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Folgen einer abnormalen Chromosomenzahl weiter entschlüsselt

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Folgen einer abnormalen Chromosomenzahl weiter entschlüsselt

Dass eine abnormale Chromosomenzahl zu einem Proteinungleichgewicht in den betroffenen Zellen führt, ist seit einigen Jahren bekannt. Wie sich ein solches Ungleichgewicht im Detail auswirkt, haben Forschende der RPTU untersucht. Dabei haben sie überraschenderweise festgestellt, dass Proteomveränderungen die Funktion der Mitochondrien beeinträchtigen. Das wiederum könnte für die medikamentöse Behandlung von Krebserkrankungen relevant sein. Die Ergebnisse sind aktuell im Fachjournal Nature Communications erschienen.

Jede gesunde menschliche Zelle enthält 23 Chromosomenpaare, die während eines Prozesses, der als Zellteilung bezeichnet wird, dupliziert und gleichmäßig auf zwei Tochterzellen verteilt werden müssen. Wenn dabei jedoch etwas schiefgeht, erhält eine Tochterzelle ein zusätzliches Chromosom, während der anderen Tochterzelle ein Chromosom fehlt. Dieser Zustand einer unausgewogenen Chromosomenzahl wird als Aneuploidie bezeichnet und kommt besonders häufig in Krebszellen und in Zellen von Menschen mit Downsyndrom vor. „Schon ein einziges zusätzliches Chromosom führt zu vielen Problemen für die Zelle. Darunter fällt die Produktion unnötiger Proteine aus den zusätzlichen Chromosomen, die den Mechanismus der Zelle zur Aufrechterhaltung eines gesunden Proteingleichgewichts stören. Wie sich all dies jedoch auf molekularer Ebene manifestiert, ist noch nicht klar“, erklärt Professorin Zuzana Storchová vom Fachgebiet Molekulare Genetik der RPTU.

In einer aktuellen Studie haben Forschende um Zuzana Storchová, Leiterin des Fachgebiets Molekulare Genetik an der RPTU, und Prince Saforo Amponsah die damit verbundenen Prozesse in Zelllinien genauer entschlüsselt. Aus der nahezu diploiden Darmkrebszelllinie HCT116 wurden im Labor Zelllinien mit einer oder zwei zusätzlichen Chromosomenkopien hergestellt.

Die Forschenden konnten zeigen, dass Zellen mit zusätzlichen Chromosomen membranlose Strukturen, sogenannte Proteinaggregate, in ihrem Zytoplasma ansammeln. Diese Proteinaggregate enthalten hauptsächlich ein Protein namens Sequestrosom 1 (SQSTM1, auch bekannt als p62) – ein bekannter Rezeptor, der bereits bei der Verwertung defekter Proteine und beschädigter Zellorganellen identifiziert wurde. „Wir haben beobachtet, dass die Konzentration dieses Proteins in Zellen mit zusätzlichen Chromosomen höher war und dass die Menge mit der Größe des zusätzlichen Chromosoms zunahm“, sagt Prince Saforo Amponsah.

Die Forschenden fanden außerdem heraus, dass Zellen mit zusätzlichen Chromosomen eine veränderte mitochondriale Struktur und Funktion aufweisen. Der Grund: Mitochondriale Vorläuferproteine werden in p62-positiven Aggregaten sequestriert, also gewissermaßen „beschlagnahmt“, was wiederum ihren Transport in die Mitochondrien beeinträchtigt. „Da zusätzliche Chromosomen bei Krebs, Trisomie-Syndromen und verschiedenen anderen pathologischen Zuständen wie dem Altern häufig vorkommen, stellen unsere Zelllinien ein physiologisch relevantes Modellsystem für die Untersuchung der Auswirkungen von Proteom-Ungleichgewichten in menschlichen Zellen dar“, beschreibt Zuzana Storchová die Besonderheiten ihrer Forschung. „Unsere Forschung zeigt einen bisher unbekannten Zusammenhang zwischen genomischen Anomalien, proteotoxischem Stress und mitochondrialer Homöostase.“

Das Fazit: Obwohl Krebszellen Chromosomenanomalien aufweisen und ein Proteom-Ungleichgewicht zeigen, sind sie interessanterweise in der Lage, proteotoxischen Stress zu tolerieren, der für normale Zellen oft schädlich ist. „Unsere Ergebnisse deuten nun darauf hin, dass Krebszellen dafür möglicherweise ihren mitochondrialen Stoffwechsel ändern“, sagt Prince Saforo Amponsah. Diese Eigenschaft könnte zu einer erhöhten Arzneimittelresistenz bei aneuploiden Krebsarten beitragen. Prince Saforo Amponsah: „Langfristig hoffen wir, dass unsere Forschung mehr Licht in diesen Aspekt bringt und zu neuen therapeutischen Strategien zur Verbesserung der Gesundheit von Krebspatienten beiträgt.“

Das Forschungsprojekt „Mitochondriale Anpassung an unausgewogene Kopienzahlen des Kern- und Mitochondriengenoms“ ist Teil des STRESSistance-Graduiertenkollegs RTG 2737 an der RPTU – welches durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft DFG gefördert wird (Projektleitung: Zuzana Storchová). Darüber hinaus wurde das Projekt durch die rheinland-pfälzische Forschungsinitiative BioComp „Dynamische Membranprozesse in biologischen Systemen“ (Projektleitung: Zuzana Storchová) gefördert. Der Erstautor und Projektleiter Prince Saforo Amponsah wurde durch ein Postdoktorandenstipendium der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), das sogenannte Walter-Benjamin-Programm, sowie durch Forschungsgelder des TU-Nachwuchsring und der Joachim-Herz-Stiftung gefördert. Das Projekt ist eine Zusammenarbeit von Forschungsgruppen aus Kaiserslautern und München: Beteiligt sind die Gruppen Molekulare Genetik (RPTU, geleitet von Prof. Dr. Zuzana Storchová), Zellbiologie (RPTU, geleitet von Prof. Dr. Johannes M. Herrmann) und Systembiologie neurodegenerativer Erkrankungen (LMU-München, geleitet von Prof. Dr. Christian Behrends).

Die aktuelle Studie:

Amponsah, P.S., Bökenkamp, JE., Kurpa, O. et al. Aneuploidy-induced proteostasis disruption impairs mitochondrial functions and mediates aggregation of mitochondrial precursor proteins through SQSTM1/p62. Nat Commun 16, 5328 (2025). https://doi.org/10.1038/s41467-025-60857-4

https://www.nature.com/articles/s41467-025-60857-4

Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Prof. Dr. Zuzana Storchová

Fachgebiet Molekulare Genetik

Fachbereich Biologie, RPTU in Kaiserslautern

T +49 (0) 631 205 3250

E: zuzana.storchova@rptu.de

Dr. Prince Saforo Amponsah

Fachgebiet Molekulare Genetik

Fachbereich Biologie, RPTU in Kaiserslautern

T +49 (0) 631 205 4385

E: amponsah@rptu.de

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