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Günter Grass und Martin Walser im ZEIT-Gespräch: Wer ein Jahr jünger ist, hat keine Ahnung

Hamburg (ots)

Auf Einladung der ZEIT trafen sich die beiden
berühmtesten lebenden deutschen Schriftsteller zum Gespräch. Die 
beiden, die in diesem Jahr ihren 80. Geburtstag feiern, verbindet 
eine jahrzehntelange Freundschaft: "Ich liebe ihn", sagt Grass über 
Walser. "Du hast wirklich toll ausgesehen", sagt Walser über das 
erste Treffen 1955, "und das tust du auch heute noch."
Ausführlich sprechen die beiden Schriftsteller über das Leben und 
Arbeiten im Alter. "Es war noch nie so unerlaubt, älter zu werden als
arbeitender Mensch, wie jetzt!", sagt Walser. "Und wenn ein Älterer 
liebt, ist es nicht Liebe, sondern ,Altersgeilheit'". Grass 
beschreibt die Schwierigkeiten beim Schreiben: "Das Papier ist nach 
wie vor erschreckend weiß ... Das Wagnis, in eine ungeordnete 
Stoffmasse so etwas wie eine erzählbare Ordnung hineinzubringen, ist 
für mich ein durch nichts zu ersetzendes Abenteuer." Am Anfang seiner
Karriere habe er die "aberwitzige Befürchtung" gehabt, er müsse etwas
zu Ende bringen, bevor er jung sterbe. "Das war keine Angst vorm 
Älterwerden, aber vorm Abkratzen, bevor das Buch fertig ist."
Hart ins Gericht gehen beide Autoren mit der Literaturkritikerin 
Elke Heidenreich, die jüngst die Arbeit der beiden als "ekelhafte 
Altmännerliteratur" bezeichnet und gesagt hatte, sie lese beide nicht
mehr. "Das ist genial", sagt Walser. "Eine Literaturkritikerin, die 
als Päpstin bezeichnet wird, hat nichts mehr von uns gelesen und 
findet trotzdem, dass Grass und Walser seit Jahren nichts Gutes mehr 
geschrieben haben." Grass: "Das ist an Dummheit und Unverschämtheit 
nicht mehr zu übertreffen ... Nicht nur wir beide, sondern eine 
Vielzahl von Autoren sind von diesen Dummheiten betroffen. Wir beide 
können von unseren Büchern leben. Aber für andere sind solche Urteile
absolut vernichtend."
Auch wenn beide Schriftsteller selten die gleichen politischen 
Ansichten hatten, sind sie sich einig in ihrer Kritik an den 
deutschen Medien. Grass erkennt in der deutschen Presse eine Freude 
am Niedermachen: "Sie haben doch als Journalisten eine 
Sorgfaltspflicht! Sie müssen doch prüfen, ob es zum Beispiel erlaubt 
ist, im Zusammenhang mit Berichten über meine wenigen Monate in der 
Waffen-SS Bilder von der Auslöschung des Warschauer Ghettos zu zeigen
und so eine Verbindung herzustellen zwischen dem "SS-Mann Günter 
Grass" und diesen Verbrechen. Das ist doch grauenhaft! Im Ausland 
schüttelt man den Kopf darüber, wie man mit uns beiden hierzulande 
umgeht." Walser: "Wenn wir uns verhalten zu den Auswirkungen des 
Zeitgeists in den Medien, dann bleibt in den Medien übrig, dass wir 
uns über die Medien beklagen, als sei das eine Halskrankheit von 
uns."
Das komplette ZEIT-Interview der ZEIT Nr. 25 vom 14. Juni 2007 
senden wir Ihnen gerne zu.
Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an:
0Elke Bunse, DIE ZEIT Presse- und Öffentlichkeitsarbeit 
(Tel.: 040/3280-217, Fax: 040/3280-558, E-Mail:  bunse@zeit.de)

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