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„Das Leben ist politisch“ – Boris Lauterbach („König Boris”) über Fußball, Freundschaft und turbulente Bandjahre mit Fettes Brot

„Das Leben ist politisch“ – Boris Lauterbach („König Boris”) über Fußball, Freundschaft und turbulente Bandjahre mit Fettes Brot
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Hamburg (ots)

Boris Lauterbach, auch bekannt als „König Boris”, war drei Jahrzehnte lang Mitglied der Hip-Hop-Band Fettes Brot – bis sich das Trio 2023 mit einer großen Party verabschiedete. Im N-JOY-Podcast „Deutschland3000“ spricht der langjährige FC-St.-Pauli-Fan mit Eva Schulz über politische Dimensionen im Fußball, über Freundschaft als „Commitment“ und darüber, weshalb er lieber ein Jahr nicht ins Millerntor-Stadion gehen würde, als ein HSV-Trikot zu tragen.

„Wenn man sagt, keine Politik, ist das ja auch schon Politik“

Anlass des Gesprächs ist Lauterbachs neues Buch „FC St. Pauli. Eine Liebeserklärung“ – eine persönliche St.-Pauli-Geschichte zwischen Hip-Hop, Hansestadt und Hafenstraßen-Block. Für Lauterbach, der seit seinem 15. Lebensjahr Fan des FC St. Pauli ist, sei das Stadion kein „hermetisch abgeriegelter Raum“, sondern Spiegel der Gesellschaft: „Ich glaube, das Leben ist politisch. Ich glaube, man kann nicht bestimmte Teile des Lebens ausklammern und sagen, hier spielt Politik jetzt keine Rolle.“ Weiter führt er aus: „Wenn man sagt, keine Politik, ist das ja auch schon Politik. Das ist ja eine bewusste Entscheidung und bedeutet ja auch was.“

„Wir haben auch mal den ein oder anderen Koffer Geld am Straßenrand stehen lassen.“

Nach 30 Jahren Fettes Brot blickt Lauterbach zurück auf Millionen verkaufter Platten, auf ausverkaufte Stadien und auf Songs, die breite Bekanntheit erlangten. Er beschreibt den Aufstieg der Band allerdings auch als zeitweise überfordernd: „Es ist so hochtaktig, dass man mit dem Realisieren gar nicht hinterherkommt.“ Auf dem Höhepunkt des Erfolgs sei er nur noch Taxi gefahren, um öffentlichen Verkehrsmitteln auszuweichen. „Unterhosen kaufen bei H&M war auf jeden Fall eine Zeit lang vorbei. Da standen dann schreiende Girls – und zwei Tage später wollten irgendwelche Jungs im Bus einem auf die Fresse hauen.“

Werbeangebote habe die Band deshalb häufig abgelehnt: „Wir haben nicht jeden Scheiß mitgemacht und auch mal den ein oder anderen Koffer Geld am Straßenrand stehen lassen.“ 2023 folgte der bewusste Abschied als „Popmoment“. Für Lauterbach ein Akt der Selbstbestimmung.

Lauterbach über Freundschaft: „Man muss sich da auch committen“

Mit Eva Schulz spricht Lauterbach über ein Thema, das in männlichen Biografien seiner Beobachtung nach oft ausgespart wird: „Es gibt viele Leute, die irgendwann in einem bestimmten Alter keine Freunde mehr haben“, sagt er. Seine Erkenntnis: „Eine Freundschaft existiert nicht so, dass man irgendwann einmal sagt, ja wir sind befreundet und dann ist das für immer so, sondern man muss sich da auch committen.“ Diese Haltung sei ihm erst spät bewusst geworden – in der Corona-Zeit, als Konzerte ausfielen und Routinen wegbrachen. Heute pflege er auch „flüchtige Bekanntschaften“, Menschen, die er nur im Stadion oder in der Nachbarschaft treffe. „Ich kann auch etwas als eine tiefe Freundschaft empfinden mit jemandem, den ich gar nicht so häufig sehe.“

Auch das Thema Wehrdienst und gesellschaftliche Verantwortung war Thema der Podcast-Folge. Lauterbach verweigerte in den Neunzigern den Wehrdienst und arbeitete stattdessen in einer Beratungsstelle für Obdachlose. Mit Blick auf den Ukraine-Krieg und die Debatte um eine mögliche neue Wehrpflicht beschreibt er innere Widersprüche: „Auf der einen Seite lehne ich Krieg absolut ab (…) Auf der anderen Seite will man natürlich aber auch nicht so als Gesellschaft in so eine Opferrolle kommen, dass man sich von irgendwelchen Aggressoren erpressen lassen kann.“ Eine abschließende Antwort habe er nicht, Verständnis für junge Menschen äußert er dennoch: „Als Jugendlicher, wenn man mich gefragt hätte, hätte ich gesagt, ich habe keinen Bock auf Wehrdienst, ich find das scheiße. Und ich kann auch jeden Jugendlichen verstehen, der das heute genauso sieht.“

Die neue Folge des N-JOY-Podcasts „Deutschland3000 mit Eva Schulz“ mit Boris Lauterbach ist ab sofort in der ARD Audiothek und auf weiteren Podcast-Plattformen verfügbar. Link zur Folge:

https://1.ard.de/D3000_Boris_Lauterbach?pm

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