Kommentar von Jens Kleindienst zur Klimakonferenz: In der Krise
Mainz (ots)
Seit bald zwei Wochen geht es im ägyptischen Scharm el Scheich um die Rettung des Weltklimas. Doch was bisher aus den Verhandlungsrunden der Klimakonferenz COP27 nach außen dringt, ist ernüchternd. Das in Paris 2015 festgezurrte Ziel, die Erderwärmung auf "deutlich unter zwei Grad" mit dem Ziel 1,5 Grad zu beschränken, dürfte im Abschlussdokument kaum noch eine Rolle spielen. Vielleicht ist das auch nur ehrlich. Denn gerade sind die 1,5 Grad sehr weit weg. Die jüngsten Klimadaten und die Zusagen der Staaten zur Reduzierung ihrer CO2-Emissionen deuten auf einen viel stärkeren Erhitzungspfad, die Rede ist von 2,4 oder 2,7 Grad. Daran wird Scharm el Scheich nichts ändern. Auch beim zweiten großen Thema der Konferenz, der Frage, wie die reichen Nationen den ärmeren bei der Bewältigung der heute schon auftretenden Klimaschäden helfen, steht die Konferenzleitung bisher mit ziemlich leeren Händen da. Einen verbindlichen Mechanismus und einen Finanztopf wird es wohl zunächst nicht geben. Schlimmer noch: Auch hier werden bei früheren Konferenzen gemachte Zusagen nicht eingehalten. Die UNO-Klima-Diplomatie steckt in einer ernsthaften Krise. Der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine bindet Aufmerksamkeit und Ressourcen. Und er bremst zumindest kurzfristig den Umstieg von fossilen zu CO2-neutralen Energien: Der neue Hunger nach Gas und Kohle darf nur eine sehr vorübergehende Erscheinung sein, sonst kann sich die Weltgemeinschaft künftige Klimakonferenzen sparen. Doch das Problem ist nicht nur die aktuelle weltpolitische Lage. Der Ansatz, für den großen Konsens stets auf die Langsamen und Zaghaften zu warten, droht in die Sackgasse zu führen. Die Initiative von Bundeskanzler Scholz für einen Klimaclub der Starken und Überzeugten, die voranmarschieren, verspricht mehr Dynamik. Auf kommunaler und regionaler Ebene existieren diese internationalen Koalitionen der Willigen schon. Es gibt auch ein aktuelles Beispiel, wie das funktionieren kann. So wollen die sieben größten Industriestaaten 20 Milliarden US-Dollar mobilisieren, um Indonesien einen schnelleren Abschied von der Kohle zu ermöglichen; das ist keine Kleinigkeit, mit seinen 280 Millionen Einwohnern gehört das Inselreich zu den größten CO2-Emittenten weltweit. Brasilien will unter seinem frisch gewählten Präsidenten Lula da Silva mit anderen Staaten eine Offensive zum weltweiten Schutz des Regenwaldes starten - bitter nötig nach der brutalen Abholzungsorgie seines Vorgängers Bolsonaro. Das sind kleine Lichtblicke in einer eher düsteren Gesamtlage. Sie braucht es, um die Hoffnung nicht fahren zu lassen, dass die Menschheit doch noch rechtzeitig die Kurve kriegt und die Erderwärmung auf ein beherrschbares Maß begrenzen kann.
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