. Schuld seien aber auch die 
verantwortlichen Bundesminister, die "die Machenschaften der Firma 
GAT bis an die Grenze zur Komplizenschaft geschehen lassen", sagte 
Resch. So habe GAT nach Verkündung des Fortbestandes von 
Steuerbegünstigung und Plakette für ihre Betrugssysteme die 
Begleichung der Kosten für den Filtertausch faktisch eingestellt. 
Seit März 2008 verweigere zudem Tiefensee die Veröffentlichung neuer 
Zahlen zum gescheiterten Filtertausch. Die DUH klagt derzeit auf 
Herausgabe aktueller Zulassungszahlen vor dem Verwaltungsgericht 
Schleswig.
Das DUH-Rechtsgutachten kommt zu dem Schluss, dass das KBA 
verpflichtet sei, die rechtswidrig erlangten Allgemeinen 
Betriebserlaubnisse rückwirkend zurückzunehmen, weil die 
Voraussetzungen für die Erteilung in Wirklichkeit nie vorgelegen 
hätten. Bisher habe das Amt, das Bundesverkehrsminister Tiefensee 
unterstellt ist, "offenkundig rechtswidrige Zustände" hingenommen. 
Weil rechtswidrig Steuerentlastungen in Höhe von über 13 Millionen 
Euro gewährt worden seien, erfülle der Verzicht auf die Rückforderung
darüber hinaus sogar den Straftatbestand  der so genannten 
"Haushaltsuntreue". Nicht zuletzt führe die staatliche Untätigkeit 
spätestens zum 1. Januar 2010 dazu, dass zehntausende von Fahrzeugen 
mit hohem Feinstaubausstoß in Umweltzonen (z. B. in Berlin und 
Hannover) einfahren könnten, die dies eigentlich nicht mehr dürften.
"Die zuständigen Ministerien und das Kraftfahrt-Bundesamt handeln 
offensichtlich rechtswidrig, wenn sie die Betriebserlaubnisse für die
unwirksamen Filter nicht zurücknehmen", resümierte der Autor des 
Gutachtens Dr. Remo Klinger die Ergebnisse. Mit ihrer Untätigkeit 
verstoßen die Verantwortlichen laut Klinger nicht nur gegen 
objektives Recht, sondern schädigen zudem den Staatshaushalt und 
gefährden die Gesundheit und das Leben der Bürger, da Innenstädte 
absehbar weiterhin von solchen Autos befahren würden, die dazu wegen 
ihres hohen Feinstaubausstoßes ab 2010 kein Recht mehr haben. Bei 
weiterem Nichthandeln der Behörden, könnten folglich Bürger die 
Rücknahme der Betriebserlaubnisse vor Gericht erstreiten. Klinger "Es
gibt nicht nur ein Recht auf saubere Luft. Es gibt auch ein Recht auf
eine rechtmäßig handelnde Verwaltung."
Die Deutsche Umwelthilfe fordert nun die Abgeordneten des 
Deutschen Bundestages dazu auf, das offensichtlich rechtswidrige 
Vorgehen von Bundesumweltminister Sigmar Gabriel und 
Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee zu korrigieren und die 
Bundesregierung in der Konsequenz aus der gescheiterten 
Kulanzregelung dazu zu bewegen, nach geltendem Recht die 
Betriebserlaubnisse der unwirksamen Filtersysteme rückwirkend 
zurückzunehmen. "Alles andere wäre rechtswidrig und würde juristisch 
den Straftatbestand der Haushaltsuntreue erfüllen. Die DUH wird im 
Fall fortgesetzten Nichtstuns gegen diesen Politik- und Umweltskandal
erneut die Gerichte bemühen", kündigte Resch an.
Die DUH befürchtet über das aktuelle Problem hinaus Folgewirkungen
für vergleichbar gelagerte Fälle in der Zukunft und verweist dabei 
auf ein Unternehmen im bayerischen Aicha vorm Wald, das mit Duldung 
der bayerischen Staatsregierung unwirksame Oxidationskatalysatoren 
vertreibe. "Die Duldung rechtswidriger Zustände bei der 
Abgasreinigung von Fahrzeugen kann zum Präzedenzfall werden und 
gefährdet alle ehrlichen Betriebe", warnte Resch. Denn wenn in 
Zukunft andere Autoteile-Hersteller ebenfalls mit minderwirksamen 
Abgasreinigungssystemen überführt würden, würden diese sich auf die 
"staatlich akzeptierte Kulanzregelung im Fall GAT berufen und gleiche
Behandlung für vergleichbare Vergehen verlangen".
Die Chronologie des Partikelfilterskandals sowie das Rechtsgutachten 
können als PdF-Datei unter www.duh.de heruntergeladen werden.

Pressekontakt:

Dr. Gerd Rosenkranz, Leiter Politik, Hackescher Markt 4,
10178 Berlin; Tel.: 030 2400867-0, Mobil: 0171 5660577,
Fax: 030 2400867-19, Email: rosenkranz@duh.de

Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer, Hackescher Markt 4,
10178 Berlin; Mobil.: 0171 3649170, Fax: 030 2400867-19,
Email: resch@duh.de

Dr. Remo Klinger, Anwaltskanzlei Geulen&Klinger, Schaperstraße 15,
10719 Berlin, Mobil: 0171 2435458,Tel.: 030 884728-0,
Email: klinger@geulen.com

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