Westdeutsche Allgemeine Zeitung

WAZ: Wahlkampf in NRW - Linke und Grüne haben viele Gemeinsamkeiten - Leitartikel von Peter Szymaniak

22.03.2009 – 18:34

Essen (ots)

Die Schwäche der SPD bringt die Grünen in eine
strategische Zwickmühle: Die Öko-Alternativtruppe kommt 
realistischerweise nur in einer Dreierkoalition wieder an die Macht -
im Bund wie im Land Nordrhein-Westfalen. Für Rot-Grün alleine wird es
nicht reichen, wenn der SPD keine rasante Erholung gelingt. Doch weil
die SPD in Berlin ein Bündnis mit der Linkspartei strikt ablehnt, ist
der Griff nach der Macht für die Grünen im Bund nur mit der FDP zu 
schaffen.
Die Liberalen stehen allerdings für vieles, das der Grünen-Basis 
verhasst ist: privat vor Staat, mehr Deregulierung an den 
Finanzmärkten, Neubau von Atomkraftwerken, Steuersenkungen für 
Reiche, ein ge-gliedertes Schulsystem, Studiengebühren für Studenten.
Mit anderen Worten: Die Grünen könnten nur zum Preis der 
Selbstverleugnung mit den Liberalen regieren.
In NRW jedoch gibt es für die Grünen eine andere Option: 
Rot-Rot-Grün - ein Linksbündnis. Denn die Landes-SPD schließt aus 
machttaktischen Gründen eine Koalition mit den Dunkelroten nicht aus:
Ohne Linkspartei kann man wohl kaum Ministerpräsident Jürgen Rüttgers
(CDU) 2010 aus dem Amt kippen. Vergleicht man die Forderungen der 
Linkspartei mit denen der parteiintern ohnehin links verorteten 
NRW-Grünen, finden sich reichlich inhaltliche Gemeinsamkeiten: 
Festhalten am Atomausstieg, Gesamtschulen für alle, mehr 
Sozialleistungen für Arbeitslose, garantierte Mindestlöhne - kurz: 
Beide plädieren für einen starken Staat.
Die Bürger in NRW werden im Wahlkampf also eine klare Zuspitzung 
mit massiven Attacken gegen das jeweils andere Lager erleben: 
bürgerliche Koalition gegen Linksbündnis. Doch nach der Wahl werden 
die Karten neu gemischt. Viele Grünen-Funktionäre wollen unbedingt 
regieren - und würden sogar, wenn ein Bündnis mit der chaotischen 
Linkspartei unmöglich ist, mit Schwarz-Gelb paktieren, um wieder 
Gestaltungsmacht zu erringen. Dass man die Basis überzeugen kann, 
sind sich die Oberen sicher - nach dem Motto: "Wir Grüne müssen das 
Schlimmste verhindern".
Nicht ohne Hintergedanken hatten die Grünen-Führung deshalb die 
CDU-Prominente Rita Süssmuth zum Parteitag geladen. Man will den 
Parteifreunden zeigen, dass die Schwarzen doch nicht so schlimm sind,
wie viele denken. Umgekehrt lädt Rüttgers gerne Grüne zu 
Parteiveranstaltungen der CDU ein. Vorsichtige Enttabuisierungen, 
falls es im Mai 2010 nicht für Schwarz-Gelb alleine reicht.

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