Schwäbische Zeitung

Schwäbische Zeitung: Der Preis der Finanzkrise - Leitartikel

23.04.2014 – 20:56

Ravensburg (ots)

Vor zwei Jahren stand der Euro vor dem Kollaps. Heute würden nicht einmal Pessimisten auf das Ende der Gemeinschaftswährung wetten. Die Euroländer haben das Schlimmste hinter sich.

Die Überwindung der akuten Finanzkrise ist eine große Gemeinschaftsleistung der Europäer. Ohne auf historische Blaupausen zurückgreifen zu können, trafen Hauptakteure wie Bundeskanzlerin Angela Merkel und Europas Zentralbankchef Mario Draghi Entscheidungen, die sich im Nachhinein als richtig erwiesen. Sie widerstanden Forderungen linker Politiker nach einer Vergemeinschaftung der Schulden ebenso wie populistischen Vorstößen, südeuropäische Krisenstaaten aus dem Euro zu drängen. Die Bewältigung der Probleme verlief allerdings keineswegs so konsequent wie die Rückschau weismacht. Sie war begleitet von Irrtümern und Fehleinschätzungen. Zu Beginn etwa hingen Politiker und Ökonomen dem Glauben an, der Krise sei allein mit strengem Sparen beizukommen. Von einer Beteiligung der Finanzindustrie wollte niemand etwas wissen. Politiker machten sich zu Erfüllungsgehilfen der Banken und Versicherungen.

Die Enteignung von Gläubigern ist heute kein Tabu mehr, die Beteiligung der Finanzkonzerne selbstverständlich. Aus vielen Bauchentscheidungen und Absichtserklärungen ist ein kompliziertes Regelwerk geworden, das dem Euro eine zweite Chance gegeben und die Banken in die Schranken gewiesen hat.

Dafür zahlen die Bürger einen doppelten Preis: als Steuerzahler und Sparer. Viele Banken haben ihre faulen Kredite auf Giftmüllhalden ausgelagert. Diese Altlasten der Finanzwirtschaft werden eines Tages mit dem Geld der Steuerzahler beseitigt. Die Zeche der öffentlichen Hand begleicht der Sparer. Die Staaten können sich in Zeiten niedriger Zinsen so billig wie nie verschulden, selbst Griechenland bekommt wieder günstig Kredit. Dafür nehmen die Staaten billigend in Kauf, dass sich der Wert der Lebensversicherungen und Sparguthaben verflüchtigt. Niedrige Zinsen sind der politisch gewollte Preis der Eurorettung.

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