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Merz: Wir brauchen eine moderne Bundeswehr mit Wehrpflicht

Berlin (ots)

In der morgigen Ausgabe der Eßlinger Zeitung erscheint folgende
Kolumne des Vorsitzenden der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Friedrich
Merz MdB:
Etwas abseits vom ganz großen öffentlichen Interesse, steuert
Verteidigungsminister Scharping die Bundeswehr in eine handfeste
Krise. Das Geld ist knapp, die Meinungsverschiedenheiten in der
Regierungskoalition über außen- und sicherheitspolitische
Grundsatzfragen tief und der zuständige Minister nicht
durchsetzungsfähig. Die Parole heißt: "So schnell wie möglich alle
Entscheidungen durchs Kabinett, keine öffentliche Debatte. Sonst
würde das ganze Ausmaß des Durcheinanders deutlich. So kann man mit
der Öffentlichkeit nicht umgehen. Diesen Umgang hat vor allem die
Bundeswehr nicht verdient.
Eine Strukturreform der Bundeswehr ist nötig. Nach der Überwindung
der Teilung Europas, ist eine militärische Bedrohung durch eine
Invasion unwahrscheinlich geworden. Die Bedrohung Deutschlands und
des Europäischen Kontinentes hat eine andere Qualität bekommen. Die
Gefahren gehen heute von dem Zerfall von Staaten in Europa, wie im
ehemaligen Jugoslawien, der Weitergabe von Massenvernichtungswaffen
und Diktatoren aus, die zum Teil heute schon über Waffen verfügen, in
deren Reichweite auch die Bundesrepublik Deutschland liegen kann.
Verteidigungsfähigkeit heißt heute also etwas anderes als noch vor
zehn Jahren. Aber sicher ist, dass wir auch in Zukunft nur innerhalb
der NATO dazu in der Lage sein werden. Deshalb muss Deutschland
seinen Bündnisverpflichtungen nachkommen. Mit den derzeitigen Mitteln
können wir das nicht mehr ausreichend. Unter der Regierung Schröder
ist Deutschland, gemessen an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit,
innerhalb der NATO soweit zurückgefallen, dass nur noch Luxemburg und
Island einen geringeren Beitrag leisten.
Wir brauchen aber auch eine Definition der deutschen Interessen.
Dazu gehört nicht zuletzt die Fähigkeit zur Landesverteidigung. Das
ist an sich eine pure Selbstverständlichkeit, die aber mit den von
Scharping vorgetragenen Überlegungen massiv in Frage gestellt wird.
Wir brauchen eine Personalstärke der Bundeswehr, die den Aufgaben
der Zukunft gerecht wird. Man kann die Personalstärke der Bundeswehr
nicht nach kurzfristig verfügbaren Haushaltsmitteln bestimmen,
sondern man muss sie nach den sicherheitspolitischen Erfordernissen
der Landesverteidigung und der NATO-Verpflichtungen ausgestalten.
Wir brauchen eine Bundeswehr, die auch in Zukunft maßgeblich auf
der Wehrpflicht aufbaut. Die Bundeswehr wird in der Bevölkerung der
Bundesrepublik Deutschland nur dann auf Dauer Zustimmung und
Akzeptanz finden, wenn sich auch die Zeitsoldaten und Berufssoldaten,
so wie es heute der Fall ist, zum größten Teil aus den
Wehrpflichtigen rekrutieren. Aber wenn die Wehrpflicht glaubwürdig
begründet bleiben soll, dann brauchen wir mehr Wehrgerechtigkeit. Das
kann man mit nur noch 75.000 Wehrpflichtigen, wie von Scharping
gewollt, nicht erreichen.
Die Bundesregierung darf diesen schwierigen Fragen nicht einfach
ausweichen. Wir brauchen eine breit angelegte Debatte über die
Bundeswehr, die Landesverteidigung, die Bündnisverpflichtungen und
die internationalen Verpflichtungen Deutschlands. Denn es geht um
große, langfristig angelegte Entscheidungen, die nicht nur die
Bundeswehr unmittelbar betreffen, sondern die Außen- und
Europapolitik überhaupt. Deshalb muss die Debatte jetzt begonnen
werden und nicht schon zu Ende sein.

Rückfragen bitte an:

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Tel.: (030) 227-52360
Fax: (030) 227-56660
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