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Neue Westfälische (Bielefeld): Essener Tafel verteilt nach Herkunft Eine staatliche Aufgabe Martin Fröhlich

Bielefeld (ots)

Die Tafeln im Land sind überlastet. Die Nachfrage nach kostenlosen oder günstigen Lebensmitteln ist in den Ballungsräumen oft größer als das Angebot. Das ist leider nicht neu. Neu aber ist, was die Essener Tafel tut. Sie verhängt einen - vorübergehenden - Aufnahmestopp für Ausländer. Die würden die deutschen Stammkunden verdrängen, sagt der Vorsitzende der Essener Tafel, und das sei ja nicht Sinn der Sache. Die Reaktionen darauf reichen von vorsichtig geäußertem Verständnis über Kritik bis zu Empörung und Diskriminierungsvorwürfen. Doch wie ist das Vorgehen an der Steeler Straße in NRWs viertgrößter Stadt einzuordnen? Zunächst: Die Essener haben nicht beschlossen, von nun an keine Lebensmittel mehr an Ausländer auszugeben. Ihre Entscheidung betrifft die Aufnahme von neuen Kunden. Die ist deshalb wichtig, weil die Nachfrage so groß ist und es Wartelisten bei den Tafeln gibt. Bei neuen Klienten will man in Essen für eine gewisse Zeit einen deutschen Pass sehen. Um den Anteil der deutschen Kunden wieder in einen dem Bedarf entsprechenden Rahmen zu bekommen, wie es heißt. Wobei der Bedarf nicht genau gemessen werden kann. Trotzdem: Die Maßnahme ist, selbst wenn man eher Hilflosigkeit als Fremdenfeindlichkeit unterstellt, unglücklich. Natürlich sind die Tafeln eigenständige gemeinnützige Vereine und keine Staatsinstitutionen. Sie haben Hausrecht. Das ändert aber nichts daran, dass die Menschen, die zu ihnen kommen, in den meisten Fällen tatsächlich Hilfe brauchen. Und Hunger und Durst haben wir alle, egal, welchen Pass wir mit uns führen. Die Essener Tafelbetreiber sollten noch einmal prüfen, ob sie mit ihrer Maßnahme richtig liegen oder über das Ziel hinausschießen. Wenn man der Entscheidung etwas Gutes abgewinnen will, dann die Tatsache, dass sie ein in Vergessenheit geratenes Problem wieder ins Bewusstsein ruft. In einem der wohlhabendsten Länder der Welt mit einem der stärksten Sozialsysteme gibt es dennoch viele, die Mühe haben, mit ihren finanziellen Mitteln ihr täglich Brot zu bestreiten. Diese Menschen brauchen Hilfe. Entweder indem man ihnen zeigt, wie man mit der staatlichen Unterstützung so umgeht, dass sie auch für Lebensmittel reicht. Vor allem aber indem staatliche Institutionen damit beauftragt werden, die Versorgung der Bedürftigen zu organisieren, statt sich auf die Initiative von mehr als 900 gemeinnützigen Vereinen mit dem Namen "Tafel" zu verlassen. Dann käme es auch nicht mehr zu solchen Entscheidungen wie der in Essen.

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