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Börsen-Zeitung: Bernankes bittere Pillen, Kommentar zu den Finanzmärkten von Dieter Kuckelkorn

20.03.2009 – 20:50

Frankfurt (ots)

Ben Bernanke, der Chairman der amerikanischen
Notenbank Federal Reserve, hat sich die Reaktion auf das neue, 
äußerst umfangreiche Hilfspaket seines Hauses vermutlich anders 
vorgestellt. Die Fed gibt, wie sie jetzt angekündigt hat, per Ankauf 
von Wertpapieren - darunter jetzt langlaufende Staatsanleihen - mehr 
als 1 Bill. Dollar zusätzliche Liquidität in die Märkte. Zwar hat die
Nachricht vom Mittwochabend am Bondmarkt ein Kursfeuerwerk ausgelöst.
Die Begeisterung der Anleger am Aktienmarkt über den Griff der Fed in
die Vollen verflog nach einer sehr kurzen euphorischen Reaktion 
jedoch rasch. Am Donnerstag verzeichnete der Dax ein mageres Plus von
gerade einmal 1,2%, am Freitag ging er mit einem noch schwächeren 
Aufschlag ins Wochenende. Am Devisenmarkt verzeichnete der Dollar gar
deutliche Verluste, was sicherlich nicht im Sinne von Amerikas 
oberstem Währungshüter ist.
Sicherer Hafen
Während die Akteure am Aktienmarkt noch hin und her gerissen sind 
- schließlich ist die Stimmung nicht ausgesprochen positiv, aber eben
auch nicht besonders negativ -, scheint die eindeutige Reaktion am 
Devisenmarkt der Schlüssel zu einer korrekten Einschätzung der 
aufsehenerregenden Maßnahmen zu sein. Der Greenback hatte in den 
vergangenen Wochen stets von der Finanzkrise profitiert. Er galt und 
gilt vielen Marktteilnehmern als sicherer Hafen, obwohl die Krise 
bekanntlich in den USA ihren Ursprung genommen hat. Die Robustheit 
des Dollar-Kurses wird unter anderem darauf zurückgeführt, dass die 
Verschuldung der USA bezogen auf das Bruttoinlandsprodukt niedriger 
ist als in Europa und dass die Fed bislang eine Politik der 
Zinssenkungen und Liquiditätsinjektionen gefahren hat, die mit Blick 
auf das Ausmaß der Krise noch als angemessen bezeichnet werden 
konnte. Auch bei den neuen Maßnahmen lässt sich zwar argumentieren, 
dass sie wohl unvermeidbar sind. Es ist jedoch zu befürchten, dass 
die von der Fed verabreichte Medizin erhebliche Nebenwirkungen hat. 
Dies schlägt auf den Dollar- Kurs durch und dürfte letztlich auch die
Aktienmärkte belasten. Was die Fed vorhat und was bald vielleicht 
auch die Europäische Zentralbank durchführen muss, läuft letztlich 
auf ein Drucken von Geld in großem Stil hinaus. Mittelfristig wird 
dadurch ein enormes Inflationspotenzial entstehen, zumal ja 
irgendwann auch noch die Zinssenkungen der Notenbanken ihre Wirkung 
entfalten dürften.
Eine aus dem Ruder laufende Inflation ist für den Aktienmarkt 
Gift, auch wenn beispielsweise Inhaber festverzinslicher Wertpapiere 
und von Bargeld noch härter getroffen werden. Inflation 
beeinträchtigt insbesondere in einem schwachen konjunkturellen Umfeld
die Gewinnmargen der börsennotierten Unternehmen, weil diese die von 
ihnen hinzunehmenden Kostensteigerungen in der Regel nur sehr 
unvollständig an ihre Kunden weitergeben können. Ihre realen 
Stückgewinne geraten daher unter Druck. Zudem neigen Geschäftspartner
in einem inflationären Umfeld dazu, höhere Risikoprämien zu fordern. 
Damit steigen die Kapitalkosten an. Und nach Berechnungen der 
österreichischen Sparinvest waren US-Aktienanleger bei 
Inflationsraten von mehr als 10% pro Jahr bislang meist lediglich 
bereit, den in der Bilanz vorhandenen Substanzwert zu zahlen. In 
Phasen niedriger Inflationsraten von rund 2% ließen sie sich 
typischerweise darauf ein, das Dreifache der Substanzwerte auf den 
Tisch zu legen.
Ungutes Gefühl
Ein weiterer Risikofaktor liegt in der scharfen 
Disinflationspolitik, die Notenbanken gemeinhin in einem stark 
inflationären Umfeld anwenden. Diese dämpft das Wachstum und damit 
die Ertragsaussichten der Unternehmen. Und schließlich mag auch so 
manchen Aktienanleger ein ungutes Gefühl beschleichen, wenn er sich 
vergegenwärtigt, dass die letztlich durch ein Übermaß an Liquidität 
auf den Märkten verursachte Krise dadurch bekämpft wird, dass noch 
sehr viel mehr Liquidität injiziert wird.
Den Aktienmärkten wird Bernankes bittere Medizin also wohl keinen 
Auftrieb geben. Eine nachhaltige Erholung wird erst dann einsetzen, 
wenn die konjunkturellen Frühindikatoren zuverlässig eine 
Verbesserung des Umfelds anzeigen.

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