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Alan Rusbridger beim scoopcamp 2019: "Nachrichten müssen öffentliches Gut sein" (FOTO)

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Hamburg (ots)

Der Journalismus der Zukunft ist visuell, interdisziplinär und ausdifferenziert. Zu diesem Ergebnis kamen die Teilnehmer des scoopcamp 2019, das um die 250 Journalisten, Entscheider und Innovatoren der Medienbranche in Hamburg versammelte. In Vorträgen, Talkrunden und Workshops wurden zum bereits elften Mal die aktuellen Herausforderungen und Innovationen der Medienlandschaft diskutiert.

Den Startschuss für die Innovationskonferenz für Medien gab Dr. Carsten Brosda, Senator für Kultur und Medien der Freien und Hansestadt Hamburg, mit seiner Begrüßungsrede: "Die Medienbranche befindet sich in einem rasanten Umbruch. Neue Technologien bringen neue Kommunikationsmöglichkeiten und neue Formen der Öffentlichkeit mit sich." In Zeiten des Wandels sei die Hamburger Medienkonferenz für Innovation als Debattenplattform umso wichtiger. "Das scoopcamp hilft der Medienbranche, im direkten Austausch mit hochkarätigen Speakern aus der ganzen Welt und durch Vernetzung geeignete Antworten für die Zukunft zu finden. Es betont, dass Journalismus immer Mittel zum Zweck der Kommunikation ist. Unabkömmliche Werte sind Wahrhaftigkeit und Vertrauen - sie gilt es auch in Zukunft zu stärken", sagte Brosda.

Ihm folgte Anita Zielina (Director of News Innovation and Leadership, Craig Newmark Graduate School of Journalism, CUNY) mit einer Laudatio auf Shazna Nessa, die mit dem scoop Award ausgezeichnet wurde. "In unserer sich wandelnden Medienwelt braucht es Journalisten, die Menschen hinter sich versammeln und den Journalismus in die Zukunft führen. Shazna Nessa gehört zu dieser sehr seltenen Art von Journalisten. Sie steht für Innovation und Inspiration und hat mit ihrem Fokus auf einen visuellen Journalismus die gesamte Medienbranche nachhaltig verändert", so Zielina.

Im Anschluss an Ihre Auszeichnung zeigte Nessa in ihrer Keynote mit dem Titel "Flipping the journalism paradigm with textured storytelling and design at the center" auf, wie Ideenreichtum und Innovationskraft bei einem informierten und engagierteren Publikum Wirkung entfalten können. Mit Praxisbeispielen aus den Bereichen Datenvisualisierung, Künstliche Intelligenz und immersives Storytelling verdeutlichte sie die enormen Möglichkeiten, die sich durch den Einsatz visueller Elemente für den Journalismus ergeben können. Visuals könnten komplexe Sachverhalte vereinfacht darstellen und Nutzer*innen erzählerisch durch große Datenmengen führen. Gleichzeitig appellierte sie an ihre Zuhörer, nicht nur Journalismus zu betreiben, sondern ihn mit allen Fähigkeiten, die man hat, weiterzuentwickeln. Interdisziplinäres Arbeiten bringe viele verschiedene Perspektiven zusammen und fördere so den Journalismus.

Der visuelle Journalismus stand auch bei Jeremy Caplan (Tow-Knight Center for Entrepreneurial Journalism, City University of New York) im Fokus. Ob holografische Displays, personalisierte Videos oder KI-generierte Audiodateien - Caplan präsentierte im Rahmen seiner Keynote Visual-Tools sowie nützliche Apps, Websites und Ressourcen und zeigte damit die Bandbreite an technologischen Möglichkeiten auf, die den Menschen heute schon zur Verfügung stehen. Gleichzeitig warnte er vor davor, Hypes zu folgen. Der Journalismus brauche mehr als nur Technologie-Trends, um sich weiterzuentwickeln. Vielmehr seien es neue Kreationsprozesse und veränderte Organisationsstrukturen, die den Journalismus nachhaltig verändern würden.

Als dritter Keynote-Sprecher thematisierte Alan Rusbridger (Principal of Lady Margaret Hall, University of Oxford) im Anschluss aktuelle Entwicklungen der Medienwelt. Der langjährige Chefredakteur und Herausgeber der britischen Tageszeitung The Guardian widmete sich der gegenwärtigen Vertrauenskrise des Journalismus und mahnte, dass sich der Journalismus wieder mehr auf seine Basics konzentrieren müsse. Es brauche Fakten, denen Menschen vertrauen können und die unsere Gesellschaft unbedingt brauche. Denn Gerechtigkeit funktioniere nicht ohne Fakten. Aus diesem Grund sprach er sich für Nachrichten als ein öffentliches Gut aus und forderte, dass der Zugang zu Informationen nicht durch Paywalls verhindert werden dürfen. Wie aber Inhalte monetarisieren? Aus seiner Sicht brauche es eine Art Freiwilligen-Modell, ganz nach dem Motto "I pay so everyone can read".

Für den Abschluss des Kongressvormittags sorgte Helge Birkelund (Vice President of Sports, Amedia), der am konkreten Fallbeispiel von Amedia Direktesport aufzeigte, wie das norwegische Medienhaus in den vergangenen Jahren dank lokaler Sportstreaming-Angebote enorm gewachsen ist. Das Erfolgsgeheimnis: Mit möglichst geringen Mitteln ein möglichst großes Angebot schaffen. Es gehe nicht um die Frage, ob für die Übertragung einer Sportveranstaltung zwei oder drei Kameras benötigt werden, sondern um die Frage, ob man das Spiel überhaupt überträgt. Auf diese Weise könnten Nischen besetzt und Angebote geschaffen werden, die es zuvor einfach nicht gab. Heute streamt Amedia Direktesport jährlich über 3.000 Sportereignisse. Die Kombination aus lokaler Relevanz und emotionalen Reportern, die den Zuschauern den lokalen Enthusiasmus vermitteln, funktioniere überraschend gut und habe die Abonnentenzahlen auf ein neues Rekordhoch anwachsen lassen.

Den Nachmittag eröffneten die Teams des Inkubator-Programms MEDIA LIFT von nextMedia.Hamburg, die ihre innovativen Geschäftsideen vorstellten. Hinterher warteten nach alter scoopcamp-Tradition interaktive Workshops und Diskussionsrunden auf die Gäste. So sprachen Joachim Dreykluft, Marlene Borchardt und Barbara Maas (alle HHLab der shz) zum Thema "Neu denken statt meckern: Wir bauen eine Medienutopie". Martin Schön und Milan Bargiel (beide ZEIT ONLINE) verkündeten das "Ende der Bauklötzchen" und schilderten, warum sie ihr eigenes CMS hackbar gemacht haben. Juan Labourt (Google UK) stellte in seinem Workshop Tools zum besseren Verständnis von Zielgruppen vor. Der Workshop von Christian Pieper (FUNKE digital) und Katja Fleischmann (dpa) stand unter dem Motto "Story driven Reader Revenue: Nutzer*innen mit den richtigen Inhalten zu zahlenden Kund*innen machen". Und auch Jeremy Caplan hielt, zusätzlich zu seiner Keynote, einen Workshop ab. Hier konnten die zuvor vorgestellten Visual-Tools getreu der Devise "Hands On with New Tools for Visual Storytelling" in der Praxis angewendet und ausprobiert werden.

Das Abschluss-Panel mit Anita Zielina (Director of News Innovation and Leadership, Craig Newmark Graduate School of Journalism, CUNY), Romanus Otte (Executive Publisher, Business Insider Deutschland), Astrid Maier (Chefredakteurin XING News, XING SE), Peter Kropsch (Vorsitzender der Geschäftsführung, Deutsche Presse-Agentur dpa) und Marco Fenske (Chefredakteur, RedaktionsNetzwerk Deutschland RND) beantwortete schließlich die wichtigsten Fragen des Tages: Haben die Medien die richtigen Formate? Schränkt der Vertrieb die Pressefreiheit ein? Und vor allem: Wie sehen die Business-Modelle der Zukunft aus? Romanus Otte machte deutlich, dass es hier nicht das eine Modell als Lösung für alle Wettbewerber gäbe, sondern sehr ausdifferenzierte Finanzierungsmodelle für sehr ausdifferenzierte Journalismus-Modelle. Anita Zielina merkte an: "Wir sollten weg von der Frage: Wie verdienen wir Geld? Vielmehr sollten wir uns fragen: Wie schaffen wir es, Inhalte zu produzieren, für die Nutzer bereit sind zu bezahlen? Produzieren wir wirklich etwas, das die Zielgruppe bedient?" Man müsse sich die Frage stellen, wie relevant die eigene journalistische Arbeit sei und was die Nutzer*innen wirklich lesen wollen. Astrid Maier lobte diese Entwicklung und merkte an: "Erfolgreiche digitale Produkte können nicht entstehen, wenn Abteilungen getrennt voneinander arbeiten." Marco Fenske bilanzierte: "Der Kern des Journalismus wird dennoch gleich bleiben: Journalismus muss auch in Zukunft einordnen, Haltung geben, bewerten und Debatten führen."

Spannende Einblicke vom scoopcamp 2019 gibt es in unserem Buzz Rank (https://monitor.buzzrank.de/infographic/scoopcamp19) sowie im offiziellen Video (https://www.youtube.com/watch?v=_jFIlHFIXfI&feature=youtu.be). Ein Re-Live der Eventübertragung gibt es auf YouTube (https://www.youtube.com/watch?v=jIfbCqk82-k).

Wir freuen uns auf das scoopcamp im nächsten Jahr: Am 24. September 2020 in Hamburg. Vergünstigte Crazy Bird-Tickets gibt es hier: https://www.scoopcamp.de/tickets/

Über das scoopcamp

Das scoopcamp ist die Innovationskonferenz für Medien. Seit 2009 lädt nextMedia.Hamburg jährlich zusammen mit der dpa Deutsche Presse-Agentur GmbH mehr als 250 Experten, Entscheider und Innovatoren der IT- und Medienbranche zur Diskussion über Trends und aktuelle Themen an der Schnittstelle zwischen Redaktion, Programmierung und Produktentwicklung ein. Im Fokus stehen Themen wie "Data Journalism", "Social Media" und "New Storytelling" in digitalen Medien. www.scoopcamp.de

Über nextMedia.Hamburg

nextMedia.Hamburg ist die Standortinitiative für die Hamburger Medien- und Digitalszene. Die Initiative unterstützt eine innovationsorientierte Zusammenarbeit zwischen Medien- und Digitalunternehmen, Hochschulen, ihren Studierenden sowie engagierten Treibern aus Hamburg. Ziel von nextMedia.Hamburg ist es, Hamburgs Spitzenposition als Medien- und Digitalstandort auszubauen. Die Initiative versteht sich als Knotenpunkt in einem starken Netzwerk. Sie ist Teil der Hamburg Kreativ Gesellschaft mbH.

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