All Stories
Follow
Subscribe to Europäisches Verbraucherzentrum Deutschland

Europäisches Verbraucherzentrum Deutschland

Dark Patterns überschatten das Weihnachtsgeschäft

Dark Patterns überschatten das Weihnachtsgeschäft
  • Photo Info
  • Download

Umfrage: Rund neun von zehn Online-Shoppern erleben fragwürdige Verkaufstricks

Kehl, den 15.12.2025 ­­­­– Das Weihnachtsgeschäft spielt sich nicht nur in funkelnden Innenstädten ab, sondern auch im Online-Handel klingen die Kassen nie süßer als zur Weihnachtszeit. Der Countdown für das Festtags-Shopping begann Ende November mit dem Black Friday. In einer für Online-Shopper repräsentativen Befragung gaben fast 90 Prozent der Verbraucherinnen und Verbraucher an, beim Online-Kauf durch die Gestaltung von Websites und Apps Verkaufstricks (sog. „ Dark patterns“) erlebt zu haben.

„Für Verbraucherinnen und Verbraucher kommt der Online-Bummel einem Stresstest gleich“, sagt Karolina Wojtal, Co-Leiterin des Europäischen Verbraucherzentrums Deutschland (EVZ). „Viele Menschen erleben, wie sie von Marketing-Tricks massiv beeinflusst werden. Und am Ende landen Produkte im Warenkorb, die sie ohne diese Manipulation gar nicht gekauft hätten.“

Kaufdruck statt Schnäppchenlaune

Insgesamt haben 85 Prozent der Befragten mindestens einen Verkaufstrick wahrgenommen. Insbesondere diese vier Muster fielen den Verbrauchern auf:

  • künstliche Zeitnot durch Countdowns oder „nur heute“-Hinweise (54 Prozent),
  • künstliche Knappheit: „nur noch wenige“, „gerade beliebt“ (46 Prozent),
  • aufdringliche Pop-Ups oder Push-Nachrichten, die zum Kauf drängen (36 Prozent),
  • stark personalisierte Kaufanreize (34 Prozent).

„Wer mit Countdowns, roten Warnhinweisen oder angeblichen Gewinnspielen konfrontiert wird, entscheidet nicht mehr in Ruhe, sondern im Alarmmodus“, so Wojtal. „Genau auf diesen Reflex zielen viele dieser Designs ab.“

Bedeutet Geschenke-Shopping wegen des Online-Marketings vieler Händler also Stress statt Weihnachtsvorfreude?

Spontankäufe, Reue und Rückzug

Vermutlich schon. Bei denjenigen, die diese Tricks (wie Countdowns oder Pop-Ups) beobachtet haben, sind die Folgen auch für den Geldbeutel spürbar. Etwa je ein Drittel der Befragten sagt, sie hätten:

  • sich unter Druck gesetzt gefühlt,
  • spontan etwas gekauft, das sie sonst nicht gekauft hätten,
  • und mehr Geld ausgegeben, als ursprünglich geplant.

Dies trifft vor allem auf die erwerbstätige Bevölkerung zu. Unter den Seniorinnen und Senioren gaben nur 14 Prozent an, Spontaneinkäufe getätigt zu haben. 11 Prozent der Befragten über 65 Jahre überschritt das geplante Budget. Das ist jeweils deutlich weniger als in jüngeren Altersklassen. Personen zwischen 18 und 39 Jahren gaben zu 36 Prozent an, kurzentschlossen gekauft zu haben. Fast 40 Prozent der 18- bis 29-Jährigen gaben außerdem mehr Geld aus als geplant. Bei den 30- bis 39-Jährigen waren es 32 Prozent.

Personen höherer Einkommensklassen gaben etwas häufiger an, mehr Geld ausgegeben zu haben, als geplant oder spontan gekauft zu haben. Umfrageteilnehmer mit einem Nettoeinkommen von über 6000 € bereuten den Kauf am häufigsten (24 Prozent). Befragte, die weniger Nettoeinkommen zur Verfügung haben, bereuten den Kauf nur in 10 Prozent der Fälle.

Rund jeder Fünfte berichtet, Käufe abgebrochen oder bestimmte Shops und Apps bewusst gemieden zu haben.

„Im Netzwerk der Europäischen Verbraucherzentren sehen wir anhand der eingehenden Beschwerden seit Jahren dasselbe Muster: Viele Menschen merken erst nach dem Klick, dass sie manipuliert wurden“, erklärt Wojtal.

Dark Patterns und Co: Ist das erlaubt?

In der Europäischen Union sind mehrere Gesetze in Kraft, die unter anderem unfaire oder irreführende Marketing-Tricks unterbinden sollen:

  • Der Digital Markets Act (DMA, Gesetz über digitale Märkte) verbietet es großen Online-Marktplätzen und Plattformen, eigene Produkte bevorzugt zu bewerben.
  • Der Digital Services Act (DSA, Gesetz über digitale Dienste) legt Kennzeichnungspflichten für Werbung fest und verbietet manipulative Designs. Nutzer müssen auch die Möglichkeit haben, personalisierte Werbung abzuschalten.
  • Der AI-Act (KI-Verordnung) enthält Transparenzregeln, die Anbieter bestimmter KI‑Systeme verpflichten, Nutzende darüber zu informieren, wenn sie mit KI interagieren und – bei bestimmten Inhalten – erkennbar zu machen, dass Inhalte KI‑generiert oder manipuliert wurden.

Die Verbraucherschützer des EVZ Deutschland gehen davon aus, dass Dark Patterns auch im Online-Weihnachtsgeschäft eine große Rolle spielen werden.

„Auch wenn es EU-weit bereits Regelwerke gibt, um Dark Patterns einzudämmen und teilweise zu unterbinden, so steht und fällt die Wirksamkeit dieser Vorgaben aktuell mit einer effektiven Durchsetzung. Nicht ohne Grund wird unter Verbraucherschützern der Ruf nach einem generellen Verbot von Dark Patterns in allen B2C-Beziehungen immer lauter, um unlauterem Wettbewerb, mangelnder Preistransparenz und einer Schwächung des Vertrauens in den Binnenmarkt entgegenzuwirken“, kommentiert Karolina Wojtal.

Hintergrund zur Umfrage

Das Meinungsforschungsunternehmen Civey hat am 1.12.2025 für das Europäische Verbraucherzentrum Deutschland 2.000 Personen ab 18 Jahren in Deutschland, die einmal im Monat im Internet einkaufen, online befragt. Die Ergebnisse sind unter Berücksichtigung eines statistischen Fehlers von 2,5 Prozent repräsentativ für die angegebene Gruppe.

Die Ergebnisse als Grafik zur Umfrage finden Sie im Anhang dieser Pressemitteilung.

Über das Europäische Verbraucherzentrum Deutschland

Das Europäische Verbraucherzentrum Deutschland steht Verbraucherinnen und Verbrauchern bei grenzüberschreitenden Problemen kostenlos zur Seite. Das juristische Team bemüht sich in Streitfällen um eine außergerichtliche Lösung. Außerdem berät es zu grenzüberschreitenden Verbraucherrechten im Allgemeinen.

Das EVZ ist Teil des Netzwerks der Europäischen Verbraucherzentren (ECC-Net). Finanziell unterstützt wird das EVZ durch die Europäische Kommission und das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz. Träger des EVZ ist der deutsch-französische Verein Zentrum für Europäischen Verbraucherschutz e. V. mit Sitz in Kehl.

Ansprechpartnerin für die Presse: Anna Maria Brünke

Europäisches Verbraucherzentrum Deutschland
c / o Zentrums für Europäischen Verbraucherschutz e. V.
Bahnhofsplatz 3, 77694 Kehl
T +49 (0) 78 51.991 48-17
 presse@evz.de | www.evz.de

Finanziert durch die Europäische Union. Die geäußerten Ansichten und Meinungen sind jedoch ausschließlich die des Autors / der Autoren und spiegeln nicht unbedingt die der Europäischen Union oder des Europäischen Innovationsrates und der Exekutivagentur für kleine und mittlere Unternehmen (EISMEA) wider. Weder die Europäische Union noch die Bewilligungsbehörde können dafür zur Verantwortung gezogen werden.

More stories: Europäisches Verbraucherzentrum Deutschland
More stories: Europäisches Verbraucherzentrum Deutschland