Schwäbische Zeitung

Schwäbische Zeitung: Ein Park, kein Untergang - Leitartikel

04.05.2014 – 20:40

Ravensburg (ots)

Eine "Spur wilder" soll der Südwesten Deutschlands mit dem neuen Nationalpark Schwarzwald werden - dem 15. auf deutschem Boden. Grüne und SPD in Baden-Württemberg haben versprochen, im Falle eines Machtwechsels so einen Park einzurichten. Jetzt ist er da. Erfunden haben andere diese Idee. Die ersten Skizzen reichen weit zurück in Zeiten, als noch die CDU das Land regierte. Deshalb machen es sich die heutigen Oppositionsparteien mit ihrem Vorwurf zu leicht, die Landesregierung mit dem studierten Biologen Winfried Kretschmann an der Spitze widme sich nur ihr aufgeschlossenen Wählerschichten und nicht den Menschen in der Region. Den zum Teil erbittert geführten Streit um das Projekt prägte stark der Begriff der "Politik des Gehörtwerdens", den sich Grün-Rot als Leitbild gegeben hat. Dieser wird vermehrt so interpretiert, ein Nein in einzelnen Gemeinden mache jede weitere Diskussion über Sinn und Unsinn dieses Parks überflüssig. Nach diesem Prinzip wäre ein Staat bei übergeordneten Entscheidungen lahmgelegt - zum Schaden aller. Die nachvollziehbaren Ängste unterscheiden sich zudem kaum von den Bedenken etwa im bayerischen Wald. Auch dort fühlten sich die Skeptiker übergangen. Längst befinden sich die Kritiker in der Minderheit. Ganz so ungestüm und schnell übernimmt die Natur doch nicht das Regiment. Straßen, Windräder, Bahnhofsprojekte und eben auch ein Nationalpark sorgen vielerorts für Protest. Das Recht zum Widerspruch gehört zu den Grundwerten einer diskussionsbereiten Gesellschaft. Die Pflicht, Mehrheitsentscheidungen zu respektieren, allerdings auch. Der Nationalpark Schwarzwald wird die Region nicht in die Finsternis führen. Er bietet vielmehr Chancen, einen Ausgleich zu finden zwischen den Zielen eines wirtschaftlichen starken Landes und dem Bekenntnis dazu, dass auch dem Menschen Grenzen gesetzt sind. Der Nationalpark Schwarzwald steht nicht für ein kompromissloses Zurück zur Natur - zu Lasten des Wohlstands. 10000 weitere Hektar Natur pur aber sind zu verkraften - auch in Deutschland.

Pressekontakt:

Schwäbische Zeitung
Redaktion
Telefon: 0751/2955 1500
redaktion@schwaebische-zeitung.de

Original-Content von: Schw�bische Zeitung, übermittelt durch news aktuell

Orte in dieser Meldung
Weitere Storys: Schwäbische Zeitung
Weitere Storys: Schwäbische Zeitung
  • 02.05.2014 – 20:39

    Schwäbische Zeitung: Oettinger füllt sein Amt aus - Leitartikel

    Ravensburg (ots) - In die deutsche Politik zieht es ihn nicht mehr. Und wenn man Günther Oettinger zuhört, wird auch schnell klar, weshalb er dieses Kapitel für sich abgeschlossen hat. Der frühere baden-württembergische Ministerpräsident kann mit Parteiraison nichts mehr anfangen, weil sie ihm zu eng geworden ist. Er hat die Freiheiten schätzen gelernt, die ihm sein Amt als EU-Kommissar in Brüssel bietet, und er ...

  • 01.05.2014 – 22:15

    Schwäbische Zeitung: Das Dogma muss weg - Kommentar

    Ravensburg (ots) - Herrlichen Fußball haben sie gespielt, schon im März waren die Bayern Meister. National schien eine Saison ohne Niederlage möglich, international erneut der Champions-League-Titel - dank Pep Guardiola, dem Wundertrainer aus Spanien, dem Tiki-Taka-Guru mit Titelgarantie. Nun, nach dem Debakel gegen Real Madrid, soll alles falsch gewesen sein? Natürlich nicht, nicht einmal sein Mantra vom Ballbesitz ...

  • 01.05.2014 – 22:12

    Schwäbische Zeitung: Placebo gegen rechts - Kommentar

    Ravensburg (ots) - Man muss nicht bis zum Sommer 2015 warten, um zu ahnen, was die Enquete-Kommission zum Rechtsextremismus in Baden-Württemberg herausfinden und empfehlen wird. Die Abgeordneten und Experten werden feststellen, dass es auch im Südwesten Neonazis gab und gibt. Man wird erklären, dass es Geld und Planungssicherheit braucht für Prävention, Aufklärung und Netzwerke gegen rechts. So weit, so bekannt. ...