Lausitzer Rundschau

Lausitzer Rundschau: Der Börsencrash und die Bundesregierung Blindheit und Wunschdenken

22.01.2008 – 20:46

Cottbus (ots)

Heute gibt die Regierung ihre Wirtschaftsprognose
für das Jahr 2008 bekannt, und die Zahlen von Minister Michael Glos 
(CSU) werden optimistisch sein. Kein Korrekturbedarf gegenüber dem 
Stand vom Sonntag, dem Tag vor dem schwarzen Montag an den Börsen.
Nun ist Beruhigung zweifellos erste Wirtschaftsminister-Pflicht in 
solcher Situation. Aber auch Blindheit? Das von der Bundesregierung 
vorausgesagte Wachstum von 1,7 Prozent liegt knapp über den 1,5 
Prozent, unterhalb derer es wieder losgeht mit steigender 
Arbeitslosigkeit. Und selbst diese schon reduzierte Vorhersage beruht
allein auf der Erwartung, eine stark steigende Binnennachfrage werde 
die Wirtschaft am Laufen halten. Der Export werde weniger wachsen - 
wohlgemerkt: weniger wachsen, nicht einbrechen.
Diese Prognose ist blind gegenüber der Tatsache, dass der 
Exportweltmeister Deutschland mehr als alle anderen betroffen sein 
wird, wenn in den USA eine rezessive Phase beginnt und darüber hinaus
die Weltkonjunktur sich abschwächt. Denn angesichts des anhaltend 
hohen Euro-Kurses war der Grenznutzen für deutsche Qualitätsprodukte 
in Übersee ohnehin schon erreicht. Was also, wenn der Export 
stagniert oder gar zurückgeht?
Noch wackeliger steht die zweite Säule der Glosschen Prognose da, der
Konsum. Es ist nicht mehr als Wunschdenken, das hier zu der Erwartung
berechtigt, dieser werde um drei Prozent zunehmen. Die Nachrichten 
aus der Börsenwelt erschüttern das Grundvertrauen der Bürger. Zudem: 
Steigende Ölpreise und eine Inflation von mehr als zwei Prozent sind 
den Konsumenten nicht entgangen. Im letzten Jahr sanken die 
Realeinkommen erneut. Und die sich andeutende Krise wird manchen 
Erhöhungstraum in den anstehenden Lohnrunden arg dämpfen. Was also, 
wenn die drei Prozent Plus beim Konsum nicht erreicht werden?
Es wäre besser, Glos würde den Bürgern heute klaren Wein einschenken:
Noch sind wir gut aufgestellt. Aber der Aufschwung neigt sich dem 
Ende zu. Das Land kommt wieder in eine härtere Phase. Wir können 
nichts mehr verteilen, sondern müssen uns ganz auf unsere 
Zukunftsfähigkeit konzentrieren, auf Bildung, Forschung, 
Infrastruktur. Wir müssen unsere Sozialsysteme krisenfester machen, 
die Lohnnebenkosten weiter senken und den Bürgern mehr Netto vom 
Brutto geben. Wir dürfen in unseren Reformanstrengungen nicht 
nachlassen.
Das müsste Michael Glos sagen. Aber er kann es nicht, selbst wenn er 
wollte. Denn er ist Wirtschaftsminister einer Großen Koalition.

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