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myclimate von Stiftung Warentest zu Unrecht abgestuft – Qualitätsurteil «gut» nach wie vor gerechtfertigt

Stiftung Warentest hat in «Finanztest Ausgabe 11/2022» den nach 2018 zweiten Test zu Anbietern von CO₂-Kompensationen veröffentlicht. 2018 wurde myclimate mit «gut» beurteilt, im aktuellen Test nur noch mit «ausreichend», obwohl myclimate nichts verändert hat. Nach Auswertung aller Kritikpunkte und einem Abgleich mit Fach- und Expertenwissen stellen wir fest, dass der Test auf mangelnder Wissenstiefe beruht und die neuste Umsetzungsgrundlage aus dem Paris Abkommen 2021 nicht berücksichtigt. Bei adäquater Beurteilung hätte myclimate erneut mindestens die Bewertung «gut» erhalten müssen.

Aufmerksamkeit für Klimaschutz ist wichtig. Als gemeinnützige Organisation, die mit Beratung, Bildung und Klimaschutzprojekten Zukunft gestalten möchte, begrüßen wir den Grundgedanken, Klimaschutz stärker in die öffentliche Wahrnehmung zu rücken. Auch für sachgemäße Kritik sind wir dankbar – alles, was den Klimaschutz verbessert, ist wünschenswert.

Das von Stiftung Warentest durch den Test gezeichnete Gesamtbild verzerrt jedoch die Klimaschutzrealität. Als Klimaschutzpioniere ist es uns ein Anliegen, die für uns vorliegenden Mängel in der Bewertung zu kommentieren und notwendiges Hintergrundwissen zu vervollständigen.

Im Test wurden vier Kategorien mit unterschiedlicher Gewichtung bewertet:

  • Qualität der Kompensation (Gewichtung 50 Prozent)
  • Prinzip Vermeiden vor Vermindern vor Kompensation (Gewichtung 20 Prozent)
  • Transparenz (Gewichtung 15 Prozent)
  • Leitung und Kontrolle (Gewichtung 15 Prozent)

Wir haben vier Hauptkritikpunkte am vorliegenden Test:

  1. Die Bewertung von «Qualität der Kompensation» basiert auf falschem Verständnis von ex-ante-Zertifikaten
  2. Die Bewertung von «Qualität der Kompensation» beruht auf veralteten Standards (Beschlüsse aus dem Pariser Abkommen 2021 werden nicht berücksichtigt)
  3. Die Bewertung von «Prinzip Vermeiden vor Vermindern vor Kompensation» ignoriert User-Verhalten
  4. Das Gesamtbewertungssystem stuft myclimate ungerechtfertigt von besserer Note herab

Bewertung von «Qualität der Kompensation»

Die Kritik von Stiftung Warentest bezieht sich hauptsächlich auf den Umstand, dass myclimate neben den verbreiteteren Zertifikaten zur Kompensation über nachweislich schon eingesparte CO2-Emissionen (ex-post-Zertifikate) auch zu einem kleinen Teil sogenannte «ex-ante-Zertifikate» zur Kompensation verwendet – also Zertifikate, die sich auf eine zukünftige CO₂-Einsparung von laufenden, aber noch nicht abgeschlossenen Projekten bezieht. Stiftung Warentest schreibt im Artikel zum Test:

«myclimate nutzt sogar ex-ante-Zertifikate. Damit werden Einsparungen bescheinigt, die erst in Zukunft anfallen. Das bewerten wir negativ.»

Diese pauschalisierende negative Beurteilung von ex-ante-Zertifikaten sind oberflächlich und aus Expertensicht nicht gerechtfertigt. Auch das Umweltbundesamt bescheinigt ex-ante-Zertifikaten in ihrem Ratgeber «Freiwillige CO₂-Kompensation durch Klimaschutzprojekte» explizit eine positive Wirkung.

ex-ante-Zertifikate haben – richtig eingesetzt – daher durchaus eine Daseinsberechtigung, indem sie Mittel für wichtige und z.T. richtungsweisende Klimaschutzprojekte zur Verfügung stellen. Kritisch ist bei ex-ante-Zertifikaten einzig zu beachten, dass die geplante zukünftige CO₂-Minderung durch unvorhergesehene Ereignisse nicht garantiert werden kann. Diesem Risiko wird im seriösen Klimaschutz mit einem Zertifikate-Puffer begegnet. myclimate setzt deshalb ausschließlich durch den anerkannten und unabhängigen «Plan Vivo Standard» ex-ante-zertifizierte Projekte um. Dieser älteste Standard zur Zertifizierung von Klimaschutzprojekten im Landnutzungsbereich gilt als einer der glaubwürdigsten Standards weltweit.

Im Sinne des Klimaschutzes sollte der Fokus, auch aus Expertensicht, nicht auf einer pauschalen Verurteilung von ex-ante-Zertifikaten liegen, sondern auf der verantwortungsbewussten Nutzung. Nicht die Zertifikate selbst, sondern die genutzten Standards und der prozentuale Anteil im angebotenen Zertifikate-Mix müssen für eine transparente Verbraucherdarstellung geprüft werden.

Bewertung von «Qualität der Kompensation» beruht auf veralteten Standards

Die Stiftung Warentest schreibt weiterhin, dass sich im Vergleich zur vergangenen Untersuchung in 2018 bei myclimate «die Qualität der Kompensation […] verschlechtert» hätte, was die Stiftung Warentest unter anderen mit einer abgenommenen «Qualität des Zertifikate-Portfolios» begründet.

Hierzu stellen wir fest, dass sich nicht bei myclimate das Portfolio, sondern bei der Stiftung Wartentest die Bewertung geändert hat. Gleich wie in 2018 besteht das myclimate Portfolio weiterhin zu weit über 90 Prozent aus Klimaschutzprojekten, die vom Gold Standard (bzw. zusätzlich vom Clean Development Mechanism CDM) zertifiziert sind. Es ist daher faktisch nicht korrekt zu schreiben, die Qualität unserer Projekte habe sich verschlechtert.

Zusätzlich lässt die Stiftung Warentest eine wesentliche Entwicklung im Bereich der Zertifikate außer Acht. Bei der UN-Klimakonferenz in Paris 2015 wurde beschlossen, dass der CDM-Mechanismus zum Ende 2020 ausläuft. Seit Anfang 2021 werden gar keine «CER-Zertifikate» (certified emission reductions) von den jeweiligen Gastländern der Klimaschutzprojekte mehr ausgestellt. Trotzdem wurde im aktuellen Test als Kriterium mindestens «50 Prozent Gold Standard CER Zertifikate» festgelegt (also eine doppelte Zertifizierung), um die höchste Punktzahl zu erhalten, wie uns die Stiftung Warentest auf Nachfrage mitteilte. Die Stiftung Warentest begünstigt also eine Praxis, die bereits seit fast zwei Jahren nicht mehr angewendet wird. Das halten wir für keine zukunftsweisende Bewertungsstruktur für den Klimaschutz.

Auch bei dem durch die Stiftung Warentest bewerteten RFI-Wert haben wir keine Änderungen vorgenommen: Beim Fliegen entstehen neben CO₂ durch die reine Kerosinverbrennung auch zusätzliche klimawirksame Effekte. Der Faktor für deren Abbildung (RFI) ist in der Wissenschaft unbestritten. Bei myclimate verwenden wir deshalb seit vielen Jahren den Faktor 2. Die Stiftung Warentest hat im Finanztest 2018 einen aus unserer Sicht korrekten Mindestfaktor von 1,8 verlangt und myclimate bei diesem Kriterium die volle Punktzahl erteilt. In 2022 hat sie nun die Anforderung auf einen Faktor 2,7 erhöht, obwohl sich die wissenschaftliche Grundlage nicht verändert hat.

Bewertung von «Prinzip Vermeiden vor Vermindern vor Kompensation» ignoriert User-Verhalten

Beim Beurteilungspunkt «Prinzip Vermeiden vor Vermindern vor Kompensation» hat myclimate ebenfalls für uns unzufriedenstellend mit «befriedigend» abgeschnitten. Dies insbesondere deswegen, weil die Stiftung Warentest bemängelt, dass wir auf unserer Webseite nicht prominent genug darauf hinweisen, dass im Klimaschutz immer das Prinzip gelten sollte: Vermeiden vor Vermindern vor Kompensation.

Diesem Prinzip stimmen wir voll und ganz zu und heben dies in unseren FAQs auch deutlich hervor.

Wir haben festgestellt, dass rund 80 Prozent der Klicks auf myclimate.de über Suchanfragen kommen und direkt auf unsere FAQ-Seite gelangen, wo das Prinzip transparent erklärt wird. Diesem Umstand wird die Stiftung Warentest in ihrer Beurteilung leider nicht gerecht. Wir stimmen jedoch mit der Stiftung Warentest überein, dass dies auf der Webseite prominenter dargestellt werden könnte, und werden dies umsetzen.

Gesamtbewertungssystem stuft myclimate ungerechtfertigt von besserer Note herab

Eine besondere Benotungsregel von Stiftung Warentest legt fest, dass die Gesamtnote des Tests nicht besser sein darf als die Note in Kategorie 1 «Qualität der Kompensation». Das heißt also, dass ein Testergebnis herabgestuft wird, wenn es gesamthaft über Kategorie 1 liegt. So ist es im Fall myclimate geschehen. Zu Unrecht, sind wir überzeugt.

In Verantwortung für unsere Klimaschutzaufgabe, unsere Mitarbeiter, Partner und Projekte und unter Berücksichtigung aktueller wissenschaftlicher Kenntnisse, weisen wir die negative Bewertung von myclimate als nichtzutreffend zurück. myclimate sollte wie bereits 2018 mindestens die Bewertung «gut» erhalten haben – was bei adäquater Beurteilung auch der Fall gewesen wäre.

Wir werden unser Engagement für den Klimaschutz weiterhin mit viel Leidenschaft, Seriosität und Professionalität fortführen, und zählen auf die Unterstützung unserer Partner und der Konsumenten. Denn Klimaschutz kann keine Frage von ungenauen Beurteilungskriterien und oberflächlichem Verständnis sein – sie braucht die volle Unterstützung von allen, um die Klimaziele zu erreichen, damit wir auf einem gesunden Planeten leben können.

Eine ausführlichere Version dieser Pressemitteilung mit weiterführenden Informationen finden sie auf unserer News-Seite.

Freundliche Grüße

Sven Focken-Kremer

Marketing und Kommunikation

myclimate Deutschland gGmbH

sven.focken-kremer@myclimate.de

+49 221 49938020

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