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Börsen-Zeitung: Kommentar von Markus Frühauf zum Treffen der EU-Finanzminister und grenzüberschreitende Bankenfusionen: Kein Startschuss vom Ecofin

09.09.2004 – 19:11

Frankfurt (ots)

Dass sich die EU-Finanzminister auf ihrem
Treffen in Scheveningen mit den Hindernissen für grenzüberschreitende
Bankenfusionen befassen, ist dem Oranje-Doppel aus Finanzminister
Gerrit Zalm und ABN-Amro-Chef Rijkman Groenink zu verdanken. Denn das
Thema setzte die niederländische EU-Präsidentschaft auf die Agenda.
In Scheveningen wird neben den Spitzenmanagern von BNP Paribas
(Michel Pébereau) und Royal Bank of Scotland (George Matthewson) auch
Groenink sprechen.
Ob er die Gelegenheit nutzen wird, um sich über den italienischen
Notenbankpräsidenten Antonio Fazio zu beklagen, kann nur gemutmaßt
werden. Fazio hält den Einfluss ausländischer Banken in sehr engen
Grenzen. So musste sich ABN Amro bislang bei der Banca Capitalia mit
einer Beteiligung von knapp 10% und bei der Volksbank Antonveneta mit
12,3% begnügen. Groenink hat ein Interesse daran, dass die beiden
Banken fusionieren. Denn dann wäre ABN Amro größter Einzelaktionär
des neuen Instituts und hätte eine einflussreichere Position als
derzeit mit den einzelnen Beteiligungen.
Dass Fazio nach Gutsherrenart den inländischen Bankenmarkt vom
restlichen Europa abschotten darf, ist in der Tat ein Anachronismus.
Die Bankenaufsicht obliegt am Stiefel noch immer der Notenbank. Nach
der Parmalat-Pleite geriet auch Fazio unter Druck. Die geplante neue
Aufsichtsbehörde ist vom Parlament noch nicht verabschiedet worden.
Externer Druck könnte dem ins Stocken geratenen Prozess wieder auf
die Sprünge helfen. Dass sich der Ecofin mit grenzüberschreitenden
Bankenfusionen befasst, dürfte auch die nationalen Aufsichtsbehörden
sensibilisieren, nationale Aspekte nicht mehr überzugewichten.
Allerdings ist von den EU-Finanzministern kein Startschuss für die
europäische Bankenkonsolidierung zu erwarten. Während
grenzüberschreitende Fusionen im Investment Banking Alltag sind, gibt
es im Retail Banking Barrieren, die die Politik nicht aus dem Weg
räumen kann. Sprachliche und kulturelle Unterschiede stellen
natürliche Hindernisse dar. Hinzu kommen differierende Steuersysteme
und Produktbesonderheiten wie die im Ausland vor Fälligkeit mögliche
gebührenfreie Kredittilgung. Schließlich lassen sich Synergien
zwischen den Filialnetzwerken zweier Länder kaum realisieren. Den
Sprung ins Ausland wagt man zumeist nur wegen begrenzter
Wachstumsmöglichkeiten im Heimatmarkt. Deshalb buhlt auch die
spanische Großbank SCH um die britische Abbey National. Es ist gut,
wenn die EU-Finanzminister die Rahmenbedingungen erleichtern wollen.
Wunder sind von ihnen aber nicht zu erwarten.
(Börsen-Zeitung, 10.9.2004)
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