OXFAM Deutschland e.V.

Großbetriebe sahnen ab: Erstmals Spitzenempfänger von EU-Agrarsubventionen in NRW veröffentlicht "Initiative für Transparenz bei EU-Agrarsubventionen" fordert Offenlegung in allen Bundesländern

07.11.2007 – 12:19

Berlin (ots)

Hamburg/Berlin, 7.11.2007. Zum ersten Mal ist es in
Deutschland gelungen, detaillierte Angaben über die Spitzenempfänger 
von EU-Agrarsubventionen zu erhalten. Die Behörden in 
Nordrhein-Westfalen (NRW) haben nach langem Zögern Anfragen der 
Transparenzinitiative sowie des Magazins "Stern" weitgehend 
stattgegeben. Damit ist NRW das erste und einzige Bundesland, das 
aufgrund eines Gerichtsurteils nach dem Informationsfreiheitsgesetz 
seiner Informationspflicht gegenüber den Steuerzahlern nachgekommen 
ist.
"Während jeder Hartz IV-Empfänger seine Vermögensverhältnisse offen 
legen muss, wird in Deutschland die Verteilung von jährlich 6,5 
Milliarden Euro Agrarsubventionen wie ein Staatsgeheimnis behandelt",
so Martin Hofstetter, Landwirtschaftsexperte von Greenpeace.
Erst ab 2009, also viel zu spät um die jetzige Agrarreformdiskussion 
zu beeinflussen, sollen die Zahlungen für ganz Deutschland bekannt 
gemacht werden. "Die aktuellen Veröffentlichungen aus NRW zeigen, 
dass der gegenwärtige Verteilungsschlüssel vor allem Adelshäusern, 
Großbetrieben, und der Agroindustrie zugute kommt. Es ist höchste 
Zeit, dass auch alle anderen Bundesländer diese Zahlen offen legen", 
fordert Marita Wiggerthale, Agrarexpertin bei Oxfam Deutschland. Auch
der Veröffentlichung der Empfänger von Exportsubventionen stehe nach 
heutiger Rechtslage nichts im Wege.
Zu den Spitzenempfängern von Direktzahlungen im Jahr 2006 in NRW 
gehören der Stromkonzern RWE (471.644,77 Euro) sowie die Gutsbetriebe
des Grafen von Westphalen (516.518,91 EUR). Die weiteren 
Großempfänger lesen sich wie das Who is Who des Hochadels: Fürst 
Metternich-Ratibor/ Corvey, Freiherr von der Leyen und Graf von 
Nesselrode/Grevenbroich, Graf von Spee/Finnentrop, Freifrau von 
Spiegel/Willebadessen, Droste zu Vischering/Rosendahl, Freiherr von 
Twickel/Havixbeck.
"In Nordrhein-Westfalen erhalten 14 Prozent der landwirtschaftlichen 
Betriebe zusammen mehr als die Hälfte aller Direktzahlungen, die in 
das Land gehen. 68 Großbetriebe erhalten mehr als 100.000 Euro. Den 
überwiegenden Teil der Arbeitsplätze aber stellen die kleineren und 
mittleren Betriebe. Das muss endlich bei der Verteilung 
berücksichtigt werden, sonst wird weiterhin nur Flächenbesitz statt 
Arbeitsplätze und regionale Wertschöpfung gefördert", so Ulrich 
Jasper von der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft.
Am 20. November 2007 wird die EU-Kommission ihre Vorschläge für eine 
Reform der europäischen Agrarpolitik ab 2009/2010 vorstellen. Die 
Kommission hat angekündigt, Korrekturen bei den Direktzahlungen u. a.
durch eine Staffelung der Zahlungen vorzusehen. Gerade die deutsche 
Bundesregierung hat jedoch bisher eine umfassendere Agrarreform 
ausgebremst und eine Staffelung der Zahlungen in Abhängigkeit von 
Betriebsgröße und Arbeitsplätzen verhindert. Eine Strukturreform der 
Agrarsubventionen - weg von Zahlungen, die sich allein an der 
Hektargröße eines Betriebes orientieren und hin zu einer Förderung 
konkreter ökologischer und regionalwirtschaftlicher Leistungen - wird
von der Bundesregierung abgelehnt.
"Wir fordern von Agrarminister Seehofer, die Vorschläge der 
EU-Kommission nicht länger zu blockieren, sondern dafür zu sorgen, 
dass Agrarsubventionen, statt für Großgrundbesitz, in Zukunft für 
Leistungen gezahlt werden, die gesellschaftlich erwünscht sind, wie 
rückstandsfreie Lebensmittel, Arten- und Klimaschutz", so Reinhild 
Benning vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND).
Die Liste der Empfänger von Agrarsubventionen in NRW können sie 
unter folgender Adresse einsehen: www.greenpeace.de oder  
www.wer-profitiert.de
Für weitere Infos wenden Sie sich bitte an:
Die "Initiative für Transparenz bei EU-Agrarsubventionen" ist ein 
Zusammenschluss von 36 Organisationen aus den Bereichen Entwicklung, 
Umwelt, Verbraucherschutz, Tierschutz, bäuerliche Landwirtschaft und 
Demokratie & Transparenz.

Pressekontakt:

Martin Hofstetter, Greenpeace, Martin.Hofstetter@greenpeace.de,
Tel.: 0171-870 66 45
Reinhild Benning, BUND, reinhild.benning@bund.net,
Tel.: 0176-65 09 83 41
Ulrich Jasper, Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft,
jasper@abl-ev.de,
Tel.: 02381-905 31 71
Marita Wiggerthale, Oxfam Deutschland, mwiggerthale@oxfam.de,
Tel.: 0162-138 63 21

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